Stefan Engstfeld (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! An dem Wahlmorgen in den USA war ich auf einer Veranstaltung von WDR, dem AmerikaHaus und anderen. Das Ergebnis, dass Donald Trump der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird, war gegen 19:30 Uhr relativ klar. In meiner ersten Reaktion war ich davon nicht richtig geschockt, weil man irgendwie damit gerechnet hat. Der Abstand und die Deutlichkeit des Sieges, die sich aber abzeichneten, waren aber relativ ernüchternd. Das war mein Gefühl.
Im Laufe des Tages und am Tag danach änderte sich dieses Gefühl ein wenig. Eigentlich bin ich – so bin ich auch heute unterwegs – noch viel geschockter als 2016, als Donald Trump das erste Mal gewählt wurde. Damals war das ein Sieg, mit dem man nicht gerechnet hatte. Das war nach dem Brexit-Referendum, und man hatte nicht damit gerechnet, dass die britische Bevölkerung für den Austritt aus der Europäischen Union votieren würde. Dann kam Trump, und man konnte gar nicht glauben, dass er gewählt wurde.
Dieses Mal ist das anders, denn eigentlich schockiert mich noch mehr als 2016, dass dieses Mal alle genau wussten, wen sie wählen. Es war nicht: „Hui, Überraschung, da kommt Donald Trump!“, sondern allen war nach vier Jahren Regierungszeit von Trump klar, was auf sie zukommen würde. Allen war klar, dass da jemand kommt, der eine Liste von Verfahren vorweist, der im Krieg mit der Justiz steht, gegen den Vergewaltigungs-, Steuerhinterziehungs- und Wahlbetrugsvorwürfe im Raum stehen, der eine konservative Revolution will und der „Migranten raus!“ schreit und der permanent beleidigend und abwertend über Frauen redet.
All das wusste man. Er kann an Fake News erzählen, was er will: They’re eating the cats, they’re eating the dogs from the people who live there.
All das wussten die Amerikanerinnen und Amerikaner. Sie wussten genau, wen sie wählen. Und dann kommt so ein Ergebnis – 4 Millionen Stimmen mehr, alle Swing States geholt. Wir sehen doch schon an dieser lustigen Kabinettspostenbesetzung, was da auf uns zukommt. Das schockiert mich wirklich mehr als 2016.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Ich habe mir bei diesem Wahlkampf die Frage gestellt – ich habe mir nachts einiges angucken können –, welche Lehren wir daraus ziehen. Ich habe jetzt nicht die Zeit – ich habe nur sechs Minuten –, zehn Lehren zu ziehen, aber ich will eine hervorheben. Donald Trump hat auch bei der Rede morgens in Florida nach seinem Wahlsieg vor dem Redepult … Übrigens hoffe ich, dass wir das bis Ende der Legislaturperiode hinkriegen: Das ist ein Redepult. Hier werden Reden von Frauen und Männern gehalten. Es ist kein Rednerpult; es ist ein Redepult. Das will ich einmal vor die Klammer ziehen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Da steht immer drauf – das war in dem ganzen Wahlkampf so –:
(Zuruf von Christian Loose [AfD])
Trump will fix it. – Das war der Spruch: Trump will fix it.
Trump hat da eine Figur, ein düsteres Bild von einem Land gezeichnet – von den Vereinigten Staaten –, das im Niedergang gewesen ist, einem Land, das von Migranten überflutet wird, einem Land, das die Kontrolle über seine Grenzen verloren hat, einem Land, das wirtschaftlich daniederliegt,
(Sven Werner Tritschler [AfD]: Kommt Ihnen bekannt vor?)
einem Land, in dem eine politische Elite regiert – „die da oben“ –, die nichts mehr mit dem Volk zu tun hat,
(Markus Wagner [AfD]: Reden wir jetzt über Deutschland oder die USA?)
einem Land, das gerade quasi Staatsversagen zur Schau trägt.
(Markus Wagner [AfD]: Sie sprechen über Deutschland?)
Diese Figur eines kaputten Staates, eines Staatsversagens, einer Demokratie, die nicht mehr funktioniert – „Trump will fix it“; „ich bin der starke Mann, der das repariert“ –, ist brandgefährlich. Sie ist brandgefährlich. Ich kann nur an alle demokratischen Parteien hier im Landtag appellieren, und ich hoffe darauf: Lassen wir die Finger davon, unser Land und unsere Nation kaputtzureden, schlechtzureden oder, wie ich es manchmal, liebe Freunde der Sozialdemokratie, in diesem Haus von Ihnen gehört habe, von Staatsversagen zu reden. Lassen wir die Finger davon. Das muss die Lehre sein.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD
Denn es gibt nur eine Partei, die davon profitiert. Das sind die da, und das kann niemand von uns wollen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Beifall von der SPD)