Wie stellt die Landesregierung die Beschulung schulpflichtiger Kinder in Landeseinrichtungen für Geflüchtete sicher?

Kleine Anfrage von Berivan Aymaz und Sigrid Beer

Portrait Berivan Aymaz 2021

Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention postuliert das Recht des Kindes auf Bildung, in Deutschland sind Kinder ab dem sechsten Lebensjahr schulpflichtig. Artikel 14 der EU- Aufnahmerichtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten, minderjährigen Kindern Asylsuchender bis nach spätestens drei Monaten den Zugang zum Bildungssystem zu gewährleisten.
In § 34 Abs. 1 des Schulgesetzes NRW (SchulG NRW) heißt es jedoch, dass schulpflichtig ist, „wer in Nordrhein-Westfalen seien Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat.“
Für Kinder von Asylsuchenden heißt es in § 34 Abs. 6 SchulG NRW: „Die Schulpflicht besteht für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und allein stehende Kinder und Jugendliche, die einen Asylantrag gestellt haben, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. Für ausreisepflichtige ausländische Kinder und Jugendliche besteht die Schulpflicht bis zur Erfüllung ihrer Ausreisepflicht. Im Übrigen unterliegen Kinder von Ausländerinnen und Ausländern der Schulpflicht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.“
Vor dem Hintergrund des Asylstufenplans, durch welchen Asylsuchende für bis zu 24 Monate und Familien bis zu sechs Monate in Landesunterkünften verbleiben können, muss für Familien mit schulpflichtigen Kindern die Möglichkeit des Schulbesuchs gewährleistet sein. Andernfalls werden elementare Kinderrechte verletzt.
Integrations- und Kinderminister Stamp hatte bereits am 11.10.2018 im Rahmen einer Plenardebatte zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Für eine menschenwürdige und integrative Unterbringung: Kommunen stärken – keine Kasernierung von Geflüchteten“ (Drs. 17/3793) betont, die Situation von Familien im Besonderen in den Blick zu nehmen und angekündigt dafür zu sorgen, „dass es ein Bildungsangebot in allen Einrichtungen geben wird“ (Plenarprotokoll vom 11.10.2018 (17/37)). Diese Aussage wiederholte er in der diesbezüglichen Debatte im Integrationsausschuss, in der er erklärte, dass er die Bildungsrechte von Kindern für extrem wichtig halte (Protokoll des Integrationsausschusses vom 06.02.2019 (APr 17/523 . Er versprach des Weiteren, dass kein Schritt des Asylstufenplans scharf gestellt werde, ohne dass entsprechende Maßnahmen und das Einrichtungsumfeld ein Basisbildungsangebot sicherstellten. Familien mit Kindern sollten zudem, wenn nötig, Kommunen viel schneller zugewiesen werden (Protokoll des Integrationsausschusses vom 06.02.2019 (APr 17/523)
Mit den Ergänzungen zum Haushalt 2020 (Drs. 17/7800) verlagert die Landesregierung 2.750.000 € aus dem Titel 07 080/633 68 („Förderung der Integration Zugewanderter und des Zusammenlebens in Vielfalt – Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände“) in die neue Titelgruppe 78 des Kapitels 05 300 EP 05 „Schulnahe Bildungsangebote in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) in Nordrhein-Westfalen“. Das Geld ist für die Einrichtung von 50 neuen A13-Lehrstellen zur Flüchtlingsbeschulung in den Landesunterbringungseinrichtungen, für Sachmittel sowie für die Begleitung und Weiterqualifizierung der Lehrkräfte vorgesehen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1.           Wie lange verbleiben Kinder in den Landesunterbringungseinrichtungen (bitte nach jeweiliger ZUE, nach Monaten, Herkunftsstaat und Alter gemäß den Altersgruppen 0-5, 6-12, 13- unter 18 Jahren differenzieren)?
2.           Wie viele schulpflichtige Kinder in den Landesunterbringungseinrichtungen können aktuell nicht an der Schulbildung teilnehmen (bitte nach Dauer in Monaten aufschlüsseln 0-2, 3-4, länger als 4 Monate)?
3.           Wie viele Kinder, die in Landesunterkünften untergebracht sind, werden in Regelschulen beschult (bitte nach Altersgruppen 0-5, 6-12, 13- unter 18 Jahren differenzieren)?
4.           Wie definiert die Landesregierung die im § 34 Abs. 1 des Schulgesetzes NRW (SchulG NRW) verankerte Bezeichnung des „gewöhnlichen Aufenthalts“?
5.           Wie gewährleistet die Landesregierung, dass die geplanten „schulnahen Angebote“ in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen mit dem zentralen Kinderreicht auf Bildung und der Pflicht zum Schulbesuch konform sind?