GRÜNE Ideen für eine zukunftsfähige Entwicklung des Rheinischen Reviers: Lebenswert, innovativ und klimafreundlich

Positionspapier

Portrait Wibke Brems 5-23

Der Kohleausstieg kommt. Er ist wirtschaftlich und klimapolitisch unumgänglich. Für die Menschen im Rheinischen Braunkohlerevier bedeutet er aber erhebliche Veränderungen. Wir GRÜNE wollen diesen Prozess mit ihnen gemeinsam gestalten. Wir wollen das Innovationspotenzial des Rheinischen Reviers heben und mit der Bevölkerung gemeinsam für gute Arbeit mit Zukunft sorgen. In den letzten Jahren haben sich mehr und mehr Menschen mit der Frage auseinandergesetzt: Was kommt, wenn die Kohle geht? Die GRÜNE NRW-Landtagsfraktion hat daher am 29. September 2018 mit Akteuren in der Region diese Frage beleuchtet und Ideen für die Zeit nach der Kohle erarbeitet. Mit diesem Papier wollen wir die dort und intern erarbeiteten Ideen und Lösungen für das Rheinische Revier vorstellen.
Das Ruhrgebiet mahnt: Frühzeitig den Strukturwandel gestalten
Die Erfahrung aus dem Ruhrgebiet lehrt uns, dass es schadet, den unvermeidlichen Niedergang des Bergbaus zu verzögern. Die Verbreitung der Illusion eines nationalen Sockelbergbaus, wie ihn die SPD noch bis 2012 vertreten hat, hat dem Ruhrgebiet enorm geschadet. Dieser Fehler darf sich im Rheinischen Braunkohlerevier nicht wiederholen. Je früher der Ausstiegspfad festgelegt wird, desto besser für alle Beteiligten, die sich entsprechend darauf einstellen können.
Richtig war die Entscheidung beim Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau im Hinblick auf seine Akzeptanz den Belegschaften eine Beschäftigungsgarantie zu geben. Die Botschaft „Kein Bergmann soll ins Bergfreie fallen“ war entscheidend für die Bereitschaft, sich auf den Ausstiegsprozess einzulassen. Dies sollte auch im beim Braunkohlenbergbau gelten. Dazu ist es notwendig, dass die Bergleute eine Absicherung bekommen können.
Die Abbaumengen der Braunkohle reduzieren sich gewaltig
Ein vorgezogener Kohleausstieg führt dazu, dass erheblich geringere Mengen Braunkohle gefördert werden, als bisher angenommen. (IZES (Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme gGmbH) im Auftrag der GRÜNEN Bundestagsfraktion: „Benötigte Kohlevorräte aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler unter Berücksichtigung eines raschen Einstiegs in den Kohleausstieg“)
So würden beispielsweise beim Kohleausstieg im Jahr 2040 nur noch 700 Millionen Tonnen Braunkohle aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler benötigt. Das entspricht 30 Prozent der dort noch genehmigten Braunkohlemenge in Höhe von 2,3 Milliarden Tonnen. Bei einem Kohleausstieg bis 2030 wären es sogar nur noch 450 Millionen Tonnen, also 20 Prozent der in Hambach und Garzweiler genehmigten Braunkohlemenge. Diese Zahlen verändern die Grundlagen des Abbaus in der Region komplett, stellen bisherige Umsiedlungen in Frage und damit Herausforderungen, aber auch erhebliche Chancen dar. Daher ist es dringend geboten, dass die Landesregierung bereits jetzt Vorbereitungen für eine neue Leitentscheidung trifft.
Vorhandene Stärken ausbauen, Schwächen ausgleichen, Beschäftigung sichern
Die Region ist heute stark durch den Braunkohletagebau, also die Energiewirtschaft, geprägt. Die knapp 9.000 Arbeitsplätze in den Tagebauen und Kraftwerken machen etwa ein Prozent aller Arbeitsplätze in der Region aus. („Zukünftige Handlungsfelder zur Förderung von Maßnahmen zur Strukturanpassung in Braunkohleregionen“, prognos, 2018.) Das Rheinische Revier verfügt aber auch heute schon über ausgeprägte Stärken in anderen Bereichen. Es hat die höchste Dichte an Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen in Europa. Diese Innovationskraft muss bei der Gestaltung der Zukunft der Region eine zentrale Rolle spielen. Aber auch die industrielle Wertschöpfung ist in der Region überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Historisch gewachsen ist sie aufgrund der Nähe zur Energieerzeugung aus der Braunkohle. Für die Zeit nach der Kohle muss die Industrie jetzt vorsorgen und sich insbesondere für die Herausforderungen des digitalen Zeitalters rüsten.
Es wäre falsch, das Schicksal der Region mit dem der Braunkohle gleichzusetzen. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass es in der Region keinen Handlungsbedarf gibt. Viele kleine und mittlere Unternehmen haben nicht genug Alternativen zur Braunkohlewirtschaft, sie ist daher zum Hemmschuh für die künftige wirtschaftliche Entwicklung geworden. In den vergangenen Jahren lag die wirtschaftliche Entwicklung der Region zwar in etwa gleichauf mit der von ganz Deutschland und damit über der von NRW. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und das verfügbare Einkommen liegen aber weiterhin unter dem Durchschnitt in Deutschland. Besonders markant ist, dass die Gewerbesteuereinnahmen im Rheinischen Revier pro Kopf weniger als halb so hoch sind, wie im Durchschnitt von NRW und Deutschland. („Erarbeitung aktueller vergleichender Strukturdaten für die deutschen Braunkohleregionen“, RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, 2018) Die Arbeitslosenzahlen liegen in einigen Kreisen des Rheinischen Reviers über dem Durchschnitt in NRW von aktuell 6,6 Prozent (Stadt Mönchengladbach, Städteregion Aachen, Kreis Düren).
