Wenn der Wind unser Gas liefert: Power-to-Gas als Langzeitspeicher

Drei Fragen an Wibke Brems:

Portrait Wibke Brems 5-23

Hier in Nordrhein-Westfalen gibt es zahlreiche aktuelle Entwicklungen und Forschungsprojekte zu Speichermöglichkeiten. Wir wollen, dass diese Technologie und Branche weiter gefördert wird. Das machen wir an diesem Freitag mit unserem Antrag deutlich. Eine dieser vielversprechenden Speichertechnologien ist Power-to-Gas. Über das Potenzial dieser Technologie diskutiert Wibke Brems direkt im Anschluss des Landtagsplenums bei einer großen Veranstaltung mit Expert*innen aus der Energie- und Klimaforschung sowie der Energiebranche. Dazu haben wir Wibke drei Fragen gestellt: 
Warum brauchen wir Speichertechniken wie Power-to-Gas?
Wibke Brems: "Schon heute produzieren Sonnen- und Windenergie im Jahresmittel ein Drittel des deutschen Stroms – Tendenz steigend. Doch es gibt Zeiten, in denen aufgrund der Wetterverhältnisse wenig Strom erzeugt wird, bei starkem Wind oder mittags, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, jedoch möglicherweise zu viel. Für diese Zeiten und um eine effiziente Versorgung sicherzustellen, brauchen wir Speicher. Denn sie können dazu beitragen, dass ein Ausgleich zwischen Stromangebot und Stromnachfrage hergestellt wird und die Waage zwischen Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht ist. Power-to-Gas kann in einem zukünftigen Speichermix eine wichtige Rolle spielen, denn hiermit können große Mengen an Strom in Gas umgewandelt werden, die dann bei Bedarf in Wärmenetze gespeist oder Gasturbinen antreiben können."
Wie funktioniert Power-to-Gas?

Wibke Brems
: "Die Power-to-Gas-Technologie (deutsch: Strom zu Gas) ermöglicht eine Speicherung von Ökostrom in Gas (Wasserstoff oder Methan) durch Elektrolyse. Das heißt, Wasser wird mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der so gewonnene Wasserstoff kann dann zum Beispiel in Tanks oder in einem Leitungsnetz gespeichert werden. Die Rückverstromung von Wasserstoff kann bei Bedarf in Gaskraftwerken, Brennstoffzellen oder Verbrennungsmotoren erfolgen. Wie bei vielen anderen Verstromungstechniken kann durch Kraft-Wärme-Kopplung die bei der Rückverstromung entstehende Wärme genutzt werden. So steigt der Wirkungsgrad der Technologie auf bis zu 70 Prozent. Ein Nachteil ist, dass bei der Umwandlung zu Wasserstoff, hohe sicherheitstechnische Anforderungen erfüllt werden müssen, da Wasserstoff in Kontakt mit Luft ein hochexplosives Knallgas bildet. Zudem ist der Wirkungsgrad, d.h. der Strom, der am Ende im Vergleich zum einzusetzen Strom aus dem Wasserstoff wieder gewonnen werden kann, bei den aktuellen Verfahren noch nicht sehr gut.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Kohlenstoffdioxid einzusetzen, um den gewonnenen Wasserstoff zu Methan umzuwandeln. Das dann wiederum entweder direkt in das Erdgasnetz eingespeist oder erneut gespeichert werden kann. Zur Rückgewinnung kann das Methan in Gaskraftwerken verstromt werden."
Welches wirtschaftliche Potenzial hat Power-to-Gas für nordrhein-westfälische Unternehmen?
Wibke Brems: "Power-to-Gas bietet aufgrund der breiten Verwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff und Methan zahlreiche Optionen für eine wirtschaftliche Nutzung. Gerade in NRW mit seiner dichten Industrie- und Forschungslandschaft besteht ein großes Potenzial und Know-how, diese Technik weiterzuentwickeln.  Zudem gibt es Möglichkeiten weitere Potenziale von Power-To-Technogien, z.B. Power-To-Heat oder Power-To-Chemicals zu testen. So bieten die Nah- und Fernwärmenetze Einsatzmöglichkeiten für Power-To-Heat und die Chemiestandorte in NRW Möglichkeiten zur Erforschung von Power-To-Chemicals. Derzeit werden bereits vielerorts Projekte geplant und umgesetzt, noch sind diese Technologien aber nicht marktreif. Doch erste Pilotanlagen wie die Power-to-Gas Anlage in Ibbenbüren zeigen die Möglichkeiten auf. Deswegen bedarf es weiterer Forschung, die wir GRÜNEN gezielt fördern wollen. Die Kopplung von Speichern mit dezentraler erneuerbarer Erzeugung hat ein riesiges Potenzial. Das gilt es zu heben, statt es – wie die Bundesregierung mit Strafsteuern wie der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch und immer neuer bürokratische Hürden – abzuwürgen. Ziel muss es sein, vor allem durch eine Reform der Netzentgelte und Umlagen, Eigenerzeugung und Speicherung zu ermöglichen und systemdienlich ohne Endsolidarisierung ins Netz einzufügen."