Stehen nach Urteil zur fehlerhaften Trassenplanung in Hürth nun weitere Trassenplanungen in NRW vor einer Neubewertung?

Kleine Anfrage von Wibke Brems

Portrait Wibke Brems 5-23

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 14. März 2018 auf Klagen von Anwohnern und eines kommunalen Unternehmens den Planfeststellungsbeschluss für eine Höchstspannungsfreileitung im Bereich der Stadt Hürth für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.
In dem Verfahren ging es um den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln vom 30. Dezember 2016 für die Errichtung und den Betrieb der 110-/380-kV- Höchstspannungsfreileitung Rommerskirchen-Sechtem, ein Abschnitt der EnLAG-Trasse 15, die von Osterath nach Weißenthurm führt. Diese Trasse wird im Rahmen des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) errichtet, das seit 2009 den vordringlichen Ausbau von Höchstspannungsfernleitungen regelt.
Laut Planfeststellungsbeschluss sollte die geplante Leitung mit rund 80 Meter hohen Masten den Siedlungsbereich Hürth parallel zu einer fortbestehenden Leitung zwischen den Stadtteilen Efferen und Hermülheim queren. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Trassenführung als „abwägungsfehlerhaft“ beanstandet. Die Bezirksregierung Köln habe die Belange nicht ausreichend ermittelt, die für eine Umgehung der Ortslage von Hürth entlang von Gleuel, Burbach, Fischenich und dem Industriepark Knapsack sprechen; dies gelte für Unterschiede in der Siedlungsstruktur, ein Naturschutzgebiet und mögliche technische Schwierigkeiten der Alternativtrasse, teilte das Bundesverwaltungsgericht weiter mit.
Generell geraten Planfeststellungsbeschlüsse zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Widerstand entlang von Netzausbau-Trassen konzentriert sich gegen Freileitungen in unmittelbarer Nähe zu Siedlungsgebieten und äußert sich immer häufiger auch bereits in Planfeststellungsverfahren. Die für die Genehmigung zuständigen Bezirksregierungen tragen eine hohe Verantwortung in diesen außerordentlich komplexen Prüfungen und der Abwägung vieler und teils widerstrebender Kriterien. Diese Prüfung mündet schließlich im Planfeststellungsbeschluss, der für die Netzbetreiber, aber auch die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner Verbindlichkeit schaffen soll. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zeigt jedoch, dass in diesen komplexen Verfahren Fehler unterlaufen können.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Welche laut Energieleitungsausbaugesetz und Bundesbedarfsplangesetz in NRW vorgesehenen Netzausbau-Trassen befinden sich aktuell in welchem Planungsstadium bei welcher Behörde?
  2. Nach welchen Kriterien und Verfahren werden in den einzelnen Bezirksregierungen Planfeststellungsbeschlüsse in Netzausbauvorhaben erarbeitet, um sicherzustellen, dass keine Abwägungsfehler entstehen und alle notwendigen Prüfungen durchgeführt werden (bitte erläuternd aufführen)?
  3. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Kritik, die sich im Leipziger Urteil zum Planfeststellungsbeschluss der Kölner Bezirksregierung geäußert hat, bei zukünftigen Planfeststellungsverfahren von Netzausbau-Vorhaben Berücksichtigung findet?
  4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung darüber hinaus, um die Bezirksregierungen bei der Erarbeitung von Planfeststellungsbeschlüssen im Zuge von Netzausbau-Vorhaben zu unterstützen?
  5. Welche anhängigen Klagen gegen Planfeststellungsverfahren bei Netzausbau- Vorhaben sind der Landesregierung bekannt (bitte erläuternd aufführen)?