Tim Achtermeyer: „Sie sind nicht daran interessiert, aufzuklären“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktionen von SPD und FDP zu Manipulationsvorwürfen in der Landesregierung

Portrait Dr. Julia Höller

Tim Achtermeyer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Justiz genießt in unserem Land zu Recht ein hohes Ansehen, und die Menschen erwarten selbstverständlich, dass die geltende Rechtslage von der Justiz eingehalten wird.

Gleichzeitig – das darf man durchaus sagen – ist die Rechtslage insbesondere im Beamtenrecht als solche für breite Teile der Bevölkerung im Detail nicht immer ganz verständlich. Ich glaube, dass die fehlende Verständlichkeit ein Problem ist, weil das in der Öffentlichkeit Fragen aufwirft. Warum wir als Politik es nicht immer schaffen, Verfahren und die Rechtslage in der Justiz verständlich zu erläutern, muss uns beschäftigen. Deswegen respektiere und verstehe ich auch, dass die Opposition das Thema in die politische Debatte bringt.

Nach einer intensiven Debatte in verschiedenen Rechtsausschusssitzungen müsste die Frage sein, was denn jetzt des Pudels Kern ist. Aus Sicht der Opposition besteht des Pudels Kern aus zwei Ministern. Diese These wird zumindest aus meiner Sicht schwach, wenn ich mir in Erinnerung rufe, dass wir beim Landessozialgericht 2018 einen ähnlichen Fall mit einem anderen Justizminister einer anderen Parteifarbe hatten.

Diese These wird noch schwächer, wenn man bedenkt, dass die Technik der Überbeurteilung, die das VG Münster und das VG Düsseldorf kritisiert haben, aus der vergangenen Legislatur stammt, nämlich von einem Justizminister mit wiederum einer anderen Parteifarbe und einem Staatssekretär mit noch einer anderen Parteifarbe, der heute in der Opposition ist.

Diese These wird aus meiner Sicht vor allem dann substanzlos, wenn man wahrnimmt, dass die Bestenauslese in der Fachabteilung erfolgt ist, und zwar nur in der Fachabteilung, weder im Ministerbüro noch in der Staatskanzlei. Nehmen Sie das bitte einfach einmal zur Kenntnis.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Henning Höne [FDP])

Aus hohem Respekt vor den Oppositionsrechten kritisiere ich nicht, dass Sie den Komplex thematisieren, ganz und gar nicht. An der Stelle kommt aber der Punkt, an dem ich wahrnehme, dass Sie eine selektive Wahrnehmung auf den Komplex haben. Dass das VG Düsseldorf im Beschluss schreibt, dass das Ergebnis der Bestenauslese nachvollziehbar gewesen sei, ignorieren Sie. Dass die Beigeladene eine hochqualifizierte Juristin mit Rechtsprechungs- und Verwaltungserfahrung ist, blenden Sie aus. Dass der ehemalige SPD-Justizminister Wolfgang Gerhards sagt: „Die liegen falsch, die Genossen“, verdrängen Sie offenbar ganz bewusst.

(Zuruf von Andrea Busche [SPD])

Aus meiner Sicht ist das eine selektive Wahrnehmung auf die Dinge.

(Beifall von den GRÜNEN)

Mir scheint der Fall mittlerweile so zu liegen: Es war gut, dass die Opposition die im Raum stehenden Zweifel zur Debatte gebracht hat, denn das hat die Chance gegeben, dass man die Zweifel ausräumen kann. Das hat der Minister in sehr vielen Sondersitzungen sehr gründlich und detailliert getan, außer man hält sich, Herr Wolf, mit beiden Händen mit aller Kraft die Ohren zu. Nichts anderes haben Sie offenbar gerade in dieser Debatte gemacht, wenn Sie nicht selbst geredet haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wo ist er eigentlich? – Ja, das zeigt es auch wieder.

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Da ist er! Es darf vielleicht noch ein Glas Wasser getrunken werden? – Weitere Zurufe)

Deswegen glaube ich: Sie sind nicht daran interessiert, aufzuklären, sondern diesen politischen Komplex auf der Tagesordnung köcheln zu lassen und sich, – ehrlich gesagt: substanzlos – zu profilieren.

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Da redet jetzt der Richtige!)

Und dann ging Herr Höne ans Rednerpult. Diese Profilierung, Herr Höne, erfolgte leider nicht durch inhaltliche Fragen, beispielsweise zum Beamtenrecht oder zur Technik der Überbeurteilung. Diese entspricht einer geltende Gesetzeslage und ist keine Willkür.

Ich glaube übrigens, dass es da Änderungen bräuchte. Da könnte man sich zusammensetzen und überlegen, wie man das machen kann oder wie die Besetzung in der Justiz grundsätzlich anders geregelt werden kann. Das ist strukturell sicherlich diskussionswürdig.

Sie hingegen personalisieren auf zwei Minister. Das wird aus meiner Sicht weder der Sachfrage noch unserer gemeinsamen Verantwortung für unseren Rechtsstaat und für unsere Demokratie gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich noch eines sagen: Sie werfen dem Minister wider besseres Wissen vor, in die Bestenauslese und damit in den Besetzungsprozess eingegriffen zu haben. In einer Sondersitzung des Rechtsausschusses forderten Sie den Minister explizit auf, dieses Verfahren zu stoppen und damit in den Besetzungsprozess rechtswidrig einzugreifen. Das machen nicht wir, das machen nur Sie als Opposition. Das zeigt, worum es Ihnen geht. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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