Stefan Engstfeld: „Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss kann nicht einfach tun, was er will“

Antrag der "AfD"-Fraktion zum Verfahren von Untersuchungsausschüssen

 Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Gesetzentwurf behandelt die grundsätzliche Abwägung zwischen den allgemeinen Persönlichkeitsrechten Betroffener und dem Aufklärungsinteresse eines Untersuchungsausschusses, welcher stellvertretend für die Allgemeinheit im parlamentarischen Raum durchgeführt wird.
Es ist unbestritten, dass die Persönlichkeitsrechte Einzelner auch im Rahmen eines Untersuchungsausschussverfahrens berücksichtigt werden müssen. Es gilt aber gründlich – ich betone: gründlich – abzuwägen, in welcher Form dieser Schutz der Persönlichkeitsrechte umzusetzen ist, damit die Funktion von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen gewahrt bleibt.
Untersuchungsausschüsse sind nämlich ein wichtiges Element parlamentarischer Demokratie. Betrachtet man die konkrete Arbeit von Untersuchungsausschüssen in Nordrhein-Westfalen, stellt man fest, dass die Wahrung von Persönlichkeitsrechten sehr ernst genommen wird.
So regelt beispielsweise die Geschäftsordnung des Landtags in Verbindung mit der Archiv- und Benutzungsordnung detailliert, wie mit Unterlagen und Daten – insbesondere mit personenbezogenen Daten – umzugehen ist.
So ist beispielsweise geregelt, wie mit Informationen aus öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen zu verfahren ist und welche Unterlagen öffentlich zugänglich gemacht werden können.
Im Rahmen des jeweiligen Untersuchungsausschussverfahrens wird sehr genau abgewogen, welche Namen in öffentlich zugänglichen Dokumenten wie Protokollen aus öffentlichen Sitzungen oder dem Abschlussbericht unkenntlich gemacht werden und welche Namen genannt werden. Das gilt auch für prominente Persönlichkeiten oder Politikerinnen und Politiker.
Zeugen, die im Untersuchungsausschuss befragt wurden, bekommen die Protokolle ihrer Vernehmung im Anschluss zur Durchsicht zugesandt, damit offenkundige Unrichtigkeiten von ihnen korrigiert werden können. Diese Korrekturen werden Teil der endgültigen Ausschussprotokolle.
Natürlich haben die Zeugen auch während der Befragung durch die Parlamentarier – durch uns – die Möglichkeit, Aussagen zu berichtigen oder zu erklären.
Am Ende der Untersuchung steht die Beweiswürdigung durch den Ausschuss, welche in einen schriftlichen Bericht an den Landtag mündet.
Sie schlagen in Ihrem Gesetzentwurf vor, dass Personen, die durch die Veröffentlichung des Abschlussberichts – der durchaus auch nichtöffentliche Teile enthalten kann – in ihren Rechten beeinträchtigt sein könnten, das Recht auf eine Stellungnahme eingeräumt wird. Der wesentliche Inhalt dieser Stellungnahme soll im Bericht berücksichtigt werden.
Es gibt drei Gründe, warum wir sehr skeptisch oder eher skeptisch-ablehnend sind:
Erstens. Ein solcher Passus ermöglicht es Einzelpersonen nach der Beweisaufnahme und der anschließenden Beweiswürdigung durch den Ausschuss – einem geordneten parlamentarischen Verfahren –, ihre abweichende Einzelmeinung dem Bericht quasi aufzudrücken. Theoretisch könnte dadurch die gesamte Untersuchungsausschussarbeit und die Funktion solcher parlamentarischer Verfahren ad absurdum geführt werden.
Zweitens. Bei der Erstellung des Schlussberichts in der finalen Phase der Arbeit eines Untersuchungsausschusses würde das zu gewissen Verzögerungen führen, die Schwierigkeiten bereiten können. – Ich habe in der letzten Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss hinter mich gebracht; es herrschte immer ein gewisser Zeitdruck.
Drittens. Sollte es in einem Abschlussbericht eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses doch zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts kommen, besteht für die betroffenen Personen die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen und ihr Recht dort durchzusetzen.
Das heißt, die Bürger, die Zeugen, sind nicht vollkommen schutzlos. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss kann nicht einfach das tun, was er will.
Danke für die Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Wir stimmen der Überweisung natürlich zu.
(Beifall von den GRÜNEN)

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