Sigrid Beer: „Uns geht es darum, im Parlament einen Bericht zu haben und im Austausch zu sein“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Weiterentwicklung der Inklusion

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Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie schon im Antrag ausgeführt, hat die rot-grüne Landesregierung im März 2017 das Deutsche Institut für Menschenrechte beauftragt, als Monitoringstelle die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Nordrhein-Westfalen zu fördern und zu überwachen.
Dieses Monitoring betrifft alle Lebensbereiche. Damit hat sich die damalige Landesregierung und das Parlament insgesamt einer sehr kritischen Reflexion gestellt, um den Umsetzungsprozess der Inklusion zu begleiten und sofort auf notwendige Korrekturen eingehen zu können.
Dass dort Korrekturen – Weiterentwicklungen, Umsteuerungen – notwendig sind, ist sicher­lich unzweifelhaft. Das haben wir auch in der letzten Legislatur, zum Beispiel im Schulaus­schuss, sehr deutlich besprochen. Diese Aufgabe stellt sich. Eine kritische Selbstreflexion ist also angebracht.
Das Institut hat nach dem gestrigen Konsultationstag eine erste Pressemitteilung herausge­geben. Besonders im Schulbereich wurde großer Handlungsbedarf angezeigt und gleichzeitig die Zielrichtung benannt. Die UN-Konvention gibt klar den Auf- und Ausbau der inklusiven Schule vor und spricht sich gegen Segregation aus.
Die Stellungnahmen der Verbände, die zum Teil schon öffentlich geworden sind, aber nicht alle, sagen sehr deutlich, dass gerade im Schulbereich die bisherigen Erwartungen an die neue Landesregierung enttäuscht worden sind.
Es ist versprochen worden, inklusive Schulen besser personell auszustatten – das tragen wir ausdrücklich mit –, das Fortbildungsangebot deutlich auszubauen und den weiterführenden Schulen gut aufgestellte inklusive Schwerpunktschulen einzurichten. Dazu liegen bis heute keinerlei Konzepte vor. Das wird von den Eltern angemahnt, die ihre Kinder inklusiv und durch gemeinsames Lernen beschulen wollen.
Es wird deutlich, dass es auch Probleme gibt mit dem, was angekündigt worden ist, nämlich ein Moratorium auszusprechen. Klärung ist gut, aber es muss dann zu Konsequenzen und zu Konzepten kommen.
Deswegen ist es jetzt gut und richtig, diesen Prozess der Monitoringstelle zu nutzen, dass wir in die Stellungnahmen hineinschauen und uns anschauen, welche Analysen und Bewertun­gen durch die Monitoringstelle vorgenommen werden – und das nicht nur im Schulbereich, aber da sind Fragen besonders drängend, weil das Schuljahr im August beginnen wird.
(Unruhe)
Präsident André Kuper: Frau Beer, darf ich Sie gerade einmal unterbrechen? – Liebe Kol­leginnen und Kollegen, der akustische Level der Unterhaltung ist derzeit so hoch, dass wir eine starke Unruhe haben. Es wäre nett, wenn Sie die Unterhaltungen in der Lautstärke etwas dämpfen. Danke schön.
Sigrid Beer (GRÜNE): Danke schön, Herr Präsident! – Es bezieht alle Lebensbereiche ein, weil natürlich auch die Fragen der Neuordnung der Bauordnung oder Mobilitätsfragen die Rechte der Menschen mit Behinderungen befassen. Überall gibt es Initiativen, die wir hier gemeinsam diskutieren.
Deshalb unser Antrag, dass wir uns die Ergebnisse und Stellungnahmen jetzt sehr zeitnah in den Fachausschüssen anhören möchten. Ich bitte Sie, dieses Verfahren dann auch entspre­chend konstruktiv zu begleiten, damit wir in allen Handlungsfeldern zeitnah zu guten Entschei­dungen kommen können. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt
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Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass natürlich die Monitoring-Stelle unabhängig ist. Aber sie berich tet der Landesregierung. Uns geht es jedoch darum, jetzt im Parlament einen Bericht zu ha­ben und im Austausch zu sein. Das ist ja das Recht des Parlamentes. Daher bitten wir, das in den Fachausschüssen zu beraten. Die Monitoring-Stelle wird dann entscheiden, in welcher Art und Weise sie sich in die Diskussion einbringen kann. Das Gleiche gilt für die Verbände.
Aber warum ist es jetzt wichtig, das zu tun? – Weil jetzt Entscheidungen anstehen. Es stimmt ja nicht, dass erst zum Schuljahr 2019/2020 Entscheidungen getroffen werden. Gerade wird etwas vorbereitet, das hat Auswirkungen. Die Frage, ob keine neuen Schulen zum Beispiel mehr in den Inklusionsprozess eingehen können, hat dramatische Auswirkungen auf das Platzangebot. Und in welche Richtung wird weiterentwickelt? Ich denke, dazu können uns die Behindertenverbände und auf der anderen Seite auch die Monitoring-Stelle wichtige Hinweise geben.
Herr Rock, ich denke, wir werden eine Anhörung machen müssen, damit wir genau in diesen Diskurs mit hineinkommen.
Ein letztes Wort an Herrn Seifen. Das Inklusionspositionspapier in Thüringen sieht zurzeit sogar vor, dass sie möchten, dass Eltern und andere Schüler darüber abstimmen können, ob behinderte Kinder in ihren Unterricht kommen. Die UN-Behindertenrechtskonvention Inklu-sion ist ein Menschenrecht.
(Helmut Seifen [AfD]: Genau!)
Das ist der Grundsatz! Darüber stimmen wir nicht nach Beliebigkeit ab.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Und diesen Grundsatz hat die KMK im Jahr 2010 auch bekräftigt. Und von diesem Weg wird in Nordrhein-Westfalen nicht abgewichen.
(Markus Wagner [AfD]: Dieses Menschenrecht ist bereits erfüllt, Frau Beer! – Christian Loose [AfD]: Förderschulen waren Menschenrecht! Die haben Sie abgeschafft! Darunter leiden die Kinder!)
Wir werden uns über die Frage der Entwicklung unterhalten, aber um das Menschenrecht geht es nicht mehr.

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