Stefan Engstfeld: „Eine Privatisierung der Wasserversorgung lehnen wir entschieden ab“

Gemeinsamer Antrag zur Wasserversorgung

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Grünen in Nordrhein-Westfalen sprechen uns nachdrücklich gegen die Planung der EU-Kommission aus, das öffentliche Vergabewesen für den Bereich der Trinkwasserversorgung in die Liberalisierungsagenda aufzunehmen.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Wasser – hierzu gehört auch die Abwasserversorgung – ist laut den Vereinten Nationen ein Menschenrecht und darf deswegen nicht unter den Zuständigkeitsbereich der Binnenmarktregelung fallen. Wir sind uns einig mit dem Deutschen Städtetag und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sowie den mittlerweile weit über 1 Million Menschen in ganz Europa, die die europäische Bürgerinitiative gegen die geplante Konzessionsrichtlinie unterschrieben haben: Herr Barnier, lassen Sie die Finger von einer Liberalisierung der Trinkwasserversorgung!
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Schlechte Erfahrungen und Beispiele dafür gibt es genug. Der Kollege Töns hat Großbritannien erwähnt, wo die Menschen mittlerweile ihr Trinkwasser sicherheitshalber lieber abkochen. Ich füge Portugal und andere EU-Staaten hinzu.
Bei uns in Deutschland genügt auch ein Blick nach Berlin. „Der Spiegel“ hat es diese Woche noch einmal beschrieben: Nach der Privatisierung der Wasserbetriebe in Berlin wurde ein Viertel der Belegschaft entlassen, der Gewinn erhöhte sich von 8 Millionen € auf 250 Millionen € pro Jahr. Bezahlt haben dies die Verbraucherinnen und Verbraucher, deren Wassergebühren um etwa ein Drittel gestiegen sind.
Das alles wollen wir hier nicht.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Es gibt aber jemanden, der das will. Der sitzt in der schwarz-gelben Bundesregierung und heißt Philipp Rösler. Noch ist er Wirtschaftsminister.
Betraut mit dem ewig gestrigen Motto „Privat vor Staat“ läuft Rösler mit dem Liberalisierungsfähnchen durch Brüssel. In einem Brief an unsere Bundestagsabgeordneten Britta Haßelmann und Kerstin Andreae vom 2. Mai 2012 schreibt er – ich zitiere –:
„Konzessionen sollten aufgrund ihres wirtschaftlichen Potenzials in einem transparenten und rechtlich überprüfbaren Verfahren vergeben werden. Wir begrüßen daher die mit der Konzessionsrichtlinie verfolgten Ziele der Europäischen Kommission, einen besseren Zugang zu den Konzessionsmärkten sowie mehr Rechtsicherheit zu schaffen.“
– Rösler selbst hat am 10. Dezember 2012 dafür gesorgt, dass im Ministerrat die Bundesrepublik Deutschland der Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür zustimmt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Partei, die die Interessen der Kommunen bei der Daseinsvorsorge, und die Partei, die die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher, die am Ende die Zeche zahlen müssen, verscherbelt, heißt FDP.
(Zuruf von Christian Lindner [FDP])
Ich fordere auch die CDU-Landtagsfraktion auf, inklusive der Bundeskanzlerin: Stoppen Sie Herrn Rösler! Machen Sie es wahr, und stoppen Sie endlich mit Ihrer Mehrheit die Brüsseler Pläne!
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wasser muss gut und bezahlbar sein. Einer Privatisierung des Wassersektors, die die Wasserversorgung allein den Regeln des Marktes unterwirft und dem kommunalen Aufgabenbereich der Daseinsvorsorge entzieht, ist im Interesse des Allgemeinwohls und des Ressourcenschutzes entschieden entgegenzutreten. Das tun wir heute mit diesem interfraktionellen Antrag ohne die FDP. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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