Wibke Brems: „Leitlinien und Strategien für das Rheinische Revier insgesamt fehlen“

Antrag der SPD-Fraktion zum Strukturwandel im Rheinischen Revier

Portrait Wibke Brems 5-23

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss sagen, Herr van den Berg von der SPD, Sie haben sich in der Kritik an unserem Grünen-Antrag heute Vormittag relativ weit aus dem Fenster gelehnt, um dann hier einen Antrag vorzulegen, der aus meiner Sicht keinen erkennbaren Mehrwert gegenüber bereits bekannten Papieren hervorbringt. Das finde ich schon kurios.
Wenn man sich diesen Antrag anguckt, dann stellt man eine Aneinanderreihung von Einzelprojekten fest. Sie haben selbst gesagt, es sind 33 Projekte. Das kann man gut und richtig finden. Ich finde allerdings, dass daran genau die gleiche Kritik angebracht ist, die wir auch an der Landesregierung üben, nämlich dass Leitlinien und Strategien für das Rheinische Revier insgesamt fehlen.
Dass ich die gleiche Kritik wie an die Landesregierung auch an Sie richte, ist, ehrlich gesagt, auch kein Wunder, wenn man sich das anschaut, was Sie in dem Antrag haben, und das mit dem Sofortprogramm von Minister Pinkwart vergleicht. Wir haben dort vier Projekte, die Sie wortwörtlich kopiert haben, und acht Projekte, deren Bezeichnung sprachlich leicht verändert ist. Ich finde es, ehrlich gesagt, ein bisschen peinlich, dass Sie sich das einfach so einverleiben, ohne das hier zu sagen. Das zeigt, wie wenig Neues hier dabei ist.
Ich möchte ganz klar sagen: Heute Morgen haben wir den Vorwurf zu hören bekommen, dass die Strategien und Leitlinien, wie wir sie als Grüne vorgestellt haben, dafür da wären, den Regionen und den Leuten vor Ort etwas zu diktieren. – Das Gegenteil ist der Fall! Es muss doch so sein, dass eine Landesregierung Leitlinien entwickelt und all die Strategien, all das, was vor Ort passiert, zusammenführt und Netzwerke und Hilfen bereitstellt. Nur so funktioniert das. Alles andere würde bedeuten, dass sich eine Landesregierung einfach aus der eigenen Verantwortung stiehlt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Noch ein weiterer Punkt ist sehr auffällig. Dass wir unterschiedliche Meinungen zur Leitentscheidung haben, ist, glaube ich, keine Neuigkeit. Wenn man sich aber die Darstellungen in Ihrem Antrag anschaut, dann zeigt das schon das Grundproblem, nämlich dass Sie als SPD nicht ehrlich mit den Menschen vor Ort sind.
Sie tun so, als ob es bis 2045 im Rheinischen Revier so weitergehen könnte wie bisher. Aber spätestens seit dem Einsetzen der Kohlekommission sollte wirklich auch dem Letzten klar sein, dass der Kohleausstieg früher kommt und dass wir dafür Lösungen parat haben müssen. Ich finde, Sie sollten aufhören, den Menschen Sand in die Augen zu streuen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Weil die Zeit es jetzt nicht hergibt, und wir noch länger darüber diskutieren werden – so wollen Sie es jedenfalls –, kann ich heute nicht auf jedes Ihrer 33 Projekte eingehen. Sicherlich sind auch einige Projekte dabei, die Ähnlichkeiten mit einigen von unseren Ideen haben. Ein paar Projekte, die vor Ort schon laufen, sind sicherlich richtig.
Ich möchte zwei Aspekte herausgreifen.
Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, würden Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn van den Berg gestatten?
Wibke Brems (GRÜNE): Natürlich.
Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist sehr freundlich. – Bitte schön.
Guido van den Berg (SPD): Vielen Dank, Frau Brems, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben gerade gesagt, dass wir den Menschen Sand in die Augen streuen und einen vorzeitigen Ausstieg aus der Verstromung der Kohle nicht kommunizieren würden. Das sei in unserem Antrag so nachzulesen. Ich würde gerne mal die Fundstelle wissen, wo das stehen soll.
Wibke Brems (GRÜNE): Das mache ich doch gerne. Gut, dass ich den Antrag mitgenommen habe. Es ist genau der Punkt, den ich gerade schon genannt habe, wo Sie sich – wie Sie immer sagen – zur Leitentscheidung bekennen und damit bekräftigen – so steht es hier –, „… dass es mit der Leitentscheidung einen Plan zum Ausstieg aus der Braunkohleverstromung gibt.“
Sie suggerieren damit: Genau das ist der Plan, und davon weichen wir nicht mehr ab. Das bleibt haargenau so. – Damit streuen Sie den Leuten Sand in die Augen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich komme jetzt, wie ich gerade schon gesagt habe, zu einigen einzelnen Projekten. Ich habe mir einmal Ihre Ideen zum Thema „Erneuerbare Energien“ angesehen.
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
Da lesen wir, dass Sie nur den „Innovationspark Erneuerbare Energie Jüchen“ erwähnen, dann noch einen schon vorhandenen Windpark sowie einige kleinere Ideen für Projektanlagen von Straßen. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Da ist ja sogar diese Landesregierung weiter,
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
die wenigstens 1 GW zusätzliche erneuerbare Energien für die Region fordert. Da hätte ich schon mehr von Ihnen erwarten. Wenn wir wollen, dass diese Region eine Energieregion bleibt, dann muss man schon die Anstrengung erhöhen und kann nicht nur auf vorhandene Windparks verweisen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Henning Höne [FDP])
Zu guter Letzt möchte ich noch auf den Punkt zu sprechen kommen, den Sie hier noch einmal ausführen: Das ist die stoffliche Nutzung der Braunkohle. Sie sagen hier, diese sei klimaneutral, und Sie wollen sie auch noch für Dünger einsetzen. Ich finde das wirklich problematisch, und es zeigt auch wieder, dass Sie nur am Alten und an überkommenen Strukturen festhalten wollen.
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
Es ist klar, dass die Braunkohleverstromung ein Ende hat, und auch die Tagebaue werden ein Ende haben. Das werden Sie nicht künstlich weiter in die Länge ziehen. Das ist kein Projekt, das zukunftsfähig ist.
(Dietmar Brockes [FDP]: Dem haben Ihre Kollegen zugestimmt in der Enquetekommission!)
Zu guter Letzt möchte ich noch eine wirklich ernstgemeinte Frage an die SPD stellen. In dem Forderungsteil sagen Sie konkret, dass Sie die Landesregierung auffordern, sich mit Nachdruck für einen erfolgreichen Abschluss der Arbeit der „Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ einzusetzen.
Aber Sie wollen auch, dass die Projekte und Maßnahmen, die Sie anführen, in der Kohlekommission eingebracht werden. Wenn Sie das wirklich wollen, dann verstehe ich nicht, warum wir das Ganze jetzt überweisen und in den nächsten Wochen noch darüber sprechen sollen. Wir schaffen es garantiert nicht, dass dieser Antrag wieder rechtzeitig hierher zurückkommt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wenn Sie es wirklich wollen, dass die Landesregierung das Ganze mitnimmt, dann sollten wir es jetzt verabschieden und nicht erst überweisen. Wenn Sie jedoch wollen, dass wir überweisen und in den nächsten Wochen noch darüber sprechen, dann mache ich das gern und freue mich darauf. – Danke schön.

Mehr zum Thema

Energie & Klimaschutz