Wibke Brems: „Die Klimakrise macht keine Kompromisse, deshalb erfordert die Klimakrise auch radikale Maßnahmen“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Klimakrise

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die Klimakrise ist da. Klimaschutz ist aber nicht plötzlich ein Thema, wie es der Ministerpräsident erst neulich gesagt hat, sondern eine Aufgabe, die schon viel zu viele viel zu lange auf die lange Bank geschoben haben, als hätten wir noch ewig Zeit. Dabei hat sich bei immer mehr Menschen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Klimakrise zunehmend radikale Maßnahmen erfordert, um die schlimmsten Auswirkungen vermeiden zu können.

Doch leider gehört diese Landesregierung offenbar noch nicht dazu. Vielmehr gehört sie zu denjenigen, die zwar oft von Klimaschutz sprechen, aber leider überhaupt nicht danach handeln.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nach der Europawahl gaben Sie sich ja kurzfristig einsichtig, nur um dann wieder die bekannte „Klimaschutz ja, aber“-Rhetorik zu bemühen, mit der Sie immer versuchen, Ihr Nichtstun zu verteidigen.

Das letzte Wochenende hat erneut gezeigt, dass sich die Menschen damit nicht mehr zufriedengeben. So oft, wie Sie Ihr Bekenntnis zu den Pariser Klimazielen wiederholen und gleichzeitig klimaschutzpolitischen Stillstand praktizieren, werden wir Ihnen das auch vorhalten und von Ihnen effektive Klimaschutzmaßnahmen einfordern.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn Sie stehen als Regierung des Bundeslandes, das das Energieland Nummer eins ist, in der Pflicht, endlich wirksame Beiträge zu den deutschen Klimazielen zu leisten. Das gilt für Ihren Einfluss, den Sie bei der Bundesregierung und im Bundesrat geltend machen können, ebenso wie für Ihr eigenes zögerliches politisches Handeln hier in Nordrhein-Westfalen.

In Berlin müssen die deutschen Klimaschutzziele mit den Pariser Klimaschutzzielen in Einklang gebracht werden. Wenn sich dieser Ministerpräsident immer wieder zu den Pariser Klimaschutzzielen bekennt, dann muss er sich nicht nur für Paris-konforme Klimaschutzziele einsetzen, sondern auch dafür, dass die Ziele in Deutschland tatsächlich erreicht werden. Wenn er das nicht tut, ist das Bekenntnis einfach nur unehrlich.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen auf Bundesebene endlich ein wirksames Klimaschutzgesetz – ganz zu schweigen von der überfälligen Gesetzgebung zum Kohleausstieg.

In der Konsequenz solcher Aktivitäten in Berlin ist es dringend notwendig, dass diese Landesregierung dann auch hier in Nordrhein-Westfalen handelt.

Was kann die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen tun? Unser Bundesland hat bereits ein Klimaschutzgesetz, das wir Grüne damals gemeinsam mit der SPD gegen große Widerstände von CDU und FDP eingeführt haben. Diese Landesregierung muss dieses Klimaschutzgesetz nachschärfen und an die aktuellen Klimaziele anpassen.

Den Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung faktisch schon ausgesetzt. Dabei muss eigentlich genau das Gegenteil geschehen. Die Maßnahmen müssten, statt auf die lange Bank geschoben zu werden, endlich mit Nachdruck angegangen werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lieber Herr Minister Pinkwart, von Ihnen haben wir aber seit Monaten nur gehört, dass Sie alles anders machen werden und der Klimaschutzplan bald Klimaschutz-Audit heißen soll. Ansonsten wissen wir gar nichts. Durch eine solche Namensänderung haben wir aber noch lange nicht mehr, sondern eher weniger Klimaschutz.

Klimaschutz darf nicht mehr nur Aufgabe einer Abteilung oder Unterabteilung in einem Ministerium sein, sondern muss in allen Ministerien und in jeglichem Regierungshandeln ankommen. Dabei kann das helfen, was in etlichen Kommunen schon beginnt: Wir brauchen das ist auch eine unserer Forderungen im Antrag einen Klimavorbehalt für alle Landesgesetze; denn so würde bei allen neuen Gesetzen überprüft werden, ob sie mit den Klimaschutzzielen vereinbar sind.