Probleme und Risiken analysieren, Chancen suchen, zielgenau fördern
Je weiter der Betrachtungsraum räumlich gefasst wird, desto unterschiedlicher stellt sich die infrastrukturelle und ökonomische Lage der Region dar. Während die Kernbereiche weiterhin stark durch Tagebaue und Kraftwerke geprägt sind, haben sich große Teile der Region zwischen dem Kreis Euskirchen im Süden und dem Kreis Viersen im Norden bereits in den vergangenen Jahrzehnten anders orientiert. Die vielfältige und hochqualitative Wissenschaftslandschaft entlang des Rheins, in und um Aachen sowie an weiteren Standorten, stellt beispielsweise mit dem Forschungszentrum Jülich und seinen 5.800 Mitarbeitenden und vielen innovativen Ideen eine Keimzelle für Unternehmen und Startups vor allem in den Bereichen Nachhaltigkeit und Energie dar. Darüber hinaus bietet die Region großindustrielle Zentren der Chemie, der Aluminium- und Papierindustrie an den Rändern des Reviers sowie etliche lokale Wertschöpfungskerne in der Land- und Forstwirtschaft, der Baustoffindustrie, der Kreislaufwirtschaft bis hin zum Tourismus am nördlichen Niederrhein.
Dieser Heterogenität muss der Transformationsprozess der kommenden Jahrzehnte Rechnung tragen. Weder eine Förderung mit der Gießkanne, noch die reine Fokussierung auf Rückbau und Ersatz der Kohlewirtschaft werden den verschiedenen Herausforderungen der Teilregionen gerecht.
Dazu müssen zunächst transparente Kriterien und Anforderungen definiert werden, nach denen eine Strukturförderung erfolgt. Diese Kriterien müssen die unterschiedlichen Ausgangssituationen von heutigen Tagebaurand-Kommunen oder Kraftwerksstandorten in den Kernregionen, den bereits fortgeschritten rekultivierten Alt-Tagebau-Regionen im Süden und den eher peripheren Kommunen und Kreisen der Braunkohleregion gewichten und hieraus eine zielgerichtete und steuerbare Förderkaskade ableiten.
RWE trägt dauerhaft Verantwortung für das Rheinische Revier
Die Braunkohleverstromung früher als ursprünglich geplant zu beenden ist eine politische Entscheidung aufgrund klimapolitischer Notwendigkeiten. Bundes- und Landesregierung stehen daher in der Pflicht, die Sozialverträglichkeit des Kohleausstiegs sicherzustellen. Dies darf aber nicht dazu führen, dass RWE aus der Verantwortung für seine Mitarbeitenden und die Region entlassen wird. Ein Wegfall von Arbeitsplätzen bei RWE ist eine Herausforderung für die gesamte Region, die nicht verharmlost werden darf und kurzfristig und mit Nachdruck angegangen werden muss. Klar ist aber auch, dass die Verantwortung, die RWE für seine Mitarbeitenden sowie für die ganze Region trägt, nicht mit dem Auslaufen des Kohlebergbaus und der Kohleverstromung endet. In diesem Zusammenhang fordern wir, dass die Mittel für die Ewigkeitslasten in einem öffentlichen Fonds gesichert werden.
RWE ist gefordert, das Rheinische Revier in die im Zuge der Energiewende längst begonnene Fortentwicklung seiner Konzernstrategie einzubeziehen und Arbeitsplätze in der Region zu erhalten. Die Erschließung neuer Märkte und Wertschöpfungsketten und Investitionen in wachsende Geschäftsfelder, zum Beispiel im Bereich der Erneuerbaren Energien, müssen mit besonderem Blick auf die Verantwortung für die eigenen Beschäftigten und den Strukturwandel im Rheinischen Revier erfolgen. Dazu sollen Investitionen des Konzerns prioritär ins Revierfließen, um die negativen Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte des Braunkohleausstiegs zu minimieren. Die von RWE im Kraftwerkserneuerungs-programm von 1994 versprochenen und immer noch nicht im Revier investierten drei Milliarden Euro sind umzuwidmen und in eine zukunftsfähige Energieversorgung im Revier zu investieren.
Gleichzeitig muss RWE seinen Mitarbeitenden durch Weiterbildung und Qualifizierung neue Beschäftigungsperspektiven innerhalb und außerhalb des Unternehmens eröffnen.
Unabhängig von der Verantwortung von RWE für die Region bedeutet das Ende der Braunkohleförderung auch eine Chance für die Region, sich aus der Abhängigkeit eines Großkonzerns zu lösen und seine Wirtschaftsstruktur zu diversifizieren.

Abhängigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen von RWE
Das Strategiepapier der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZARR) geht davon aus, dass die Kohlewirtschaft mit einem Auftragsvolumen von rund 740 Millionen Euro pro Jahr maßgeblichen Anteil an der regionalen Wertschöpfung trägt und so für rund 10.000 Arbeitsplätze, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), in der Region sorgt. Das Ende der Kohlewirtschaft stellt daher viele KMU vor enorme Herausforderungen. Sie sind es, die im Zentrum der kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderung stehen müssen.
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen aus dem Business-to-Business-Bereich (B2B), von der Gebäudereinigung, über Betriebe aus den Bereichen Fahrzeug- und Fördertechnik, Handwerk und Montage bis hin zu Ingenieurbüros und anderen hochqualifizierten Dienstleistenden, arbeiten oft in hoher Abhängigkeit von RWE und weisen entsprechend hohe Spezialisierungsgrade auf die hier nach-gefragten Leistungen auf. Statt beispielsweise Kraftwerksteile zu liefern, können Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, Speicher produziert, Industrie4.0- oder Erneuerbare-Energien-Dienstleistungen er-bracht werden.
Ein Wegfall der Arbeitsplätze bei RWE ist also eine Herausforderung für die gesamte Region, die nicht verharmlost werden darf. Zugleich sind wir uns – auch aufgrund der Erfahrungen mit dem um ein Vielfaches größeren Arbeitsplatzverlust in der Steinkohle – bewusst, dass wir diese Herausforderung stemmen können, wenn wir sie jetzt und mit Nachdruck angehen.
