Sigrid Beer: „So geht es nicht!“

Antrag von CDU und FDP zur Beschulung von Flüchtlingskindern

###NEWS_VIDEO_1###
Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn argumentativ gar nichts mehr geht, dann muss aber die Ideologiekeule herausgeholt werden. Dabei wäre einfaches Lesen schon ganz wertvoll.
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
– Ja, liebe Kolleginnen Vogt und Gebauer, ich habe gerade gedacht, eigentlich war es richtig gut und ein Vorschlag zur Güte, dass wir das nicht vor den Sommerferien debattiert haben – dann hätte man sich diese Peinlichkeit der Vorstellung heute ersparen können. Da muss ich also wirklich an das anschließen, …
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
– Frau Kollegin, damit es im Protokoll steht, denn Sie haben mich quasi der Lüge bezichtigt, zitiere ich aus dem Erlass:
„Der gemeinsame Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Zuwanderungsgeschichte schafft gegenseitiges Verständnis und leistet einen besonderen Beitrag für die schulische und gesellschaftliche Integration der Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte. Darum hat gemeinsamer Unterricht Vorrang vor jeder getrennten Form.“
Dann heißt es unter
„1. Regelklassen
1.1 Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte besuchen grundsätzlich Regelklassen in der von ihnen besuchten Schule und nehmen grundsätzlich am gesamten Unterricht teil. Sie erhalten bei Bedarf zusätzlichen Förderunterricht in Deutsch und werden individuell gefördert. …
2. Vorbereitungsklassen
2.1 … Für Schülerinnen und Schüler, die während des Schuljahres den Schulbesuch aufnehmen, ist die Bildung von Auffangklassen … bei Bedarf möglich. …
2.2 Die Entscheidung über die Zuweisung in eine Vorbereitungsklasse trifft die Schulaufsichtsbehörde …“
Ich zitiere aus dem Erlass, den die Kollegin schon angesprochen hat, von 2009, zuletzt aktualisiert 2014 – ideologisches Gedankengut der schwarz-gelben Landesregierung. Wie peinlich ist das denn, was Sie hier zelebrieren wollen?
(Beifall von den GRÜNEN und Eva Voigt-Küppers [SPD])
Vielleicht legt man das wirklich einmal nebeneinander. Jetzt kann ich gern aus dem neuen Erlass zitieren, das ist nämlich substanziell nicht geändert, und da heißt es jetzt:
„Alle neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler sind vom Zeitpunkt der Aufnahme an Schülerinnen und Schüler der aufnehmenden Schule. Sie werden dort in der Regel in einer Klasse der ihrem Alter entsprechenden Jahrgangsstufe und nach deren Stundentafel unterrichtet (Regelklasse).“
Und dann heißt es:
„Schülerinnen und Schüler, deren Kenntnisse in der deutschen Sprache eine erfolgreiche Teilnahme am gesamten Unterricht nach der Stundentafel .. nicht ermöglichen, erhalten eine intensive und individuelle Förderung in der deutschen Sprache nach folgenden Maßgaben:
Sie „kann in innerer und in äußerer Differenzierung durchgeführt werden“ – und entgegen dem alten Erlass, Frau Kollegin Gebauer, ist die Frage der Einrichtung schulinterner Sprachfördergruppen der Schulleitung zur Entscheidung im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen gegeben.
Das heißt doch, Sie haben hier ein Potemkinsches Dorf aufgebaut. Das ist doch ein Popanz, den Sie versucht haben, hier in zwei mal fünf Minuten darzustellen. Das hat mit der Realität nichts zu tun, und das müsste Ihnen doch langsam aufgegangen sein.
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
Lesen bildet, Vergleichen bildet, und wenn Sie noch nicht einmal den alten Erlass neben den neuen legen bei der Vorbereitung, dann ist das eine schwache Performance. Das hätte ich mindestens von Ihnen erwartet. In der Ressourcenfrage hat es auch nicht den Abstrich einer halben Stelle im Land gegeben, und das wissen Sie auch ganz genau.
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
Weil nichts anderes hilft, kommen Sie dann mit der Ideologiekeule. Wie gesagt, schwächer kann es eigentlich nicht sein! Sie haben zu Recht – und das finde ich gut, ich hätte es sonst auch gemacht –, den Audiomitschnitt angefordert, aber Erkenntnisse haben Sie daraus irgendwie nicht gezogen. Also war das Ressourcenverschwendung, auch vom Protokolldienst, denn da würde ich mir doch erhoffen, dass dann das Verständnis steigt.
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
Frau Kollegin Gebauer, Sie bezichtigen mich hier, die Unwahrheit gesagt zu haben, und dann müssen Sie sich der Debatte stellen und sich gefallen lassen, dass man Ihnen nachweist, dass Sie Unfug geredet haben und offensichtlich noch nicht einmal alten und neuen Erlass kennen und gegeneinandergehalten haben.
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
Wir machen hier mit Ihnen keine Rosstäuscherei mit, sondern ich habe Wert darauf gelegt, dass das im Protokoll steht, was im alten und neuen Erlass ist, weil Sie versuchen, die Schullandschaft im Land Nordrhein-Westfalen zu verunsichern. Das ist das einzige, was Sie in dieser Frage antreibt, …
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
… und deswegen muss ich sagen: So geht es nicht!
(Beifall von den GRÜNEN)
Das Ministerium hat auf die Hinweise reagiert, hat kommuniziert und ist weiter dabei, um genau das, was Sie versucht haben mit anzulegen, eben nicht in der Landschaft verfangen zu lassen.
So geht es nicht, und deswegen hätte ich mir gewünscht, Sie hätten diesen Antrag zurückgezogen. Das haben Sie leider nicht, dann müssen Sie aber auch mit dieser Resonanz rechnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)