„Worten auch Taten folgen lassen – Ausbau der Photovoltaik konsequent vorantreiben und mit konkreten Zielen hinterlegen“

Entschließungsantrag zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP „Potenziale der Photovoltaik in Nordrhein-Westfalen ausschöpfen – Energiewende stärken“

Portrait Wibke Brems 5-23

I.         Ausgangslage
Die Entwicklung des Zubaus von Photovoltaikanlagen verlief in den Jahren 2014 bis 2017 nicht zufriedenstellend und lag deutlich unter den im EEG formulierten, ohnehin schon niedrigen, Zielen. Die Gründe dafür sind in der verfehlten Energiepolitik der Bundesregierung der letzten Jahre zu suchen. So wurden die EEG-Vergütungssätze zu schnell zu stark abgesenkt und ein System eingeführt, welches trotz massiver Unterschreitung der Zubauziele nicht zu einem Wiederanstieg der Vergütungssätze führte. Aufgrund einer Stagnation der Anlagenpreise waren dadurch die Anlagen auch in NRW jahrelang in vielen Fällen wirtschaftlich nicht attraktiv genug. Doch auch die Einführung von Regelungen wie der anteiligen EEG-Umlage auf Eigenverbrauch wirkte abschreckend und erhöhte die bürokratischen Hürden bis an den Rand der Zumutbarkeit.
Im Jahr 2018 fand eine spürbare Belebung des Photovoltaikmarktes in Deutschland statt, die auf stark fallende Anlagenpreise zurückzuführen ist. Mit ca. 270 Megawattpeak (MWp) wurden etwa 10 Prozent der deutschlandweit neu installierten Leistung in NRW angeschlossen, insgesamt etwa 11.400 Anlagen. Trotzdem ist das Potenzial der Solarstromerzeugung in NRW bislang nur zu etwa 5 Prozent ausgenutzt und liegt weiterhin deutlich unter dem für die Erreichung des 65-Prozent-Ziels der Bundesregierung benötigten Ausbaupfad. Hier muss die Landesregierung mit eindeutigen Zielen aufzeigen, welche Verantwortung Nordrhein-
Westfalen für bundesdeutsche Ziele zu übernehmen bereit ist und mit welchen Maßnahmen bei Nichterreichung der Ziele kurzfristig nachgesteuert werden soll.
Die Belebung des Photovoltaikmarktes in Deutschland könnte nur von kurzer Dauer sein. Ab einer installierten Leistung von 52 GW werden nach aktueller Rechtslage keine Photovoltaikanlagen mehr über das Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) gefördert.
Dieser sogenannte „Solardeckel“ wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2020 greifen. Auch wenn die ersten großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen schon heute ohne staatliche Förderung geplant werden, ist zu befürchten, dass ein kurzfristiges Förderende bei kleinen Aufdachanlagen zu einem Markteinbruch führen könnte. Der Endbericht der Kohle-Kommission hebt hervor, dass die Erreichung des Ausbauziels von 65 Prozent Erneuerbare Energien am Stromverbrauch bis 2030 eine grundlegende Voraussetzung für den Kohleausstieg ist. Hierfür ist, neben einem starken Zubau der Windenergie auch in NRW, auch ein deutlich höherer Zubau der Photovoltaik notwendig. Der „Solardeckel“ ist dafür jedoch kontraproduktiv, da er Unsicherheit in dringend benötigte Investitionsentscheidungen bringt. Die Landesregierung muss sich daher auf Bundesebene für eine Abschaffung des „Solardeckels“ einsetzen und gegenüber der Bundesregierung für eine zubauabhängige Entwicklung der Fördersätze und eine Anpassung der Zubauziele im EEG an das 65 Prozent-Ziel eintreten. Darüber hinaus muss sie eine deutliche Vereinfachung der regulatorischen Rahmenbedingungen für Installation und Betrieb von Photovoltaikanlagen fordern.
Mittlerweile sind Photovoltaikanlagen nicht nur für Privathaushalte zur Eigenversorgung mit klimaneutralem Strom flächendeckend wirtschaftlich attraktiv, sondern ebenfalls für viele Gewerbe- und Industriebetriebe. Um den im Rahmen der Sektorenkopplung steigenden Bedarf an Strom in Sektoren wie Wärme und Mobilität klimafreundlich bereitstellen zu können, braucht es Rahmenbedingungen, die eine konsequente Ausnutzung dieser Potenziale unterstützen, statt diese zu behindern.
Die Auswertung des noch unter rot-grün angestoßenen landesweiten Solarkatasters zeigt, dass fast 70 Terawattstunden (TWh) Solarstrom auf den Dächern in NRW erzeugt werden könnten, von denen aktuell aber erst 3,9 TWh erzeugt werden. Eine weitgehende Ausschöpfung dieses Potenzials schafft nicht nur Wertschöpfung und zukunftsfähige Arbeitsplätze, sondern leistet auch einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz: Mehr als 30 Millionen Tonnen CO2 könnten so gespart werden.
Das Land muss bei der Nutzung der Photovoltaik-Potenziale zudem stärker in eigener Verantwortung vorangehen, auch um das Ziel des Klimaschutzplans erreichen zu können, bis zum Jahr 2030 die Klimaneutralität der Landesverwaltung sicherzustellen. Die Landesregierung wurde bereits durch einen Antrag der rot-grünen Koalitionsfraktionen im September 2016 aufgefordert, die Solarenergienutzung auf ihren Gebäuden zu prüfen und wo möglich zeitnah umzusetzen. Die in der Folge beauftragte Potenzialstudie liegt seit dem Jahr 2017 vor. Die schwarz-gelbe Landesregierung stellte diese aber weder dem Landtag vor, noch sind in der Folge Projekte realisiert worden. Die Landesregierung muss nachgeordnete Bereiche mit eindeutigen quantitativen und zeitlich definierten Zielen zur Ausnutzung wirtschaftlicher Potenziale anhalten. Wo keine baulichen Gründe dagegen sprechen, sollten bis Ende 2020 Photovoltaikanlagen auf Bestandsgebäuden nachgerüstet werden. Neue öffentliche Gebäude sollen in NRW nicht mehr ohne Photovoltaikanlage geplant werden. Sowohl für öffentliche Gebäude wie auch hinsichtlich der Installation von Solarenergieanlagen an Straßen und Schienenwegen sind Möglichkeiten des Ausbaus zu nutzen. Die im Landesentwicklungsplan definierte Gebietskulisse wird dabei noch zu selten von der Regional- und Bauleitplanung für die Solarenergienutzung freigegeben. Hier sollte die Landesregierung auf eine Einhaltung der landesplanerischen Vorgaben hinwirken. Zudem ist auch die Entschärfung von Konfliktlagen mit dem Denkmalschutz, durch eine Regelung analog § 9 Abs. 1 Satz 3 Hessisches Denkmalschutzgesetz, kurzfristig einzuleiten.
Die Landesregierung muss die Signale der Kohlekommission ernst nehmen und eine Kehrtwende in ihrer Energiepolitik einleiten. Die vorhandenen Potenziale aller Erneuerbarer Energien müssen dafür gehoben werden. Urbane Räume müssen genauso wie ländliche
Regionen, in welchen die Windenergie weiter ausgebaut werden muss, ihren Beitrag zu einer dezentralen Energiewende leisten. Ein deutlich ambitionierterer Ausbau der Erneuerbaren Energien ist die Grundvoraussetzung, dass der Kohleausstieg gelingen kann und die Sektorenkopplung tatsächlich positive Impulse für den Klimaschutz leistet. Gerade in NRW mit seinem großen Bestand an Mehrfamilienhäusern wird dies nur gelingen, wenn Mieterstromprojekte endlich umfassende Vereinfachungen und attraktivere Rahmenbedingungen erhalten. Hierfür muss sich die Landesregierung deutlich stärker als bisher auf Bundesebene einsetzen und daneben die landesseitige Unterstützung verstärken.