Versorgungssicherheit ist auch beim Kohleausstieg gegeben, Strompreise sinken
Studien (u.a. „Kohleausstieg, Stromimporte und -exporte sowie Versorgungssicherheit“, Agora Energiewende 2017. „Kohleaus-stieg jetzt einleiten“, Sachverständigenrat für Umweltfragen 2017) zeigen, dass auch kurzfristig ein Abbau erheblicher fossiler Erzeugungskapazitäten möglich ist ohne die Versorgungssicherheit, auch nach erfolgtem Atomausstieg, zu gefährden. Eine aktuelle Studie („Wie Deutschland sein Klimaziel noch erreichen kann“, Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystem-technik (Fraunhofer IEE) 2018.) kommt zu dem Ergebnis, dass die Börsenstrompreise durch einen Kohleausstieg und einen damit einhergehenden Ausbau der Erneuerbaren Energien im Gegenteil sogar sinken werden. Das nutzt der gesamten Industrie, auch im Rheinischen Revier. Ein Abwandern der energieintensiven Industrie aufgrund des Kohleausstiegs ist also bei näherer Betrachtung nicht zu befürchten.
Chancen grenzüberschreitender Zusammenarbeit nutzen
Das Rheinische Revier kann zudem die Chancen nutzen, die sich aus der direkten Anbindung an die Niederlande, Belgien und Luxemburg ergeben. Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Städte und andere öffentliche Stellen sowie gesellschaftliche Gruppen sind bereits vielfach grenzüberschreitend tätig. Positive Effekte der Zusammenarbeit ergeben sich nicht nur durch eine durch EU-Mittel geförderte Entwicklung der Infrastrukturen, beispielsweise in den Bereichen Energieversorgung, Mobilität, Bildung und Arbeitsmarkt.
Die 2013 beschlossene Benelux-Strategie der Landesregierung verfolgt das Ziel, die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Nordrhein-Westfalen zu einem gemeinsamen Wirtschafts-, Umwelt-, Wissens-und Kulturraum Nordwesteuropa zusammenwachsen zu lassen, um Potenziale der zentralen Lage, der hohen Wirtschaftskraft, des hohen Bildungsstandes und der Bevölkerungsdichte dieses Raumes zu nutzen, Wohlstand und Beschäftigung zu steigern und die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Noch bestehende Hindernisse sollen abgebaut werden. Chancen ergeben sich in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Arbeitsmarkt, Verkehr, Sicherheit, Gesundheit, Umwelt und Energieversorgung. Die Fortführung und Weiterentwicklung der Benelux-Strategie muss sich auch klar am Nutzen für die zukunftsfähige Neuaufstellung des gesamten Rheinischen Reviers orientieren.

Unsere GRÜNEN Ideen und Forderungen:
1. Die Region als Ganzes weiterentwickeln
Probleme und Voraussetzungen:
Ähnlich wie im Ruhrgebiet, schlagen sich die starken ökonomischen und ökologischen Verflechtungen innerhalb des Rheinischen Reviers nicht in den Strukturen von Gebietskörperschaften, Regierungsbezirken und Kommunalverbänden nieder. So ist alleine das von der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZARR) definierte Kerngebiet des Rheinischen Reviers auf vier Landkreise (Rheinkreis Neuss, Rhein-Erft-Kreis, Düren, Heinsberg) und die kreisfreie Stadt Mönchengladbach zergliedert. Diese wiederum erstrecken sich über insgesamt 44 (mehr oder weniger vom Strukturwandel betroffene) Städte und Gemeinden, zwei Regierungsbezirke (Düsseldorf und Köln) und unterschiedliche Verkehrsverbünde (VRR, VRS). Hinzu kommen die unterschiedlichen Landes- und Bundeskompetenzen in den Bereichen Landesplanung, Verkehrswege, Energie, Außenhandel sowie Wissenschaft und Forschung. Unter diesen Voraussetzungen ist es kaum möglich, die Vielzahl der lokal erarbeiteten, durchaus erfolgsversprechenden Ideen für den Strukturwandel in ein integriertes und regional abgestimmtes Gesamtkonzept zu überführen. Um innerhalb dieser Gemengelage die unteren Ebenen nicht zu übergehen und gleichzeitig effektive, effiziente und zielgenaue Konzeptions-, Planungs- und Förderprozesse einzuführen, bedarf es der engen Abstimmung, Zusammenarbeit und gemeinsamen Verantwortungsübernahme der unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure sowie politisch-administrativen Ebenen.
Unsere GRÜNEN Ideen:
Wir schlagen vor, die Kompetenzen der kommunalen, regionalen und der Landesebene, unter Beteiligung der ZARR, räumlich und organisatorisch zusammenzuführen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die teilweise kleinteiligen Ideen, Ziele und Konzepte, die vor Ort entwickelt werden, im Rahmen eines koordinierten Prozesses zu einer regionalen Gesamtstrategie zusammengeführt werden. Darauf aufbauend unterstützen diese zentralen Stellen die kommunalen Planungsprozesse, übernehmen die landes- und regionalplanerische Abstimmung und koordinieren und unterstützen eine zielgenaue Fördermittelakquise. Eine solche zentrale Koordinierung sollte unserer Auffassung nach in folgenden Bereichen erfolgen:
Task-Force für Raumplanung, Flächenmanagement und Verkehrsinfrastruktur
Es wird eine zentrale Planungs-Task-Force direkt bei einer der betroffenen Bezirksregierungen angesiedelt. Hier laufen die Fäden der unterschiedlichen Planungsbehörden von Kommunen, Regional- und Landesplanung räumlich und personell zusammen. So werden nicht nur möglichst kurze interkommunale beziehungsweise regionale Abstimmungsprozesse ermöglicht, sondern auch die Zusammenführung und Steuerung der unterschiedlichen Projekte zu einer konsistenten, integrierten und an den Bedarfen orientierten Regionalplanung verantwortet. Ziel ist es, Planungen zu vereinfachen und einen Interessensausgleich zwischen den Kommunen sowie zwischen städtischen und ländlichen Räumen herzustellen. Dabei soll insbesondere die interkommunale Flächenentwicklung zum Leitbild werden. Unter Einbeziehung von Forschung und Wissenschaft und den Erfahrungen aus ersten erfolgreichen Entwicklungsbeispielen wie dem BrainergyPark in Jülich oder dem Gelände der früheren Opel-Werke im Ruhrgebiet, sollen Lösungen und Anreize für eine gemeinsame Flächenentwicklung gefunden werden.
