Tim Achtermeyer: „Mit Euch ist alles in Ordnung, und wir glauben an Euch und an Eure Talente“

Zur Aktuellen Stunde auf Anträgen der SPD-, Der FDP- und der "AfD"-Fraktion zur "PISA-Studie"

Portrait Tim Achtermeyer

Tim Achtermeyer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin 2001 eingeschult worden.

(Dilek Engin [SPD]: So süß!)

Das war das Jahr des PISA-Schocks. Ich erinnere mich noch ziemlich gut daran. Denn obwohl wir in meiner Klasse alle noch sehr jung waren, wussten wir alle, dass PISA irgendwie heißt: Mit eurer Generation stimmt irgendwas nicht. Ihr seid nicht so clever wie die Generation vor euch.

Das macht etwas mit Schüler*innen.

Ich denke, dass das auch heute etwas mit Schüler*innen macht. Deswegen sollten wir ein bisschen vorsichtig sein, wie wir uns ausdrücken. Ich war jetzt sehr dankbar für die Rede des Kollegen Ott.

An die Schüler*innen, die auch zuhören, sollten wir schon das Signal aussenden: Mit euch ist alles in Ordnung, und wir glauben an euch und an eure Talente.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Wir glauben auch nicht, dass ihr euch nicht genug anstrengt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Frau Müller-Rech, das tun wir ganz bestimmt nicht.

Ich finde auch nicht, dass man in Zeiten, in denen Schüler*innen Depressionen oder Angstzustände bekommen und wirklich Leistungsangst haben, sagen muss: Die Lösung muss jetzt mehr Wettbewerb, mehr Druck, mehr Leistung sein. – Das ist aus meiner Sicht in solchen Zeiten wirklich die falsche Antwort.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Ohne zu sagen, dass die Problematik nicht groß ist – sie ist in der Tat groß –, darf man auch nicht vergessen, dass bei PISA manche Dinge gerade nicht abgefragt werden: Teamfähigkeit, soziale Fähigkeiten, musische Fragen, politische Bildung. Meines Erachtens ist es in dieser Gesellschaft elementar wichtig, diese Fragen auch zu beantworten. Das wird bei PISA aber gar nicht abgefragt.

Dennoch ist es so, dass wir über PISA sehr konstruktiv reden müssen. In diesem Zusammenhang habe ich eine Bitte. Mir fällt das auch schwer, weil ich aus einer politischen Partei komme, die immer gesagt hat: Eine Schule für alle; das ist es. – Aber wenn wir eine Lösung haben wollen, die ein bisschen länger trägt, kann es nicht sein, dass die FDP-Fraktion sich hier hinstellt und ausführt, man brauche Leistung, Leistung, Leistung; das von rot-grün als Impulsreaktion geforderte längere gemeinsame Lernen sei der Vater aller Probleme. Das ist empirisch falsch. Finnland hat neun Jahre, Estland hat neun Jahre, die Schweiz hat acht Jahre gemeinsames Lernen.

Lassen Sie uns bitte schauen, dass wir eine konstruktive Debatte führen, und auf die alten Plattitüden verzichten. Wir sollten nicht die alte Schallplatte mit dem Sprung immer wieder auflegen, sondern uns gemeinsam überlegen: Wie bekommen wir nach 20 Jahren Stillstand in der Bildungspolitik in der Strukturfrage eine Lösung hin, die länger trägt als bis zur nächsten Legislaturperiode

(Frank Müller [SPD]: Was sagt der Koalitionspartner dazu?)

und die den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrerinnen und Lehrern bei der tollen Arbeit, die sie ohnehin machen, wirklich hilft? – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU – Frank Müller [SPD]: Jetzt bin ich mal gespannt! Was sagt der denn dazu?)