Berivan Aymaz: „In diesem Justiz- und Polizeiskandal sind noch viele Fragen offen“

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Portrait Berivan Aymaz 2021

 Berivan Aymaz (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Fall des zu Unrecht inhaftierten und vor fast zwei Wochen verstorbenen Amed A. ist noch nicht geklärt. In diesem Justiz- und Polizeiskandal sind noch viele Fragen offen.
Es fängt bei der unrechtmäßigen Inhaftierung an. Es betrifft die Ursache des Brandes in dem Haftraum. Es betrifft die hierzu unternommenen Ermittlungsmaßnahmen. Es betrifft aber auch die Art und Weise, wie diese Landesregierung mit den Hinterbliebenen des Opfers umgeht.
Herr Minister Reul, Sie haben sich in der Sondersitzung des Rechtsausschusses und des Innenausschusses am vergangenen Freitag öffentlich für die Fehler, die in Ihrem politischen Verantwortungsbereich erfolgten, entschuldigt. Angesichts der Dramatik dieses Falles war das auch wichtig und richtig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Mit welcher Intention Sie aber gestern in der Fragestunde einen absolut nicht vergleichbaren Verwechslungsfall aus Essen erwähnten, ist mir vollkommen unverständlich. Das sei nur am Rande erwähnt, Herr Minister Reul.
(Zuruf von Minister Herbert Reul)
Herr Minister Biesenbach, Sie sprechen davon, dass Ihnen dieser Fall unter die Haut geht. Das will ich Ihnen gerne glauben. Aber es macht mich schon fassungslos, mit welcher Empathielosigkeit Sie hier eben gestanden haben und salopp ausführten, dass die syrische Botschaft informiert worden sei. Es muss Ihnen doch bekannt sein, dass Amed A. ein Geflüchteter war, einer, der vor dem Assad-Regime geflüchtet war und in unserem Land Schutz gesucht hat. Dafür ist nicht die Vertretung von Assad zuständig, sondern Sie sind für seinen Schutz zuständig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ja, ich finde es ein Armutszeugnis, dass es Ihnen auch drei Wochen nach dem Brand nicht gelungen ist, den in NRW lebenden Vater des Verstorbenen zu kontaktieren, über den Vorfall zu informieren, und dass zumindest bis gestern weder Sie, Herr Reul, noch Sie, Herr Biesenbach, sich an die Angehörigen des Amed A. gewandt haben.
Angesichts der Tatsache, dass ein Mensch in unrechtmäßiger Gefangenschaft des Staates derart schwer verletzt wurde, dass er zu Tode kam, wäre es da nicht angebracht, sich Ihrerseits persönlich an die Angehörigen, zumindest an den in NRW lebenden Vater zu wenden, Ihr Mitgefühl und Ihre Anteilnahme auszudrücken und sich für die Fehler im Namen der Landesregierung persönlich zu entschuldigen?
Ich sage Ihnen: Es ist wirklich nicht sehr schwer, den Kontakt zu dem Vater von Amed A. herzustellen, ihn ausfindig zu machen. Mir zumindest ist das in kürzester Zeit gelungen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es gibt in dieser Sache nicht mehr viel gutzumachen. Sorgen Sie jetzt aber dafür, dass nicht nur der hier lebende Vater, sondern auch die fluchtbedingt sich in der Türkei befindende Mutter des Verstorbenen Abschied von ihrem Sohn nehmen kann und er würdevoll nach den Vorstellungen seiner Angehörigen bestattet werden kann. Sorgen Sie dafür, dass seine Eltern eine Stelle finden, an die sie sich wenden können. Und stellen Sie endlich sicher, dass sich die Angehörigen auch an diese Landesregierung wenden können.
(Beifall von den GRÜNEN)

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