Die Task-Force wird darüber hinaus beauftragt in Zusammenarbeit mit Forschung und Wissenschaft verbindliche Konzepte und Regelwerke in Form von Entwicklungs- und Gestaltungssatzungen für künftige Gewerbe- und Industriebereiche (GIB) zu entwickeln. Diese sollen in Bezug auf Verkehrsanbindung, Baustoffe und Bauweisen, Ver- und Entsorgung, Entwässerung sowie Energieerzeugung und -effizienz eine hochwertige und ökologische Flächenentwicklung festschreiben und das Rheinische Revier zur Modellregion nachhaltiger Flächenentwicklung machen. Ziel muss es insbesondere sein, die Attraktivität der ländlichen Räume gegenüber den urbanen Zentren für Unternehmen sowie Bewohnerinnen und Bewohner gleichermaßen zu steigern.
Grundstücksfonds für die nachhaltige Vermarktung von Gewerbe-Flächen
Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Bodenpolitik ist, dass RWE zügig Klarheit darüber schafft, welche Flächen das Unternehmen mittel- und langfristig selbst benötigt und welche Flächen einer Vermarktung zugeführt werden sollen. Anschließend bedarf es einer engen Abstimmung darüber, in welcher Form zu vermarktende Flächen aufbereitet und erschlossen werden und für welche Nutzungen sie bereitgestellt werden. Dabei kann nicht einseitig das Profitinteresse von RWE maßgeblich sein. Vielmehr muss gewährleistet werden, dass nicht mehr benötigte Bergbau- und Kraftwerksflächen im Rahmen der regionalen Flächenstrategie gezielt entwickelt werden können. Um dies sicherzustellen, schlagen wir die Gründung eines Grundstücksfonds für das Rheinische Revier vor. Dieser wird mit Mitteln aus der Strukturförderung in die Lage versetzt, Flächen anzukaufen, zu entwickeln und zu vermarkten. Rückflüsse werden wiederum für die weitere Flächenentwicklung eingesetzt.
Regionale Wirtschaftsförderungsagentur schaffen
Ebenso wichtig wie eine regionale Flächenstrategie, ist es die lokalen Kompetenz-Cluster zu einer regionalen Strategie zusammenzuführen und eine Diversifizierung der lokalen Wirtschaftsstrategien zu gewährleisten. Unter Beteiligung des Landes, der Kammern, der Metropolregion Rheinland sowie der ZARR wird eine regionale Wirtschaftsförderungsagentur gegründet, die eine abgestimmte Cluster-Strategie entwickelt, evaluiert und fortschreibt. Darüber hinaus übernimmt sie das regionale Standortmarketing und unterstützt insbesondere kleine und mittlere Unternehmen in der Region mit einem professionellen Beratungs-, Qualifizierungs-, Dienstleistungs- und Netzwerkangebot. Dazu arbeitet die regionale Wirtschaftsförderungsagentur eng mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen, den Weiterbildungs- und Qualifizierungsträgern, Marktforschungsinstituten und den Außenhandelskammern zusammen. Um notwendige Transformations- und Diversifizierungsprozesse gestalten zu können, brauchen auch und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen Zugang zu Fremdkapital und Fördermitteln. Die Wirtschaftsförderungsagentur fungiert auch hierfür als zentraler Ansprechpartner und Dienstleister.
2. Digitales Netzwerk und digitale Verwaltung machen die Region fit für die Zukunft
Probleme und Voraussetzungen:
Etliche Unternehmen in der Region sind von den Aufträgen von RWE abhängig. Bereits vor dem Ende der Braunkohleverstromung werden diese Unternehmen sich neu aufstellen und neue Perspektiven suchen müssen.
Eine davon unabhängige aber gleichsam große Herausforderung bedeutet die Digitalisierung. Diese betrifft nicht nur die Industrie, sondern auch kleine und mittlere Wirtschaftsunternehmen sowie das Handwerk.
Damit stehen viele Unternehmen unter doppeltem Anpassungsdruck: Zum einen gehen die Aufträge von RWE zurück und müssen ersetzt werden, zum anderen müssen sich die Unternehmen mit den Chancen und Risiken der Digitalisierung auseinandersetzen. Besonders für Handwerksbetriebe und kleine und mittlere Unternehmen werden diese Herausforderungen ohne Unterstützung kaum zu bewältigen sein. Trotz der vielen ausgezeichneten Hochschulen und Forschungseinrichtungen kann in der Region eine Innovationsschwäche festgestellt werden. Die Ausgaben in den Unternehmen für Forschung und Entwicklung sind in den vergangenen Jahren entgegen dem Bundestrend sogar gesunken und liegen unter dem Durchschnitt in NRW und nur halb so hoch wie im Bundesdurchschnitt (RWI 2018).
Die Voraussetzung für eine erfolgreiche digitale Transformation der Wirtschaft ist in vielen Bereichen die Digitalisierung der Verwaltung. Das Beispiel Estland zeigt: Ein digitaler öffentlicher Sektor kann zum Innovationstreiber für die gesamte Wirtschaft werden.

Unsere GRÜNEN Ideen:
Netzwerk „Digitales Revier“ hilft beim Um- und Einstieg in die digitale Zukunft
Die Lösung für die Unternehmen im Rheinischen Revier ist eine zentrale Anlaufstelle, um die Transformation in die digitale Zukunft vorbildlich gestalten zu können. Dazu schlagen wir vor, ein Netzwerk „Digitales Revier“ aufzubauen, für welches die bereits arbeitenden Digital-Hubs als Kristallisationskeime dienen können. Ziel ist es, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, Handwerksbetriebe und Startups beim Einstieg in die digitale Zukunft zu beraten, zu fördern und zu vernetzen. Beispielsweise müssen Handwerksbetriebe sowie kleine und mittlere Unternehmen bei der Entwicklung von Digitalstrategien unterstützt werden. Zudem bedarf es eines Programms zur Steigerung der Datensicherheit, gerade in kleinen und mittleren Unternehmen.
Das Netzwerk bringt erfahrene Unternehmen und innovative Startups zusammen, vermittelt technische Lösungen, koordiniert die gemeinsame Arbeit von Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen und akquiriert Fördergelder.
