Etikettenschwindel hoch 4: Das schwarz-rote Frackinggesetz

Zum Entwurf eines Fracking-Verbotsgesetz, das keins ist, meint Wibke Brems:

Portrait Wibke Brems 5-23

Nun soll es also kommen: Ein angebliches Fracking-Verbotsgesetz. Immerhin, könnte man sagen. Es tut sich was. Nach viel Hin und Her zwischen Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium und nur unter Vermittlung des Kanzleramtes liegt nun ein Gesetzentwurf vor. Endlich, so scheint es, sei auch bei Schwarz-Rot auf Bundesebene der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger angekommen, den Einsatz dieser risikobehafteten Technologie zu verbieten. Wenn man jedoch genauer hinschaut, stellt man fest, dass die Bundesregierung Etikettenschwindel betreibt und ein Fracking-Ermöglichungsgesetz vorschlägt. Vier Beispiele dafür:
Etikettenschwindel Nr. 1: Die willkürliche 3.000-Meter-Grenze
Vollkommen willkürlich zieht die Bundesregierung eine Grenze von 3.000 Metern, unterhalb der gefrackt werden darf. Angeblich soll es für den Schutz des Grundwassers unterhalb von 3.000 Metern keine Rolle mehr spielen, ob gefrackt wird oder nicht. Eine gute Begründung für diese Grenze gibt es nicht. Ganz lapidar wird davon gesprochen, dass die nutzbaren Grundwasserschichten höher liegen würden. Vergessen wird dabei allerdings, dass man die nutzbaren Grundwasserschichten durchstoßen muss, um in 3.000 Meter Tiefe zu gelangen, und somit eine Verbindung hergestellt wird. Ermöglicht werden soll mit dieser Regelung die Gewinnung des so genannten Tight Gases, wie es in Niedersachsen vorkommt. Die nordrhein-westfälischen Gasvorkommen befinden sich zum Teil aber auch in mehr als 3.000 Metern Tiefe, obwohl es sich hierbei nicht um Tight Gas handelt. Dass gerade Ministerin Hendriks, die aus Nordrhein-Westfalen stammt, dies gleichgültig zu sein scheint, ist mehr als enttäuschend.
Etikettenschwindel Nr. 2: Der Umgang mit dem hoch giftigen Abfall
Auch das zweite große Problem an Fracking-Maßnahmen, die Entsorgung des sogenannten Flowbacks (ein Gemisch aus der eingesetzten Frackflüssigkeit sowie des natürlich vorkommenden und möglicherweise giftigen Lagerstättenwassers) wird von der Bundesregierung auf merkwürdige Weise angegangen: Das Lagerstättenwasser soll von der eingepressten Frackflüssigkeit getrennt werden. Wie dies technisch geschehen soll, ist ebenso unklar wie eine sichere Entsorgung des gesamten hoch giftigen Gemischs.
Die bisherige Lösung, das Flowback einfach in neue Bohrungen in den Boden zu verpressen, basierte auf dem Grundsatz „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Daran ändert auch der aktuelle Gesetzesvorschlag nichts. .
Etikettenschwindel Nr. 3: Die angeblich unabhängige Expertenkommission
Selbst die jetzt vorgelegten laxen Einschränkungen waren manchen Wirtschaftsvertretern im Umfeld von Schwarz-Rot zu streng. So sieht der Gesetzentwurf vor, das 3.000 Meter-Verbot aufzuweichen. Nach Vorstellungen der Bundesregierung soll nun ein Expertenkreis entscheiden, an welchen Stellen trotz des allgemeinen Verbots oberhalb von 3.000 Metern gefrackt werden darf. Dieser Expertenkreis ist jedoch zur Hälfte mit Fracking-freundlichen Institutionen besetzt. Damit wird die primäre Entscheidung über eine mögliche Umsetzung von Vorhaben von den zuständigen Genehmigungsbehörden an eine Expertengruppe ausgelagert. Auch wenn argumentiert wird, dass die letzte Entscheidung bei den Genehmigungsbehörden der Länder liegt, sind diese jedoch nach Bergrecht bei ihrer Entscheidung gebunden. Die Verlagerung der Entscheidung auf ein Expertengremium, wo auch oberhalb von 3.000 Metern gefrackt werden und somit Umwelt- und Wasser gefährdet werden darf, ist die Flucht der Bundesregierung aus der Verantwortung und das Einknicken der Bundesumweltministerin vor Wirtschaftsinteressen. Anstelle von klaren Regeln und Verboten wird hier versucht, eine Hintertür für die Konzerne zu schaffen.
Etikettenschwindel Nr. 4: Die vorgetäuschte Unabhängigkeit von Gasimporten
Ohne Not, Sinn und Verstand wird hier ein Fracking-Ermöglichungsgesetz geschaffen. Denn selbst die Bundesregierung gibt zu, dass Fracking in Deutschland keinen substanziellen Beitrag zu unserer Energieversorgung leisten kann. Durch den Einsatz von Fracking kann die Abhängigkeit Deutschlands von Gas-Importen somit kaum verringert werden. Warum also dann der Einsatz solch einer risikobehafteten Technologie in Deutschland und die Gefährdung von Umwelt, Wasser und Menschen ermöglicht werden soll, erschließt sich in keiner Weise.
Die Gewinner dieses faulen Kompromisses sind die Fracking-Konzerne, die Verlierer unsere Umwelt und unser Wasser.