Sigrid Beer: „Wir werden ein Auge darauf haben, dass für die Kinder der Gemeinde Sorge getragen wird“

Gesetzentwurf von SPD, CDU und GRÜNEN zum Schulgesetz

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Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass wir als die Fraktionen, die den Schulkonsens hier im Parlament tragen, auch zu dieser Frage das 12. Schulrechtsänderungsgesetz gemeinsam eingebracht haben.
Mein Kollege Kaiser hat schon sehr genau auf die Details hingewiesen; meine Kollegin Frau Hendricks hat das sehr ausführlich getan. Deswegen will ich mir auf die großen Linien beschränken. In der Tat sind es neben den Rechtsbereinigungen drei wesentliche Punkte, die uns gemeinsam auf dem Weg in die Anhörung begleiten.
Das eine ist die Frage der Schulleitung. Es ist so, dass mit dem Schulrechtsänderungsgesetz 2006 vollkommen falsche Erwartungen gehegt worden sind bei den Schulkonferenzen, vor allen Dingen bei den Eltern, die meinten, sie könnten jetzt über die Schulleitung bestimmen. Leider mussten sie wahrnehmen, dass das Beamtenrecht diese Regelung nicht zulässt und dass natürlich die Bestenauslese greift. Das hat die Bezirksregierung oft in die Rolle des Schwarzen Peters und des Sündenbocks gebracht, die diese rechtlichen Regelungen dann auch durchsetzen mussten.
Um diese unschönen Situationen jetzt zu bereinigen, haben wir eine Neuordnung vorgenommen, die eine klare Beteiligung der Schulkonferenzen und des Schulträgers vorsieht und auch deutlich macht, in welcher Rolle das passieren kann. Es wird den Schulkonferenzen in Zukunft im Vorfeld mit mehr Informationen die Bewerberinnenlage dargestellt, sodass da eine entsprechende Entscheidung gefällt werden kann. Also: Rechtsbereinigung in größerem Umfang auch hier, damit wirklich das Schulgesetz zu den rechtlichen Realitäten passt und alle Beteiligten wissen, wie es im Verfahren gut gelingen kann.
Der zweite Punkt ist in der Tat die dynamische Schulentwicklung, die wir in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage des Schulkonsenses feststellen können. Ich möchte an dieser Stelle, und wir haben das sehr bewusst gemacht, die Empfehlung der Bildungskonferenz ins Gedächtnis rufen, die wir jetzt in der aktuellen Runde noch einmal bekräftigt haben, mit der die Bildungskonferenz festgestellt hat, dass die Empfehlung vom Mai 2011 weiterhin Bestand hat. Ich will sie gerne zitieren:
„Jede Schule übernimmt die Verantwortung für den Bildungsweg der ihr anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Es ist Aufgabe und Zielsetzung der Schule, gemeinsam mit den Eltern, die von ihr aufgenommenen Kinder und Jugendlichen unter Wahrung der Bildungsstandards zumindest zum ersten von ihr angebotenen Abschluss (Sekundarstufe I) zu führen.“
Das bleibt weiterhin die Aufgabe.
Wir haben in der Bildungskonferenz auch noch einmal – das war sehr eindrücklich – feststellen können, dass wir das integrierte System jetzt in der Landesverfassung verankert haben, und dass es genau zwei Wege für die Eltern gibt. Es muss bei der Anmeldung zur weiterführenden Schule viel transparenter dargestellt werden, wohin der Weg im gegliederten Schulsystem führt, falls es doch zu einer Entscheidung mit den Eltern kommt, dass die Schule verlassen werden sollte.
Deswegen ist es wichtig, dass wir gerade aufgrund der demografischen Entwicklung auch an den Standorten, wo es nur noch ein eingeschränktes Schulangebot gibt, dafür Sorge tragen, dass dort die Kinder vor Ort weiter beschult werden können. Auf die Problematik der Hauptschulen hat Herr Kaiser schon hingewiesen. Die Schulen sollen genau das auch rechtlich tun dürfen, was sie gerne tun wollen, nämlich die Kinder ihrer Gemeinde gelingend zu beschulen. Bezüglich der Qualitätssicherung sind wir uns vollkommen einig. Für alle Schulen und alle Schulformen gilt: Wir werden ein Auge darauf haben, dass vor Ort für die Kinder der Gemeinde Sorge getragen wird. Dass uns die individuellen Bildungsverläufe wichtig sind und dass wir all diese Entscheidungen aus dem Blick der Kinder und Jugendlichen treffen, das ist das, was uns in diesem Gesetzentwurf auch eint.
Ich will nun zu dem dritten Punkt kommen. In der Tat ist es zunächst deklaratorisch das nachzuvollziehen, was das Bundesverfassungsgericht uns in der Frage des Kopftuchparagrafen aufgegeben hat. Wir werden auch hier in einen Diskurs hineingehen – Frau Hendricks und Herr Kaiser haben dies bereits angedeutet – und gemeinsam über die Auswirkungen des Bundesverfassungsgerichtsurteils mit der Perspektive „Anhörung“ miteinander reden. Wir möchten sowohl mit den Kirchen als auch mit den muslimischen Verbänden und natürlich ebenfalls mit den Vertretern der jüdischen Gemeinden sprechen, sodass wir insgesamt übereinkommen, wie wir das Schulgesetz gegebenenfalls an anderen Stellen in der Folge ausgestalten können und werden.
Wichtig ist, dass das Bundesverfassungsgericht klargestellt hat, dass es hier keine Diskriminierung geben darf, sondern eine rechtliche Gleichstellung erfolgen muss, so wie es das Grundgesetz vorgesehen hat. Ich habe schon erwartet, dass dieses Urteil so kommen wird, weil wir über die Gleichstellung miteinander reden müssen. Wir sind in vielen anderen Diskursen, wir haben schon lange den islamischen Religionsunterricht hier im Land. Daher haben wir auch einen festen Diskurs mit allen Partnern sowohl der muslimischen Verbände wie auch der Kirchen installiert.
Auf diesen Weg werden wir uns jetzt machen. Ich freue mich auf die Anhörung und die weitere Beratung hier im Haus.
(Beifall von den GRÜNEN und Klaus Kaiser [CDU])

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