Stefan Engstfeld: „Wenn es darum geht, den Opferschutz in Nordrhein-Westfalen weiterzuentwickeln, sind Bündnis 90/Die Grünen selbstverständlich mit dabei und mit im Boot“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Opferschutz

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es darum geht, den Opferschutz in Nordrhein-Westfalen weiterzuentwickeln, sind Bündnis 90/Die Grünen selbstverständlich mit dabei und mit im Boot.
(Beifall von Daniel Sieveke [CDU])
Das ist für uns keine Frage; insofern gibt es von unserer Seite Zustimmung nicht nur zur Überweisung, sondern auch Zustimmung in der Sache.
Der Antrag – das haben wir vorhin schon von der Rednerin und dem Redner von CDU- und FDP-Fraktion gehört – will den Opferschutz und die Opferberatung stärken, insbesondere die Bekanntheit und die Rolle der Opferschutzbeauftragten, indem eine Internetseite mit umfassenden Informationen zum Thema „Opferschutz“ geschaffen werden soll.
Auf der Bundesebene soll sich für die Umsetzung des EU-Berichts zur Entschädigung von Opfern eingesetzt werden.
Diese Punkte unterstützen wir vollumfänglich. Eine bessere Öffentlichkeitsarbeit ist sehr sinnvoll und nötig. Ein Konzept für Großschadenslagen, das sicherstellt, dass die Opferschutzbeauftragte künftig sofort nach der Tat mit den Opfern in Kontakt treten kann, unterstützen wir ebenfalls.
Ich muss natürlich ein bisschen Wasser in den Wein schütten
(Daniel Sieveke [CDU]: Ah! Bitte!)
und fange mit Punkt 1 an. Die Kollegin Bongers von der SPD hat es vorhin auch schon angesprochen, und zwar die psychosoziale Prozessbegleitung. Sie schreiben in Ihrem Antrag – ich zitiere –:
„Des Weiteren besteht inzwischen auch ein flächendeckendes Angebot an psychosozialer Prozessbegleitung in Strafverfahren. Dies ist ein wertvolles Instrument, um insbesondere den nicht selten erheblich traumatisierten Opfern schwerer Straftaten im Strafverfahren Hilfe und Unterstützung zur Seite zu stellen.“
Das ist alles gut und richtig.
Jetzt ist es aber so, dass wir im Rechtsausschuss die angesprochene Anhörung schon demnächst haben, und zwar am 11. September von 16:00 Uhr bis 17:30 Uhr. Siehe da: Gestern kam vom Ausschusssekretariat der Verteiler der geladenen Sachverständigen.
Jetzt stellen wir Folgendes fest: Es gibt weder von der CDU- noch von der FDP-Fraktion eine Benennung zu den Sachverständigen. Wenn ich „Weiterentwicklung“ als Teil der Überschrift über meinen Antrag schreibe, wir im Rechtsausschuss dazu eine Anhörung durchführen wollen und Sie von der Regierungskoalition noch nicht einmal in der Lage sind, dazu Sachverständige zu benennen, ist das schon ein bisschen peinlich.
Punkt 2. Sie schreiben in Ihrem Antrag – Frau Erwin hat sich auch bei Ihnen bedankt –:
„Die bestehende Vielzahl nicht-staatlicher Einrichtungen der Opferhilfe, die sich höchst professionell oder ehrenamtlich der Betreuung und Beratung von Menschen widmen, die Opfer einer Straftat geworden sind, sind überragend bedeutsame Akteure des Opferschutzes.“
So weit, so gut. – Ich lese ein Interview – gar nicht so lange her: knapp drei Wochen – im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 25. Juni 2019 von Bernd König, seines Zeichens Landesvorsitzender des Weißen Rings, eine Opferschutzorganisation, die in Ihrem Antrag angesprochen wird. Er war 40 Jahre Staatsanwalt in Bonn und kümmert sich jetzt als Landesvorsitzender um den Weißen Ring, und ich finde, er macht es sehr gut.
In diesem Interview fragt der „Kölner Stadt-Anzeiger“:
 „Wie reagiert die Landespolitik auf Ihre Arbeit? Kriegt der Weiße Ring genug Unterstützung?“
Nun sagt uns der Landesvorsitzende Folgendes – ich zitiere –:
„Wir bemühen uns um einen guten Kontakt zu Politikern, wir sind dabei auch wirklich nicht aufdringlich. Aber die Resonanz ist unter dem Strich etwas enttäuschend. Sehen Sie, wir verschicken beispielsweise jedes Jahr eine Broschüre mit einer Jahresbilanz des Weißen Rings an alle Fraktionen und an einzelne Politiker. Wir bieten an, für Gespräche zur Verfügung zu stehen, um unsere Ziele zu verdeutlichen.
Die einzigen, die uns dieses Jahr daraufhin eingeladen haben, waren die Grünen. Das ist schon frustrierend. Auf der Ortsebene ist das glücklicherweise punktuell besser.“
Wenn Sie hier schon lobende Worte finden und sich bedanken, ich dann aber lesen muss, dass Sie mit dem Weißen Ring zum Beispiel anscheinend gar nicht reden und auf ihn nicht reagieren, ist das ehrlich gesagt schon ein bisschen peinlich.
Dritter Punkt, der uns auch wichtig ist und der uns im Antrag fehlt, ist die besondere Berücksichtigung von Gewaltopfern. Wir wissen ja: Die meisten Opfer – das sehen wir in den Strafverfahren – sind Frauen.
Wenn man einen vernünftigen Opferschutz machen will, auch in einem umfassenden Konzept, wäre es zum Beispiel eine gute Idee, auch genügend Plätze in Frauenhäusern für solche Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt werden, zur Verfügung zu stellen. Das ist wirklich konkreter Opferschutz.
(Beifall von den GRÜNEN)
Da mangelt es leider auch an Aussagen in Ihrem Antrag und noch an ein paar Dingen mehr.
Ich habe leider keine Redezeit mehr; sonst hätte ich auch noch zu anderen Belangen etwas gesagt, zum Beispiel zur audiovisuellen Vernehmung gerade bei Kindern, gerade bei Opfern von sexualisierter Gewalt.
Ich stimme der Überweisung zu; wir sind in der Sache einig. Vielleicht gelingt es uns, während der Ausschussberatung diesen Antrag noch ein bisschen zu ergänzen und an der einen oder anderen Stelle doch noch zu verbessern. Darüber würde ich mich sehr freuen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

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