Stefan Engstfeld: „CDU weicht wichtigen Fragen europäischer Strukturpolitik aus“

Ziel II-Programm

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, Ihr Antrag ist überschrieben mit dem Titel „Landesregierung darf Chancen für NRW aus dem Ziel-II-Programm nicht verspielen: …“. Ich sage Ihnen: Mit diesem Antrag verspielt Ihre Fraktion leider die Chance, sich ernsthaft an der Debatte zur Strukturpolitik zu beteiligen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Er ist an vielen Stellen – der Kollege Schmeltzer hat das gerade ausgeführt – einfach sachlich falsch. Teilweise beinhaltet er Banalitäten. Er setzt die falschen Prioritäten und malt Benachteiligungen und Angstszenarien an die Wand, die überhaupt nicht der Realität entsprechen. Ich kann Ihnen vorneweg sagen: In dieser Form ist der Antrag für uns einfach nicht zustimmungsfähig.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie fordern zum Beispiel in Ihrem Antrag unter Punkt 4 die Landesregierung auf – ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten –, „sich ebenso dafür einzusetzen, dass auch in der Förderperiode 2014 bis 2020 Mittel aus dem EFRE-Programm zur Bewältigung des Strukturwandels zur Verfügung stehen“.
Liebe Frau von Boeselager, diese Landesregierung muss von Ihnen hier nicht dazu aufgefordert werden. Denn nur der intensiven Arbeit dieser Landesregierung und der Regierungsfraktionen ist es doch zu verdanken, dass trotz einer Neuaufteilung der Mittel und trotz der Schaffung einer neuen Zwischenkategorie im Vorschlag der EU-Kommission die Förderung der für uns so wichtigen Kategorie „wettbewerbsfähige Regionen“ weiter vorgesehen ist. Diese Regierung hat doch maßgeblich dafür gesorgt, dass eine Weiterführung der Förderung aus Strukturmitteln der EU auch für Nordrhein-Westfalen nach 2013 gesichert ist. Da brauchen wir doch Ihre Aufforderung nicht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Stichwort „Wettbewerb“ – Kollege Schmeltzer hat das auch schon angesprochen –: Während der Koalitionsverhandlungen sind Ihre Kollegen aus dem Europaparlament durch Brüssel gelaufen und haben die Mär gestreut, Rot-Grün wolle alle Wettbewerbsverfahren abschaffen. Das haben wir nie vorgehabt; das ist einfach Unsinn. Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt doch schon, dass wettbewerbliche Auswahlverfahren auch in der neuen Förderperiode ein zentrales Instrument zur transparenten Auswahl von Projekten bleiben.
Bitte, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es immer wieder teilweise massive Kritik an den Wettbewerbsverfahren gegeben hat und gibt. Sie sind oftmals zu langwierig. Die Verfahren sind zu kompliziert und passen manchmal nicht auf die Zielgruppen. Deswegen werden sie derzeit in all ihren Phasen evaluiert. Das Ergebnis wird bald vorliegen. Es wird im Ziel-II-Begleitausschuss vorgestellt werden. Wir werden es da diskutieren können. Danach – da bin ich mir sehr sicher – müssen die Wettbewerbsverfahren überarbeitet werden. Erst dann macht es Sinn, mit Wettbewerbsverfahren weiterzumachen. Das ist ein absolut vernünftiges, professionelles Vorgehen ohne ideologischen Schaum vorm Mund. So wird das gemacht. Dann können wir auch wieder mit Wettbewerbsverfahren hier in Nordrhein-Westfalen Strukturpolitik machen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege, entschuldigen Sie bitte. Gestatten Sie eine Zwischenfrage, ich glaube, von Herrn Kollegen Lohn? – Ich darf in dem Zusammenhang bitten, dass die Abgeordneten-Kollegen, die eine Frage stellen möchten, sich zu diesem Zweck auf ihren Platz setzen, weil es sonst manchmal von hier vorne aus nicht klar zu identifizieren ist, wer eine Frage stellen möchte. – Würden Sie eine Frage zulassen?
Stefan Engstfeld (GRÜNE): Nein, ich möchte einmal im Zusammenhang vortragen. Wir können das nachher bilateral klären. – Im Fabelreich angesiedelt ist auch die Befürchtung, jetzt würde in Nordrhein-Westfalen nur noch das Ruhrgebiet gefördert werden und andere Regionen seien von der Förderung ausgeschlossen. – Das ist nicht der Fall. Sie können sicher sein, dass gerade die grüne Fraktion darauf achtet, dass alle die Möglichkeit der Förderung bekommen werden. Einen Ausschluss von Regionen wird es nicht geben.
In einem Punkt aber haben Sie unsere Unterstützung, und zwar beim Thema „Konversion“. Der Abzug der britischen Streitkräfte und die Reform der Bundeswehr werden in vielen Teilen Nordrhein-Westfalens zu erheblichen Problemen führen. Wir sind auch dafür, den betroffenen Städten und Gemeinden neben anderen Unterstützungsmaßnahmen auch die Förderung aus dem EFRE-Programm zu ermöglichen. Da sollten wir zusammen an einem Strang ziehen und gemeinsam marschieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, der vorgelegte Entwurf der Eckpunkte des operationellen Programms für den EFRE nutzt die ihm auferlegten Möglichkeiten voll aus. Ich bin absolut zuversichtlich, dass die rot-grüne Landesregierung am Ende des Prozesses ein für alle Regionen und alle Akteure zufriedenstellendes Programm aufgestellt haben wird. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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