Tim Achtermeyer: „Ein sehr toller Job, der sehr erfüllend sein kann“

Zur Aktuellen Stunde auf Antraf der Fraktionen von FDP und "AfD" zu Klassengröße in Grundschulen

Portrait Tim Achtermeyer

Tim Achtermeyer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Frau Müller-Rech, Sie haben gesagt: Es geht nicht um Vergangenheit. – Na ja, die FDP hatte fünf Jahre lang das Schulministerium. Ich finde, wenn wir uns ehrlich machen, können wir nicht einfach sagen: Nach anderthalb Jahren ist die totale Bildungskatastrophe eingetreten, und die FDP hat damit nichts zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ganz so einfach kann man es sich nicht machen.

Es gibt jetzt verschiedene Möglichkeiten, wie man auf das Problem von zu großen Klassen reagieren kann, die ja da sind. Das ist unbestritten, und es kam auch in der Debatte heute raus. Eine Möglichkeit wären zum Beispiel mehr Lehrerinnen. Wie kriege ich das bei einem Studium hin, das sieben Jahre dauert? Ich muss relativ früh rangehen und gucken, dass es attraktiv ist. Da ist ein Bestandteil das Gehalt. Das ist ja eigentlich immer ein Argument der FDP: Das regelt der Markt. Die Leute gehen dann auch engagierter in den Beruf rein. – Deswegen ist es für mich ein sehr entscheidender Schritt, dass wir A13 für Grundschullehramtskräfte durchgesetzt haben. Wer hat es gemacht? Frei nach Rainer Brüderle: Wir haben es gemacht.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Claudia Schlottmann [CDU] – Zuruf von Bianca Winkelmann [CDU])

Ein anderer Punkt ist: Lassen Sie uns noch mal in die Ausbildung reingucken. Ich fände es interessant, wenn wir das mal gemeinsam täten. Ich habe mir das angeguckt. Der Deutsche Stifterverband hat gesagt, von 50.000 Menschen, die in die Ausbildung zur Lehrerin reingehen, sind nach kurzer Zeit nur noch 32.000 da. Schon im Studium gehen also sehr viele Menschen aus diesem Job wieder raus. Deswegen halte ich es für entscheidend, nicht nur in die Schulen, sondern auch in die Universitäten reinzugucken und da noch mal nachzuschärfen, was wir eigentlich machen können. Auch das ist keine einfache Antwort, aber aus meiner Sicht eine gute Antwort, die man geben kann.

Ich war eigentlich dem Kollegen Heinisch ganz dankbar dafür, dass er mal einige Zahlen hier reingebracht hat, weil das tat der Debatte eigentlich gut. Frau Engin, Sie haben …

(Christian Dahm [SPD]: Stimmt, der Mittelwert liegt in der Mitte!)

– Ja, Moment. Selbst die SPD sollte keine Angst vor Zahlen haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Sarah Philipp [SPD]: Was heißt denn „selbst die SPD“? – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn man sich auf die schwierige und gefährliche Ebene der Statistik begibt, dann sollte man einen Fehler nicht machen, nämlich Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

(Sarah Philipp [SPD]: Sehr arrogant!)

Frau Engin, ich fand es schade, dass Sie ausgerechnet Hamburg als Best-Practice-Vergleich bemüßigt haben. In einer Bildungsdebatte einen Stadtstaat mit einem Flächenstaat zu vergleichen, das ist wirklich extrem kompliziert.

(Zuruf von der SPD: Schule ist Schule, und Kinder sind Kinder!)

Das sollte man nicht tun, weil das suggeriert, dass die Antwort sehr, sehr einfach wäre, was sie einfach nicht ist.

(Zuruf von der SPD: Schlaumeier!)

Wenn ich mir dann noch mal angucke, was denn die großen Sozialdemokrat*innen in den Kommunen machen, weil es da ja auch Möglichkeiten gibt,

(Christian Dahm [SPD]: Hochmut kommt vor dem Fall; das sage ich dir!)

muss ich auch sagen: Die Antwort ist ein bisschen dürftig. Bei der Frage, wie wir eine gute Verteilung von Lehrer*innen hinbekommen, gibt es ein Instrument, das sehr entscheidend ist, nämlich eine Schulbedarfsplanung. Schauen wir beispielsweise zum SPD-Oberbürgermeister nach Duisburg: Bis heute gibt es keine aktuelle Schulbedarfsplanung. Das wäre ein ganz konkreter Schritt, und den braucht es auch.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der SPD)

Die ist von 2017. Das ist ein bisschen wenig.

Auch ein entscheidender Punkt ist, finde ich, das Thema „Abordnung“. Das alles ist keine einfach zu beantwortende Frage; das alles ist immer hochkomplex und auch für die betroffenen Personen sehr unangenehm.

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Erklären Sie das mal den Eltern!)

Wenn wir zwei Schulen haben, und an einer Schule gibt es einen größeren Bedarf und an einer anderen Schule gibt es einen kleineren Bedarf, dann muss man auch über das Thema „Abordnung“ sprechen.

(Sarah Philipp [SPD]: Der Oberlehrer erklärt das gerade!)

Es gibt eine Partei, die konsequent bremst und opponiert, und das ist die SPD. Das ist dann leider nicht ehrlich in der Debatte.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Wir kommen ja morgen zur Windkraft, dann wissen wir ja, wer bremst! – Christian Dahm [SPD]: Hier große Reden halten und zuhause blockieren!)

Zum Schluss. Eine Lehramtsausbildung dauert ungefähr sieben Jahre. Wir hatten eine FDP-Schulministerin – das ist gar nicht so lange her –,

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

wir haben eine CDU-Schulministerin, wir hatten eine grüne Schulministerin. Ich habe den begründeten Verdacht, dass es zumindest einen Sozialdemokraten gibt, der das auch noch anstrebt. Deswegen lassen Sie uns gucken, dass wir das gemeinsam lösen und gemeinsam auf den Weg bringen. Und dann geht es auch darum, dass wir …

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Es gab ja sozialdemokratische Minister! – Zuruf von der SPD: Ihr wolltet das gar nicht! – Zuruf von Dilek Engin [SPD])

– Meine Güte!

… sachlicher über die Debatte reden, dass wir uns auch nicht in eine Katastrophe hineinreden. Wir müssen immer auch bedenken, dass die Menschen, die sich vielleicht überlegen, Lehrerin zu werden, diese Debatte hören.

(Kirsten Stich [SPD]: Die Eltern auch!)

Deswegen geht es nicht darum, Katastrophen herbeizureden, sondern auch gemeinsam als Parlament zu sagen: Das ist ein sehr toller Job, der sehr erfüllend sein kann, und wir als Parlament haben davor große Achtung, dafür großen Respekt und sagen gemeinsam zu allen Lehrerinnen in NRW: Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Schöne Grüße an Sigrid Beer! – Gegenruf von Tim Achtermeyer [GRÜNE]: Mache ich gerne! – Zuruf: Schöne Grüße an Sören Link! – Weitere Zurufe – Heiterkeit)

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