Stefan Engstfeld: „Opferschutz bedeutet nicht, Opfer von Straftaten zu bevormunden“

Antrag der "AfD"-Fraktion zum Opferschutz

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen den Antrag ab, da die Forderung, Opfer bestimmter Straftaten automatisch zu Nebenklägerinnen und Nebenklägern zu erklären, weder zielführend für den Opferschutz ist noch eine sinnvolle Ergänzung für das Strafverfahrensrecht darstellt. Viele Opfer möchten nicht in die Rolle der Nebenklägerin oder des Nebenklägers gedrängt werden. Einige Opfer suchen sich diese Rolle bewusst aus, während andere durch eine automatisierte gesetzliche Zuweisung schlichtweg überfordert wären.
Das Antragserfordernis schützt die Opfer, die keine zu aktive Rolle im Strafverfahren einnehmen und sich auf die nötigen Zeugenaussagen beschränken möchten.
Die in dem Antrag geäußerte Annahme, dass sich Opfer durch die Nebenklage automatisch psychisch aus der Opferrolle lösen, ist schlichtweg falsch. Erstens sind diese Menschen Opfer einer Straftat geworden und daher natürlich auch in der Opferrolle. Zweitens kann daran auch eine Nebenklage oft nichts ändern. Und auch eine Rolle in der Nebenklage kann eine negative oder sogar traumatische Erfahrung sein, zum Beispiel durch die Begegnung mit dem Täter oder der Täterin oder aufgrund der Schilderung der Tat durch den Täter oder die Täterin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es braucht mehr Beratung und Information, Begleitung von Opfern und Bekanntmachung des Rechts auf Nebenklage, damit Opfer gut aufgklärt frei entscheiden können, ob sie eine Nebenklagerolle einnehmen möchten oder nicht. Was wir aber nicht brauchen, ist eine automatisierte Nebenklage.
Opferschutz bedeutet nicht, Opfer von Straftaten zu bevormunden, sondern sie bestmöglich aufzuklären und zu begleiten und sie so zu ermächtigen, gut informiert eigene Entscheidungen zu treffen.
Der Überweisung des Antrages stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

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