Sigrid Beer: „Wir bekennen uns zu dem Recht auf Bildung im Integrationsplan und wir setzen es verlässlich um“

Nachtragshaushalt 2016

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Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schon beachtlich, dass sich Herr Kollege Optendrenk um zwei Dinge herumgedrückt hat: Er hat nichts dazu gesagt, warum die CDU-Fraktion zum Thema „Bildung“ keine Änderungsanträge eingebracht hat. Das ist wieder Leerstelle geblieben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann finde ich es schon bemerkenswert, dass ausgerechnet die Fraktion, die in der Tat die Kommunen um fast 4 Milliarden € geschröpft hat, kein Wort dazu verliert, dass diese Landesregierung schon mehr als 4 Milliarden € auf den Weg gebracht hat, um die Kommunen bei der Integrations- und Flüchtlingsarbeit zu stärken. Auch das drücken Sie immer wieder weg. Machen Sie doch bitte einmal die persönliche Bilanz auf, wer mehr für die Kommunen vor Ort geleistet hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Optendrenk?
Sigrid Beer (GRÜNE): Natürlich, gerne.
Vizepräsident Oliver Keymis: Das haben wir uns gedacht. – Bitte schön, Herr Kollege.
Dr. Marcus Optendrenk (CDU): Frau Kollegin Beer, danke, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Sind Sie denn darüber informiert, wie viele Hundert Stellen im Bereich der Schulen derzeit unbesetzt sind, die erst einmal besetzt werden müssten, wenn Sie zusätzlich Stellen für Bildung für diesen Haushalt bzw. für diesen Nachtragshaushalt einfordern? Wir werden ja sicher noch ein Konzept für 2017 beraten müssen.
(Beifall von der CDU)
Sigrid Beer (GRÜNE): Schön, dass wir auf Ihr Konzept für 2017 warten. Hier arbeiten die Landesregierung und die Schulministerin. Von 185.000 Köpfen Stellenanteilen die wir in Nordrhein-Westfalen haben, sind 1.000 Stellen zurzeit nicht besetzt, und täglich wird weiter besetzt. Das ist genau der Punkt: Wir haben eine fast hundertprozentige Besetzungsquote. Das gilt landesweit, das muss man einmal deutlich sagen.
Herr Dr. Optendrenk, wenn Sie eine solche Bilanz vorzuweisen hätten, würden Sie anders darüber reden. Wir sind stolz, es geschafft zu haben, genau diese Ressource immer wieder in die Schulen zu bringen. Wenn wir nicht gegengesteuert, sondern die Lehramtsausbildungsplätze wie von Schwarz-Gelb geplant belassen hätten, sie nämlich zu reduzieren, dann hätten wir es bis heute nicht geschafft, diese Besetzungsquote immer wieder hinzubekommen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Ministerin Sylvia Löhrmann)
Rot-Grün steht für eine verlässliche Politik, und was wir versprochen haben und was wir versprechen, dafür stehen wir ein und das setzen wir auch verantwortungsbewusst um.
Das zeigt auch dieser zweite Nachtrag. Mit den heute vorliegenden Anträgen gerade der regierungstragenden Fraktionen investieren wir weiter in Integration in Bildung und nehmen Anregungen aus den Anhörungen auf. Das tun wir, ohne der Versuchung zu erliegen – da will ich den Kollegen Stamp doch einmal deutlich ansprechen –, Potemkinsche Dörfer aufzubauen. Ich will das gerne noch einmal an der Frage der Schulpflicht erörtern. Das Land Bayern verkündet die Schulpflicht bis 21. Was ist die Realität? Bis zu zwei Drittel der betroffenen Schülerinnen und Schüler werden von der Schulbehörde freigestellt, weil überhaupt keine Kapazitäten dafür vorhanden sind. Das ist ein Unding. Solche Politik werden wir hier in Nordrhein-Westfalen nicht machen. Wir haben eine breite Bildungslandschaft, wir beziehen die Berufskollegs und die Weiterbildungskollegs ein, außerdem die gemeinwohlorientierte Weiterbildung. Dafür statten wir die Systeme aus, auch mit den Anträgen, die heute hier vorliegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die Ministerin hat schon darauf hingewiesen: Mit dem Angebot, das wir machen, ist nicht nur eine Berufsvorbereitung wie in Bayern verbunden, sondern das Ziel eines Bildungsabschlusses.