Das Netzwerk „Digitales Revier“ berät bisherige Auftragnehmer von RWE bei der Suche nach alternativen Geschäftsmodellen und unterstützt gleichzeitig beim Umstieg in digitale Wirtschaft. Start-ups und Ausgründungen der Hochschulen werden dabei als Know-how-Träger aktiv eingebunden. Um den Zugang zu Beteiligungskapital für Gründungen in der Region zu verbessern, soll unter dem Dach des Netzwerks „Digitales Revier“ ein Fonds nach dem Vorbild des Hightech-Gründerfonds eingerichtet werden, der in junge Unternehmen investieren kann, die mit ihren Geschäftsmodellen den Strukturwandel in der Region unterstützen.
Vorbild: „it’s owl“
Das Technologie-Netzwerk „Intelligente Technische Systeme Ostwestfalen-Lippe“ (kurz: it’s OWL) verbindet 180 Unternehmen aus Industrie und Handwerk, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Organisationen. Ziel ist die gemeinsame Gestaltung des Innovationssprungs von der Mechatronik zu intelligenten technischen Systemen, welcher durch 47 anwendungsorientierte Forschungsprojekte realisiert werden soll, um der Region Ostwestfalen-Lippe im Bereich intelligenter technischer Systeme einen Spitzenplatz im globalen Wettbewerb zu sichern.
Im Zentrum der Projekte steht das Ziel, intelligente technische Systeme zu erhalten und damit Maschinen zu intelligenten Produktionsanlagen zu verbinden. Der Schlüssel zur Intelligenz liegt dabei in der Informationsverarbeitung.
Mittlerweile hat sich das seit 2012 arbeitende Spitzencluster zu einem bundesweit beachteten Leuchtturm für die digitale Transformation der Wirtschaft entwickelt. Mit unter anderem 25 Unternehmensgründungen, sechs neuen Forschungsinstituten, 23 neuen MINT-Studiengängen hat das Cluster seit seiner Gründung eine positive Bilanz im letzten Jahr vorzuweisen gehabt. Die ökonomischen Effekte für die Region sind beachtlich.
Die Erfolgsgeschichte um das Spitzencluster „it’s OWL“ zeigt, welche Potenziale in der Vernetzung und Kooperation auch und gerade von Unternehmen, die im Wettbewerb miteinander stehen, stecken. Ziel ist es, das Netzwerk „Digitales Revier“ zu einem vergleichbaren Erfolg zu bringen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen konkurrierenden Unternehmen ebenso notwendig, wie das Zusammenbringen von Startups und Ausgründungen mit erfahrenen Unternehmen. In Kooperation mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird darüber hinaus gemeinsam an organisationalen und technologischen Weiterentwicklungen gearbeitet, das stärkt die Region insgesamt. Der inhaltliche Schwerpunkt der gemeinsamen Entwicklungs­projekte soll auf Digitalisierung, Elektromobilität und Energiewendetechnologien liegen.
Um das Netzwerk „Digitales Revier“ aufzubauen, sind für einige Jahre die notwendigen Mittel vollständig aus Landes- und Bundesmitteln bereitzustellen. Dies betrifft nicht nur die Beratung zu Digitalisierung und Vernetzung sondern auch Zuschüsse zu Anpassungsinvestitionen an die Digitalisierung in Unternehmen und Beteiligungs­kapital für Start-ups in der Region. Darüber hinaus ist es Aufgabe des Netzwerks, weitere Fördergelder für Projekte in der Region zu akquirieren. Perspektivisch sollen Teile der Finanzierung durch die Unternehmen der Region geleistet werden.
Ausweitung der Modellregion „Digitale Verwaltung“
Das Land fördert wenige Regionen als „Digitale Modellregion“, u.a. Aachen und die Städteregion Aachen. Um Defizite im Rheinischen Revier auszugleichen, sollte das Projekt auf alle Kreise, kreisangehörigen Gemeinden und betroffene Mittelbehörden des Rheinischen Reviers ausgedehnt werden. Die Entwicklung soll durch die Hochschulen unterstützt werden, z.B. durch neue Studiengänge zu E-Government. Durch diese Erweiterung entstünde deutschlandweit die größte Region für die digitale Verwaltung und damit ein erheblicher Standortvorteil und Innovationstreiber für die Wirtschaft in der Region.
3. Infrastruktur der Zukunft schaffen
Probleme und Voraussetzungen:
Bestehende Verbindungen zwischen den Kommunen des Rheinischen Reviers wurden zum Teil durch die Tagebaue zerstört, so dass es heute enormen Optimierungsbedarf bei der Infrastruktur in der Region gibt. Zudem hat die heterogene Struktur des Reviers mit einem Nebeneinander von Räumen dichter Besiedlung und sehr ländlichen Bereichen dazu geführt, dass unterschiedliche infrastrukturelle Entwicklungsgrade vorliegen. Eine infrastrukturelle Weiterentwicklung der von der Abbaggerung bedrohten Bereiche wurde weitgehend ausgesetzt. Mit der zukünftigen Verkleinerung der Tagebauflächen verbleiben daher Bereiche mit einem besonderen infrastrukturellen Nachholbedarf.
Kommunen an den Rändern der Tagebaue leiden besonders unter den Einschränkungen, die die Tagebaue mit sich bringen. So fallen wichtige Wegeverbindungen für Jahrzehnte weg und die Entwicklung ist räumlich eingeschränkt.
Unsere GRÜNEN Ideen:
Ausbau von Breitband und 5G für Tagebaurand-Kommunen innerhalb von drei Jahren
Schnelles Breitband und eine Abdeckung mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G, sind die Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Entwicklung und zukunftsfähige Mobilität. Die Tagebaurand-Kommunen wurden in den vergangenen Jahren strukturell benachteiligt und müssen daher mit oberster Priorität beim Roll-out von Glasfasertechnik und 5G-Mobilfunk bedacht werden.
Ganzheitliches Mobilitätskonzept für das Rheinische Revier
Die Mängel in der Verkehrsinfrastruktur sollten zum Anlass genommen werden, ein ganzheitliches Verkehrskonzept für die Region aufzustellen. Dieses muss den Grundstein dafür legen, dass die Region sich zu einem Vorbild für nachhaltige Mobilität entwickeln kann. Einige Projekte drängen sich dabei geradezu auf und werden seit längerer Zeit bereits diskutiert: Dazu gehören die Folgenutzung der von RWE betriebenen Nordsüdbahn und der Hambachbahn für Güter- und Personenverkehr durch Anpassung an DB-Standards und Anbindung an das öffentliche Schienennetz. Auch der Lückenschluss der Rurtalbahn zwischen Linnich und Baal ist ein Projekt, das zweifelsohne sinnvoll ist und mit Nachdruck vorangetrieben werden muss. Und schließlich ist das durchgängige dritte Gleis auf der Strecke Köln-Aachen für den Güter-, Fern- und Regionalverkehr unerlässlich.