II.       Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
·          eindeutige und ambitionierte Ziele zum Ausbau der Photovoltaik und dem Anteil von Solarstrom an der Stromerzeugung zu definieren, die der Verantwortung NRWs zur Erreichung des 65-Prozent-Ziels der Bundesregierung gerecht werden und mit Maßnahmen bei Nichterreichung zu hinterlegen.
·          die Studie zum Potenzial und zu Umsetzungsmöglichkeiten von Photovoltaikanlagen auf Landesliegenschaften umgehend zu veröffentlichen.
·          den Ausbau der Photovoltaik auf Dachflächen in Nordrhein-Westfalen zu beschleunigen und dabei auch die Möglichkeiten baurechtlicher Vorgaben zu prüfen.
·          die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden und landeseigenen Liegenschaften anhand klarer quantitativer und zeitlich definierter Ziele kurzfristig umzusetzen.
·          eine Solarenergie-Nutzungspflicht für Neubauvorhaben im Einflussbereich der Landesregierung einzuführen sowie die Nutzung entlang von Straßen und Schienenwegen zu ermöglichen und hierzu auch BLB und Straßen.NRW in die Pflicht zu nehmen.
·          notwendige Anpassungen im Denkmalschutzgesetz zur Entschärfung von Konfliktlagen bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen mit dem Denkmalschutz kurzfristig umzusetzen.
·          eine stärkere landesseitige Unterstützung von Mieterstromprojekten umzusetzen.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung, sich auf Bundesebene
·          nachdrücklich für einen Abbau bürokratischer Hemmnisse sowie bessere Bedingungen für Mieterstromprojekte einzusetzen, dabei sind insbesondere kleine Projekte durch weitgehende Ausnahmeregelungen zu ermöglichen.
·          für eine Abschaffung des „Solardeckels“ und eine Anhebung der Ausbauziele im EEG einzusetzen sowie für eine Abschaffung der EEG-Umlagepflicht auf vor Ort genutzten Strom.