Berivan Aymaz: „Wir müssen ganz genau hinschauen, woran die Lernerfolge so oft scheitern“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP

Portrait Berivan Aymaz 2021

Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Für frühe und bedarfsgerechte Sprach- und Integrationskurse von Anfang an für alle setzen wir uns Grüne seit jeher ein. Es ist begrüßenswert, dass auch die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und FDP sich mit Sprach- und Integrationskursen in ihrem Antrag befassen.
Lassen Sie mich jedoch direkt zu Beginn mit einer Kritik starten. Eine Initiative, die wichtig ist, kann aber sehr schnell zu einem Schaufensterantrag verkommen, wenn sich zwölf von zwölf Forderungen, die dort aufgeführt sind, an den Bund richten.
Die Forderungen nach kleinen Kursgruppen und der Herabsetzung der Mindestteilnehmerinnenzahl auf zehn Personen sind sicherlich wichtige Punkte.
Auch eine Evaluation der Kurse, die eine Verbesserung der Inhalte und die Anpassung an die Bedürfnisse der Teilnehmenden zur Folge hat, unterstützen wir.
Selbstverständlich werden wir der Überweisung des Antrages an den Ausschuss zustimmen.
Bei den Beratungen im Ausschuss werden wir allerdings den Fokus auch darauf richten, welche Maßnahmen vonseiten der Landesregierung für eine schnelle und gelingende Integration ergriffen werden können.
Anfang 2018 betrug die durchschnittliche Wartezeit auf einen Integrationskurs immer noch zwölf Wochen. Hier könnte das Land zum Beispiel überlegen, wie sich die Wartezeiten auf einen Integrationskurs und zwischen weiterführenden Kursen sinnvoll überbrücken lassen. – Das schon mal als Tipp.
Nicht ohne Grund hatte Rot-Grün bereits 2015 niedrigschwellige Integrationskurse geschaffen, die vom Land finanziert werden. Der Vorteil dieser Kurse ist, dass sie allen Menschen offenstehen unabhängig von der sogenannten Bleibeperspektive.
Die Teilnahme an den Kursen ist freiwillig. Die Kursleitungen haben eine hohe Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl ihrer Themen. Somit können an die jeweiligen Zielgruppen angepasste Lernsituationen geschaffen werden, die für die Teilnehmenden aufgrund ihrer Alltagsnähe einen großen praktischen Nutzen haben.
Wir sind beruhigt, Herr Minister Stamp, dass die Landesregierung den Wert dieser Kurse ebenfalls anerkannt hat und auch für 2019 entsprechende Mittel zur Verfügung stellt. Denn eine aktuelle Evaluation der Förderrichtlinien zeigt, dass gerade die Freiwilligkeit der Angebote eine hohe Motivation der Teilnehmenden zur Folge hat.
Nun zu Ihren Formulierungen rund um Sanktionsmaßnahmen: Diese machen mich schon etwas stutzig, weil die Kursleiterinnen und Kursleiter der BAMF-Integrationskurse bereits jetzt unter enormem Druck stehen, die Teilnehmenden innerhalb kürzester Zeit auf die anstehenden Prüfungen vorzubereiten.
Dabei sind die Kursleiterinnen und Kursleiter Lehrkräfte, und nicht selten übernehmen sie auch Aufgaben der psychosozialen Betreuung und pädagogischen Begleitung. Wer sich die Situation in den Kursräumen einmal angeschaut und sich mit den Dozentinnen ausgetauscht hat, der weiß, welche Aufgaben die Kursleiterinnen vor Ort tatsächlich erledigen. Ich finde, es ist angebracht, die Leistung dieser Menschen wertzuschätzen und sie nicht unter Generalverdacht zu stellen.
Ich bezweifele auch, dass mit weiteren Dokumentationsverpflichtungen die Integrationskurse besser werden oder die Erfolgszahlen steigen. Denn wir müssen ganz genau hinschauen, woran die Lernerfolge so oft scheitern. Ich bemängele, dass das in dem Antrag absolut keine Berücksichtigung findet.
Sehr häufig haben die Personen Traumaerfahrungen in den Herkunftsländern gemacht oder auf der Flucht erlebt. Sehr oft liegt es an der Wohnsituation, die nun wirklich nicht dazu beiträgt, dass man konzentriert und erfolgreich lernen kann. Nicht selten liegt es an der Sorge um Angehörige, die zurückgelassen worden sind.
Deshalb haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass ohne die Möglichkeit einer schnellen Familienzusammenführung, die ja nicht mehr gewährleistet ist, Integrationsbemühungen tatsächlich verhindert werden. Das wird sehr deutlich, wenn Sie sich in diesen Kursen mit den Leiterinnen auseinandersetzen und fragen, woher es kommt, dass die Qualität, Effizienz und Verbindlichkeit nicht so gegeben sind, wie wir es gerne hätten.
Wir werden all diese Hinweise und Punkte gerne noch einmal konstruktiv in den Ausschuss einbringen. Dabei werden wir unser Augenmerk vor allen Dingen darauf richten, wie neu zugewanderte Frauen mit Integrationskursen noch besser erreicht werden können und wie die Kinderbetreuung flächendeckend und qualitativ gewährleistet werden kann. Das sind Fragen, mit denen wir uns gerne im Ausschuss beschäftigen werden. – In diesem Sinne vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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