Einzelne Projekte können aber keine übergeordnete Strategie ersetzen. Neben der Weiternutzung und Reaktivierung von Bahnstrecken braucht es ein Netz von gut getakteten, überregionalen Busrouten, Mobilitätsstationen, Radschnellwegen, Carsharing, Anruf-Sammeltaxen/-busse und eine gut ausgebaute Lade-Infrastruktur für E-Bikes und PKW, um eine effiziente individuelle und nachhaltige Verkehrsplanung in der Region zu ermöglichen. Es braucht klare Zielsetzungen zur Erhöhung des Anteils umweltfreundlicher Verkehrsträger und die konsequente Ausrichtung der Verkehrsprojekte auf diese Zielsetzungen. Der Ausbau von Autobahnen ist das Gegenteil von nachhaltiger Verkehrspolitik.
Modellregion für Autonome Elektromobilität
Das autonome (elektrische) Fahren ist ein Bereich, auf welchem deutsche Hochschulen, Forschungs-einrichtungen und Unternehmen die globale Entwicklung mit vorantreiben. Mit dem Zentrum für Luft-und Raumfahrt und dem Institut für Kraftfahrzeuge der RWTH Aachen beherbergt die Region zwei führende Institutionen in diesem Bereich. Zusätzlich sind mit Streetscooter und e.Go Mobile die zwei innovativsten Unternehmen der Elektromobilität in Deutschland in der Region angesiedelt.
Nachdem die ersten Tests für autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr laufen, ist ein nächster logischer Schritt die Erprobung in einer Modellregion für selbstfahrende Elektromobilität. Mit seiner Heterogenität an urbanen und ländlichen Bereichen und den hier ansässigen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, bietet das Rheinische Revier ideale Voraussetzungen dafür. Der Schwerpunkt sollte auf dem Einsatz von autonomen Fahrzeugen im öffentlichen Personen-Nahverkehr liegen und unterschiedliche Umsetzungsmöglichkeiten vergleichen. Autonom fahrende Elektrofahrzeuge bieten große Chancen, den ÖPNV auch im ländlichen Raum zukunftsfähig zu machen.
4. Das Rheinische Revier wird digitale Energiewende-Region
Probleme und Voraussetzungen:
Die Region wurde in den vergangenen Jahrzehnten geprägt durch große fossile Kraftwerkskapazitäten. Allein die Braunkohlekraftwerke haben eine installierte Leistung von fast 11.000 MW. Diese Kraftwerke werden in den kommenden zwei Jahrzehnten vollständig vom Netz gehen. Es steht daher ein gewaltiger Umbruch der Energieversorgungsstruktur im Rheinischen Revier an. Es braucht eine strategische Planung, wie sich die Region in Zukunft nachhaltig mit Energie versorgen möchte. Um den notwendigen Ausbau der Stromnetze zu minimieren, kann der Import von Windstrom aus Norddeutschland nicht die einzige Säule bleiben. Doch auch ein vollständiger Ersatz von Braunkohle- durch Erdgaskraftwerke kann nicht im Sinne der Energiewende und des Klimaschutzes sein. Vielmehr muss die Region ihre eigenen Erneuerbaren Energien-Potenziale konsequent ausnutzen. Ende 2016 waren in der Region Windenergieanlagen mit einer Leistung von ca. 1.200 MW installiert. Ein Wert, den der Kreis Paderborn Ende 2017 alleine erreichte. Die Potenzialstudie des LANUV aus dem Jahr 2012 hat gezeigt, dass noch wesentlich mehr Anlagen umweltverträglich installiert werden könnten.
Eine Herausforderung in diesem Zusammenhang deutet sich bereits bei den Verteilnetzen an, die laut einer prognos-Studie modernisierungsbedürftig sind. („Zukünftige Handlungsfelder zur Förderung von Maßnahmen zur Strukturanpassung in Braunkohleregionen“, prognos 2018.)
Die entscheidenden Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien werden auf Bundesebene gesetzt. Mit dem Beschluss eines Kohleausstiegs müssen daher endlich die Ausbaumengen an die erhöhten Zielsetzungen der Bundesregierung (65 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030) angepasst werden.
Unsere GRÜNEN Ideen:
Umbau von Kraftwerksstandorten im Revier jetzt beginnen
Um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten, müssen im Zuge des Kohleausstiegs aller Voraussicht nach einige neue Gaskraftwerke gebaut werden. Um vorhandene Leitungsinfrastruktur nutzen zu können, sollten diese möglichst auf vorhandenen Kraftwerksstandorten errichtet werden. Es gilt, gegenüber RWE darauf zu drängen, dass möglichst frühzeitig mit den Planungen begonnen wird, um einen reibungslosen Ersatzneubau zu garantieren. Auch Industrieunternehmen sollten dabei unter-stützt werden, frühzeitig nach Alternativen für eigene Kohlekraftwerke zu suchen.
Darüber hinaus sollten auch alte Kraftwerksstandorte für Zukunfts- oder Übergangstechnologien ge-nutzt werden. Die Weiternutzung von Kraftwerken als thermische Energiespeicher befindet sich noch in der Erforschung und macht klimapolitisch nur Sinn, wenn es erhebliche Überschussmengen Erneu-erbarer Energien gibt. Davon kann in der Region aktuell noch nicht die Rede sein. Ein Modellprojekt zur Überprüfung des Potenzials der Technologie sollte dennoch gefördert werden, um für die Zukunft gerüstet zu sein.
Es kann davon ausgegangen werden, dass durch die unterschiedlichen Möglichkeiten der Weiternutzung der Kraftwerksstandorte mindestens ein Drittel der dortigen Arbeitsplätze erhalten werden könnte.
