Stefan Engstfeld: „Es geht um die Feststellung der politischen Verantwortung für einzelne Bauvorhaben „

Gemeinsamer Antrag Einsetzung Untersuchungsausschuss BLB

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass wir heute gemeinsam erneut einen Untersuchungsausschuss beantragen. Die Vorgänge rund um den BLB müssen untersucht werden. Den gemeinsamen Antrag werte ich als Beleg dafür, dass alle Fraktionen an der Aufklärung interessiert sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Anknüpfungspunkte für unsere Untersuchungen, mit denen wir gleich beauftragt werden, waren und sind:
1.         die traurige Erkenntnis, dass durch die zu untersuchenden Vorkommnisse den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Nordrhein-Westfalen ein schwerer Schaden entstanden ist
2.         die traurige Erkenntnis, dass offensichtlich Immobilienwünsche durch die schwarz-gelbe Landesregierung an den Bau- und Liegenschaftsbetrieb herangetragen worden sind, um sie sich sodann durch den BLB verwirklichen zu lassen – koste es, was es wolle
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
3.         die traurige Erkenntnis, dass diese von der Politik auf den Weg gebrachten baulichen Wunsch-träume gegen jegliche ökonomische und kaufmännische Vernunft vom BLB anscheinend eins zu eins durchgezogen wurden
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn anfänglich veranschlagte Baukosten für Landesvorhaben im Laufe der Zeit um nahezu 400 % ansteigen, wenn die Staatsanwaltschaft in diesen Zusammenhängen wegen Korruption ermittelt und wenn sich der Landesrechnungshof veranlasst sieht, mit erschütternd klarer Wortwahl vernichtende Prüfberichte zu verfassen, muss die Politik auch die Kraft haben, lückenlos aufzuklären.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das ist die Politik, das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land schlichtweg schuldig.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es gehört jedoch nicht zu unseren Aufgaben, strafrechtliche Ermittlungen gegen Privatpersonen im Untersuchungsausschuss nachzuvollziehen. Das ist die Aufgabe der Staatsanwaltschaft.
Es kann auch nicht um Motivforschung gehen, warum die damalige rot-grüne Landesregierung für die Bau- und Liegenschaftsverwaltung in Nordrhein-Westfalen die aktuelle Organisationsstruktur gewählt und als Sondervermögen ausgestaltet hat –
(Beifall von Hans Christian Markert [GRÜNE])
wozu sich übrigens die Regierung Rüttgers ausdrücklich bekannt hat, nachdem der damalige Finanzminister Linssen den BLB durch einen unabhängigen Gutachter umfassend untersuchen ließ.
Nein, es geht in allererster Linie um die Feststellung der politischen Verantwortung für einzelne Bauvorhaben – oder lassen Sie uns einfach von Millionengräbern reden. Das ist unsere Aufgabe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen herausfinden, ob sich jemand aus den politischen Reihen in Planungsphasen bei seinen Entscheidungen über haushälterische Grundsätze hin-weggesetzt hat – in der Hoffnung, durch Verkündung von Leuchtturmprojekten und entsprechende öffentlichkeitswirksame Spatenstiche sein politisches Renommee aufzupolieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir wollen die Frage beantworten, warum teilweise günstigere Handlungsoptionen zur Realisierung von Vorhaben nicht zum Zuge kamen und stattdessen in Einzelfällen unkalkulierbare Kostenrisiken eingegangen wurden.
Wir wollen herausfinden, warum an bestimmten politischen Entscheidungen festgehalten wurde, obwohl es auf der Hand lag, dass alte Kalkulationen nicht mehr zu halten waren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir wollen versuchen, zu verstehen, wie es im Einzelfall zu Kostenexplosionen kommen konnte und warum keinerlei Mechanismen gegriffen haben, um dies zu verhindern.
Wir wollen wissen, welche externen Anwaltskanzleien und Notariate mit der Vorbereitung bzw. Beurkundung der jeweiligen Geschäfte beauftragt wurden.
Und wir wollen wissen, warum Immobilien gekauft wurden, ohne dass ein Nutzungskonzept vorge-legen hat,
(Beifall von Hans Christian Markert [GRÜNE])
wie es dazu kommen konnte, dass dem BLB Grundstücke praktisch vor der Nase weggeschnappt wurden, die dann überteuert angekauft werden mussten, und welcher Schaden dem Steuerzahler dadurch entstanden ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die im Antrag genannten Sachverhalte haben dem Ge-meinwohl geschadet. Das gilt es zu untersuchen.
Der Einsetzungsantrag gibt vor, im Anschluss an diese Untersuchungen zu prüfen, ob und inwieweit die Struktur des BLB einen Beitrag zu den gegebenenfalls festgestellten Missständen geleistet hat.
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, brauchen wir aber zunächst Anhaltspunkte in Form von konkreten Ermittlungsergebnissen. Hierzu müssen wir belastbare Belege in den Akten finden und sind auf entsprechende Zeugenaussagen angewiesen. Von den Aussagen der Zeugen verspreche ich mir insbesondere auch in denjenigen Bereichen Aufklärung, in denen der Landesrechnungshof, wie er in einem Prüfbericht feststellen musste, mangels entsprechender Dokumentation in den Akten keine Klarheit erlangen konnte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass alle Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss tatsächlich an der lückenlosen Aufarbeitung der im Untersuchungsauftrag aufgeworfenen Fragen interessiert sind, uneingeschränkt und fair. Wir sind dazu bereit. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)