Zwar gibt es im aktuellen nordrhein-westfälischen Klimaschutzgesetz bereits eine Pflicht, nach der neue Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften den Zielen des Klimaschutzes nicht entgegenstehen dürfen. Ja, so etwas gibt es. Aber das reicht heute anscheinend nicht mehr aus vor allem, weil man den Eindruck gewinnt, dass sich diese Landesregierung überhaupt nicht mehr daran gebunden fühlt. Anders ist doch nicht erklärbar, dass der aktuelle Landesentwicklungsplan bei den Themen „Flächenverbrauch“, „Erneuerbare Energien“ usw. solche Änderungen erfährt, wie sie jetzt geplant sind. Denn diese Änderungen stehen dem Klimaschutz erheblich entgegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich jetzt auf die Debatte und wäre froh, wenn wir Ihnen mit unserem Antrag auf die Sprünge helfen und Sie Ihren Worten endlich auch Taten folgen lassen könnten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Man kann ja wirklich gänzlich unterschiedlicher Meinung sein, was den Kohleausstieg und den Klimaschutz angeht, aber ich muss doch mal sagen: Das, was hier vorhin passiert ist, und das Zitat, das Herr Ritter vorgetragen hat, haben mich echt fassungslos gemacht. Denn er hat aus einem Lied von Xavier Naidoo zitiert. Das Lied heißt „Abgrund“. Er hat daraus diesen Satz zitiert: „Ihr wart dem Abgrund noch nie so nah“.

Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Ritter, dass Sie nicht den gesamten Text eines Liedes kennen, aus dem Sie hier zitieren. Falls das doch passiert sein sollte und Sie den gesamten Text dieses Liedes nicht kennen, dann kann ich Ihnen und uns aber dennoch nicht ersparen, was in diesem Text auch vorkommt. Da kommt vor – ich zitiere –: „Und jetzt scheiß ich auf eure Demokratie.“ Ich muss sagen, das macht mich fassungslos, dass Sie aus einem Lied zitiert haben, in dem genau das vorkommt. Ich erwarte von Ihnen dazu eine Klarstellung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt komme ich aber noch einmal zum Inhalt. Da muss ich auch Sie noch einmal ansprechen, Herr Minister Pinkwart. Ich finde es an der Stelle nicht in Ordnung, dass Sie hier Ihr Märchen immer weiter spinnen von den Grünen, die immer schon auf die Kohle gesetzt haben. Dieses Märchen sollten Sie wirklich langsam beenden. Denn ohne beispielsweise ein EEG, ohne andere Errungenschaften, die wir hier mit eingeführt haben zugegebenermaßen in kleinen Schritten –, wären wir heute nicht da, wo wir heute sind.

Mögen es auch manchmal noch so kleine Schritte gewesen sein und zu kleine Schritte, aber all diese Sachen haben die FDP und auch die CDU immer bekämpft. Dass Sie jetzt darauf verweisen, dass wir bisher zu wenig gemacht hätten, ist ein reines Ablenkungsmanöver von Ihrem eigenen Regierungsversagen in Sachen Klimawandel.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann komme ich noch zum Kollegen Brockes. Ich muss Ihnen an der Stelle gestehen: Ja, da sind wir mal einer Meinung. Ja, beim Klimaschutz sind wir radikal.

Aber woher kommt das denn? Unser Klima heizt sich immer schneller auf und viel schneller, als alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das vorhergesagt haben. Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann sind wir aktuell nicht auf einem Kurs von einer Zwei-Grad-Erwärmung der Erde, sondern von 2,6 bis 4 Grad Celsius. Der Klimawandel ist eben radikal und schon längst eine Klimakrise. Deswegen bezeichnen wir das auch genauso. Die Klimakrise macht eben auch keine Kompromisse. Deshalb erfordert die Klimakrise auch radikale Maßnahmen.

Das heißt nicht – das sage ich auch an die SPD gerichtet –, dass wir damit andere Aspekte außen vor lassen, dass wir Soziales außen vor lassen, dass wir außen vor lassen, wie wir die Energieversorgung hinkriegen, sondern das heißt, dass wir das noch radikaler und noch schneller anpacken und dass wir natürlich diese Aspekte auch lösen.

Aber wir müssen das alles schnell machen, und wir müssen uns endlich mehr trauen.

Die Klimakrise erfordert Mut. Wir haben diesen Mut, und wir würden uns diesen Mut auch bei anderen wünschen, damit wir die Klimakrise endlich anpacken können und damit wir nicht immer nur sagen, wir stehen zu Zielen und handeln dann aber nicht. So funktioniert das nicht. So geht das nicht weiter.

(Beifall von den GRÜNEN)

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