Standorte, die nicht zur energetischen Nutzung benötigt werden, müssen schnellstmöglich für eine andere wirtschaftliche Nutzung bereitgestellt werden. Planungen für die Nachnutzung der Kraftwerksstandorte sollten jetzt bereits beginnen, auch wenn die Kraftwerke noch in Betrieb sind und das aktuelle Abschaltdatum noch nicht bekannt ist. RWE muss sich konstruktiv bei der Entwicklung von Nachnutzungskonzepten beteiligen. Die Schnittstelle Kohlekonversion in der Region Ibbenbüren zeigt, dass dies im Interesse aller Beteiligten liegt. Es gilt, frühzeitig einen transparenten und partizipativen Prozess anzustoßen. In einem ersten Schritt sollte eine Potenzialanalyse erstellt werden, die betrachtet welche Flächen zu welchem Zeitpunkt für welche Nutzungsarten zur Verfügung stehen. Anschließend sollte dann in einem öffentlichen Masterplanprozess die Nutzung der unterschiedlichen Flächen konkretisiert werden. Diese Aufgaben sollten durch die Planungs-Task-Force koordiniert werden, eine Einbindung in den oben genannten Grundstücksfonds ist darüber hinaus sinnvoll.
Pilot-Region „Digitale Energiewende“
Im Rheinischen Revier sollen Pilot-Projekte zur Digitalisierung der Energiewende im großen Maßstab umgesetzt werden: Sie wird zu einer Region, wo alle Aspekte der digitalen Energiewende ausprobiert werden: Von intelligenter Erzeugungs- und Netzsteuerung bis hin zu digitalen Systemen zur Verbrauchsoptimierung. So wird die Region nicht nur zum Vorreiter der Energiewende, sondern unter-stützt gleichzeitig die Entwicklung regionaler Energieforschung.
Ein reines Blockchain-Institut, wie von der Landesregierung vorgeschlagen, greift hier viel zu kurz. Vielmehr sollte ein Forschungsinstitut eingerichtet werden, welches alle Seiten der Energiewende interdisziplinär bearbeitet: Von der Technik bis zur Akzeptanzforschung auf sozialem und individuellem Level.
Ein zentraler Aspekt der Pilotregion „Digitale Energiewende“ sind Pilotprojekte für innovative regulatorische Neuerungen, wie Microgrids oder Bürgerstromhandel. Für die Umsetzung derartiger Projekte sollten im Rheinischen Revier entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Dies gilt ebenso für regulatorische Anreize für Lastmanagement durch Industrieunternehmen und der Anwendung von neuen Speichertechnologien. Dadurch können Beiträge zur Stabilisierung und Flexibilisierung des Energiesystems geleistet werden. Sollten bundesrechtliche Rahmenbedingungen dem entgegenstehen, gilt es der Region die notwendige Sonderstellung bei den fraglichen Regelungen einzuräumen.
Nur mit realistischen Praxistests können die Wirkungen von Innovationen auf die komplexen Wirkungszusammenhänge des Energiemarktes untersucht werden, hierfür braucht es eine Modellregion.
Regionalbüro Digitale Energiewende
Zur Transformation des Rheinischen Reviers in eine digitale Energiewenderegion braucht es eine zentrale Steuerungseinheit. Zum einen um die strategische Positionierung der Region als Testumgebung für die Digitalisierung der Energiewende zu unterstützen und die regionale und nationale Abstimmung sicherzustellen. Dazu müssen hier alle relevanten Informationen über das Energiesystem der Region, laufende und geplante Projekte zusammenkommen. Zum anderen muss diese Stelle den Prozess zur Erreichung der regionalen Energiewendeziele managen und lokale, kommunale und regionale Strategien und Projekte aufeinander abstimmen und Ansprechpartner sein für Bürgerinnen und Bürger, Kommunen sowie Unternehmen aus der Region.
Der Weg zum klimaneutralen Revier
Die Region sollte sich ambitionierte Ziele in Bezug auf Klimaschutz und den Ausbau Erneuerbarer Energien geben und diese mit konkreten Strategien verfolgen. Auch wenn die Voraussetzungen gänzlich andere sind, sollten positive Erfahrungen mit der Energiewende wie beispielsweise im Kreis Steinfurt auf das Rheinische Revier übertragen werden. Grundlage hierfür sind eine starke regionale Ausrichtung der Aktivitäten, die Vernetzung und die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger sowie kleiner und mittlerer Unternehmen. Als Einstieg sollten die Klimaschutzkonzepte der Kommunen und Kreise des Rheinischen Reviers zu einem regionalweiten Masterplan zusammengeführt und weiterentwickelt werden, der eine stringente und realistische Zukunftsvision in Sachen Energie und Klimaschutz aufzeigt.
Es muss nicht nur sichergestellt werden, dass große forschungsorientierte Projekte in die Strategie der Region eingebettet sind, sondern auch der dezentrale Ausbau Erneuerbarer Energien und die Erhöhung der Gebäudeenergieeffizienz mit neuem Schwung vorangetrieben werden.
Zudem müssen die Verteilnetze im Revier fit gemacht werden für die Energiewende, damit sie die in Zukunft stark steigende Einspeisung Erneuerbarer Energien aufnehmen können. Gegenüber den Netzbetreibern muss darauf gedrängt werden, dass die Region bei Investitionsentscheidungen prioritär berücksichtigt wird.
Für eine vollständige Energiewende darf die Region nicht bei der Betrachtung des Stroms stehen bleiben, denn auch die Wärmeversorgung muss klimaschonend werden und die Wärmeauskopplung aus den Braunkohlekraftwerken muss möglichst klimaschonend ersetzt werden. Daher braucht es eine regionale Potenzialstudie für Kraftwärmekopplung und klimaschonende Fernwärme. Besonders für die ländlich geprägten Regionen des Rheinischen Reviers gilt es zu prüfen, inwiefern eine Erhöhung der Nutzung regionaler Biomasse für die Wärmeerzeugung nachhaltig möglich ist und wie sie am sinnvollsten genutzt werden sollte.