Aber diese fachliche Debatte wäre im Rahmen der Verhandlung überhaupt nicht möglich. Da galt nämlich: Entweder man sagt zu dem, was die FDP und was der offensichtlich designierte Fraktionsvorsitzende vorzulegen hat, „ja“, oder es geht nicht. Dann wird ausgestiegen. Das ist die Realität in den Verhandlungen gewesen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir bekennen uns zu dem Recht auf Bildung im Integrationsplan und wir setzen es verlässlich um. Deswegen stärken wir die Weiterbildung, die Berufskollegs und auch die Weiterbildungskollegs.
Ich will auch dabei noch einmal in Richtung Berlin sagen: Wir warten darauf, dass die Bundesbildungsministerin, Frau Wanka, endlich ihr Okay dazu gibt, dass vor Ort in den Weiterbildungskollegs unbürokratisch die beruflichen Vorerfahrungen der Geflüchteten anerkannt werden, damit diese Kapazitäten in Nordrhein-Westfalen genutzt werden können.
Fraktionsübergreifend – da bin ich den Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar – haben wir in Richtung Berlin signalisiert, dass das ein dringendes Anliegen ist. Wir haben bis heute keine Antwort erhalten. Deswegen müssen wir dabei weiter aktiv bleiben. Da wünsche ich mir, dass wir zusammenstehen und das weiter so tun.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben auch von der FDP keinen Antrag auf zusätzliche Investitionen bekommen. Der Katalog ist mit nichts hinterlegt.
Ich weiß nur, dass Herr Witzel immer Einsparungen fordert. Ich möchte wissen, wie das jetzt zusammengeht. Was ist denn mit den 14.000 Stellen, die Sie immer eingespart haben wollten? Warum gibt es keine andere offizielle Aufstellung der Fraktion? Sie versuchen, uns Ihre bigotte Haltung zu vermitteln.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Herr Stamp fordert auf der einen Seite Investitionen. Diese Forderung ist mit nichts hinterlegt, es sei denn, er hat die Idee, man könne etwas im Umweltministerium einsparen. Das ist der einzige Vorschlag.
Herr Witzel kommt dann wieder mit Einsparungen in Höhe von 700 Millionen € und in Höhe von 14.000 Stellen im Landesdienst: Lehrer, Polizei, Justiz – wir alle wissen, was davon betroffen ist. Das hat die FDP bis heute nicht aufgelistet. Deswegen ist sie unglaubwürdig bei jedem Haushaltsvortrag und bei jeder inhaltlichen Debatte seit heute früh.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich will natürlich auch darauf verweisen – Herr Kollege Zimkeit hat es auch schon genannt –, dass wir in die frühkindliche Bildung und auch in Brückenkurse investieren, damit wir Integrations- und Sprachkurse für beide Eltern sofort wirksam werden lassen können und damit die Kinder andockend an bestehende Strukturen auch bereits niedrigschwellig in Betreuung kommen. Wir setzen auf die Strukturen, die wir vorsorgend geschaffen haben und die wir ausbauen wollen. Wir setzen auf die Integrationsnetzwerke, die wir haben. Wir wollen vor allen Dingen einen effizienten Mitteleinsatz. Wir wollen nicht immer neue Doppelstrukturen schaffen. Deswegen sind wir mit dieser Politik erfolgreich.
Wir werden die Umsetzung aller Maßnahmen weiterhin sorgsam begleiten, auf sie schauen und nachsteuern, wie es unsere Art ist, wenn es notwendig ist. Denn wir machen verantwortlich und verlässlich für Nordrhein-Westfalen Politik. Was wir versprechen, halten wir auch.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Michele Marsching [PIRATEN]: Na ja, manchmal! – Zuruf von der CDU: Na ja!)

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