Verena Schäffer: „Gute Gründe für eine strenge Handhabung“

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich einem meiner Vorredner an, der darauf hingewiesen hat, dass diese Große Anfrage eine Zumutung ist. Ich halte es auch für eine Zumutung, in welcher unsäglichen Weise dieses Thema „Waffenbesitz“ mit der Zuwanderungsdebatte vermengt wird. Das ist meines Erachtens auch eine Zumutung, weil die Polizei hier aus meiner Sicht von ihrer wichtigen Arbeit abgehalten wird, und das ohne nennenswerten Erkenntnisgewinn, den ich aus dieser Großen Anfrage ziehen könnte.
Mir erschließt sich nicht, inwiefern solche Informationen, dass das Polizeipräsidium Aachen im Jahr 2016 eine Pistole der Marke Firebird mit einem Kaliber 9 mm sichergestellt hat oder wie viele Zündnadelrevolver bei der Kreispolizeibehörde Gütersloh registriert sind, uns in der Debatte über die Verschärfung des Waffenrechts irgendwie weiterbringen können. Vielleicht erschließt es sich auch nur denjenigen, die – wie in rechten Kreisen üblich; das muss man hier, glaube ich, schon auch einmal sagen – auch eine besondere Affinität zu Waffen haben.
Die AfD hat ja offenbar versucht, hier Zuwanderer als Personen darzustellen, die besonders viele Straftaten mit Waffen begehen. Das trifft nach diesen Zahlen aber nicht zu. Ich finde, das ist schon eine wichtige Erkenntnis aus dieser Großen Anfrage. 80 % der Straftaten im Sinne des Waffengesetzes wurden von Deutschen begangen. Bei den Nichtdeutschen kommt die Mehrheit aus dem EU-Ausland. Der Anteil von Geflüchteten ist dabei verschwindend gering. Das ist jetzt hier in der Debatte noch nicht genannt worden. Dass die AfD es nicht aufgegriffen hat, wundert vielleicht nicht, weil es nämlich nicht zu ihrem Weltbild passt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will noch eines deutlich sagen, weil hier gerade schon das Thema „legaler Waffenbesitz“ andiskutiert wurde und die Frage, welche Waffen erlaubt sind und für welche Zwecke: Natürlich muss man sagen, dass immer noch unter Verwendung von illegalen Waffen mehr Straftaten begangen werden als mit legalen Waffen. Gleichwohl – das finde ich für die Debatte auch wichtig – hat sich die Zahl der Straftaten mit legalen Waffen immerhin verdoppelt, von 130 Straftaten im Jahr 2018 auf 259 in 2019. Deshalb, finde ich, kann man nicht einfach so wegwischen, dass auch eine Gefahr von legalen Waffen ausgeht.
Ja, es gibt bestimmt verantwortungsvolle Menschen, die einen Waffenschein haben, die Waffen besitzen. Aber ich meine wirklich, man darf die Gefahr von legalen Waffen nicht verharmlosen. Ich mache das gerne an zwei Beispielen deutlich. Wir waren vor einem Jahr alle entsetzt über den Mord an Walter Lübcke in Kassel, der von jemandem ermordet worden ist, der ganz legal Waffen besessen hat. Genauso wurde das Attentat in Hanau mit legalen Waffen verübt. Das muss man in so einer Debatte mit betrachten.
Wenn die Bundesregierung sagt, dass sie derzeit davon ausgeht, dass in der Bundesrepublik, also bundesweit, über 900 Rechtsextreme über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen und dementsprechend sehr wahrscheinlich auch legal Waffen besitzen, dann, finde ich, muss man das zumindest mit in die Betrachtung hineinnehmen. Dann darf man den Besitz von legalen Waffen nicht verharmlosen.
Ganz im Gegenteil: Meines Erachtens gibt es vor diesem Hintergrund gute Gründe für eine strenge Handhabung, was das Thema „Waffen“ angeht.
Wenn ich mir ansehe, wie viele Vor-Ort-Kontrollen tatsächlich stattfinden – das ist natürlich eine personelle Frage; völlig klar –, muss ich auch sagen, dass mir das eigentlich zu wenige sind. Umso wichtiger ist es, dass wir die Debatte hier führen.
Gerade wurde die letzte Waffenrechtsverschärfung angesprochen. Diesbezüglich hatten wir Grüne durchaus noch weiter gehende Vorstellungen, auch in Bezug auf halbautomatische Waffen. Aus unserer Sicht hätte man da auf Bundesebene weiter gehen müssen. Dabei handelt es sich aber um ein Bundesthema, über das wir auf Landesebene gar nicht zu beschließen haben.
Ich will hier aber vor allen Dingen noch einmal sagen – ich denke, das ist auch herübergekommen –: Weder bei illegalen Waffen noch bei legalen Waffen kann und darf man bestreiten, dass von ihnen eine große Gefahr ausgeht. Wir müssen deshalb bei diesem Thema sehr sensibel sein. – Vielen Dank.
(Beifall von der FDP)

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