Mögliche Energiewende-Projekte, die die alternative Nutzung der Tagebaue betrachten, sollten bei der Planung und Gestaltung der neuen Tagebaugrenzen beachtet werden. Dazu zählt zum einen die Prüfung des Baus von Pumpspeicherkraftwerken in Braunkohlegruben. Zum anderen bietet sich ein für die Region ganz spezifisches Potenzial durch die großen Flächen der Tagebaurestseen, welches zumindest für die Zeiten der Füllung für schwimmende Photovoltaikanlagen genutzt werden könnte und mehrere Gigawatt Leistung umfassen könnte. Allein an diesem Beispiel wird deutlich, dass die Idee der Landesregierung ein Gigawatt Erneuerbare Energien in der Region zu erreichen, nicht nur viel zu unkonkret ist, sondern auch in der Höhe vollkommen unzureichend ist.
Zu guter Letzt gilt für alle Energie-Innovationen aus der Region, dass diese in der Region eingesetzt werden sollten: Die bereits vorhandene technische Wissenschaftslandschaft im Rheinischen Revier muss dafür weiter ausgebaut werden und sollte dabei unterstützt werden ihre Innovationen vor Ort anwenden zu können.
5. Kein Strukturwandel ohne Naturschutz
Probleme und Voraussetzungen:
Der Abbau von Rohstoffen im Tagebau geht mit einer unwiderruflichen Zerstörung von Böden und Landschaften einher, aber auch Wasserhaushalt und Wasserqualität können dauerhaft beeinträchtigt werden. Auch im Rheinischen Revier wurden Natur und Umwelt jahrzehntelang zerstört. Daher muss die Aufstellung eines nachhaltigen Naturschutzes im Zuge des Strukturwandels, gleichberechtigt neben den anderen Ansprüchen an die Fläche (Gewerbe, Landwirtschaft, Siedlungsbau) berücksichtigt werden. Die Wiederherstellung eines funktionierenden und sich selbst erhaltenden Ökosystems, stellt eine zentrale Herausforderung der Entwicklung der ehemaligen Tagebaustandorte dar.
Die aufgrund des vorgezogenen Kohleausstiegs geringeren Braunkohleabbaumengen können je nach politischer Entscheidung dazu führen, dass bereits in der Umsiedlung befindliche Orte nicht mehr ab-gebaggert werden. Während die einen ihre Heimat behalten können, darf man auch diejenigen nicht vergessen, die bereits umgesiedelt wurden und unter dem vermeintlich unausweichlichem Wachsen der Tagebaue angehalten waren, ihre Heimat zu verlassen. Eine Lösung für die Zukunft dieser Ort-schaften ist daher umso drängender.
Unsere GRÜNEN Ideen:
Vernetzungen zwischen bestehenden und zukünftigen Naturschutzflächen herstellen
Wir wollen einen flächendeckenden und lückenlosen Verbund engmaschig angelegter Naturschutzflächen erreichen, der die Ausbreitung der größtmöglichen Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten über das gesamte Revier ermöglicht und damit das Ziel der Biodiversität unterstützt. Aktuelle Planungen, wie das „Integrierte Handlungskonzept Grüne Infrastruktur“ (IHK GI) der Innovationsregion Rheinisches Revier, müssen an einen früheren Braunkohleausstieg angepasst werden.
Stillgelegte Bahntrassen können ökologische Entwicklungslinien sein, daher ist ein Ausgleich zwischen Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur und der Entwicklung des Verbunds der Naturschutzflächen in besonderer Weise zu berücksichtigen.
Der Hambacher Wald als herausragendes Biotop in seiner teils abgeschnittenen Lage am unmittelbaren Tagebaurand muss gemäß seiner besonderen Bedeutung als Lebensraum für beispielsweise 142 geschützte Tierarten nicht nur Schutz durch die Klassifizierung als Naturschutzgebiet erfahren, sondern auch wieder engmaschig mit benachbarten Lebensräumen verknüpft werden. Dabei soll auch die Wiederaufforstung des bisher gerodeten Waldes eingebunden werden.
Eine rasche Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Revier ist der zweite wichtige Baustein für die ökologische Entwicklung im Rheinischen Revier. Gemäß ihrer Bedeutung als ökologische Entwicklungslinien und Ausbreitungswege von Tieren und Pflanzen sollte besonders die Renaturierung von Gewässerauen (um einige zu nennen: Erft, Rur, Neffelbach, Gillbach) vorangetrieben werden.
Neben der ökologischen Gewässerentwicklung, stellt auch die chemische Entwicklung eine langfristige Aufgabe dar. Die bei einem Tagebau aufgebrochenen Mineralien reagieren oftmals mit Sauerstoff und Wasser, was zur Folge hat, dass Oberflächengewässer versauern oder mit Eisen oder anderen Metallen belastet werden. Die Nutzbarkeit der Restseen als Freizeitgelände und ihr Potenzial für den Natur- und Artenschutz kann durch eine mangelhafte Wasserqualität getrübt werden. Beispiele aus den neuen Bundesländern zeigen, dass der pH-Wert des Wassers regelmäßig kontrolliert werden muss. Diesen Problemen muss bei der Wiederherstellung bestmöglich entgegengewirkt werden.
Die noch anstehenden Rekultivierungsmaßnahmen der Tagebauflächen müssen ebenfalls den großräumigen Naturschutz im Blick haben. So sollten im Zuge der Rekultivierung großflächige Naturschutzbereiche angelegt werden, die eine Vernetzung auf den Rekultivierungsflächen ermöglichen, aber gleichzeitig auch mit den ökologisch wertvollen Bereichen außerhalb der ehemaligen Tagebauflächen verbunden sind und denen so auch eine Funktion als „Trittsteine“ zukommt. Nicht nur städtebauliche Maßnahmen können die Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel erhöhen, auch bei der Rekultivierung der Tagebauflächen muss der Klimawandel mitgedacht werden. So ist die Auswahl von widerstandsfähigen, vergleichsweise klimaunempfindlichen Pflanzenarten ein wichtiger Faktor für den zukünftigen Bestand ökologisch wertvoller Flächen.
Zu guter Letzt muss im Zuge der Rekultivierung landwirtschaftlicher Flächen gegenüber RWE darauf gedrängt werden, eine ökologische landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu ermöglichen, indem die Bewirtschaftungsphase durch RWE-Landwirte unter ökologischen Kriterien erfolgt. Dazu ist es unerlässlich, dass die natürliche Bodenfruchtbarkeit wieder bestmöglich hergestellt wird. Dies kann zuweilen einige Jahre Zeit in Anspruch nehmen.