Sigrid Beer: „Sie weisen in Ihrem Antrag zu Recht darauf hin, dass sich die Gesellschaft geändert hat. Das ist auch unsere Diskussionsgrundlage.“

Antrag der FDP zu nicht-konfessionellem Werteunterricht

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Gebauer! Ich habe mich über Ihren Antrag gefreut. Erst einmal fühle ich mich geehrt, dass Sie so aufmerksam das verfolgen, was wir politisch diskutieren, und das dann auch gut finden.
(Yvonne Gebauer [FDP]: Aha!)
– Es sind ja auch Wiederentdeckungen mancher liberaler Elemente, habe ich mir so gedacht. Es könnte ja sein, dass man sich statt auf Namen mal wieder auf das besinnt, was wirklich drinsteckt.
Sie weisen in Ihrem Antrag zu Recht darauf hin, dass sich die Gesellschaft geändert hat. Das ist auch unsere Diskussionsgrundlage. Wir müssen darüber reden, wie man das Angebot im Land verändern muss. Ich will noch mal sagen, wie die amtlichen Schuldaten für das Schuljahr 2012/2013 in den Grundschulen ausgesehen haben: 37,5 % der Grundschüler und -schülerinnen werden als katholisch geführt, 25,3 % als evangelisch, 15,7 % als muslimisch. Fast genauso viele Schüler und Schülerinnen, nämlich 17 %, sind ohne Konfessionszugehörigkeit.
Wir wollen auf diese veränderte Gesellschaftslage, wie Sie sie richtig beschrieben haben, reagieren. Das bedeutet aber nicht, weil Sie etwas entdeckt haben, was Sie auch gut finden, zu sagen: Jetzt muss das hopplahopp umgesetzt werden. – Dazu brauchen wir auch einen Diskurs. Wenn Sie sich angeschaut haben, wie in anderen Bundesländern das Fach konzipiert und wie es auf den Weg gebracht worden ist: Das ist genau die Herausforderung, auch hier zu einem gesellschaftlichen Diskurs über die Frage zu kommen: Was heißt ethische Grundhaltung? Was heißt, die Sinnfragen miteinander zu erörtern? Wie kann das in der Grundschule eigentlich gelingen?
In der Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts gibt es schon sehr lange zum Beispiel das Philosophieren mit Kindern. An der Universität Münster beschäftigt sich eine Fakultät besonders mit diesen Fragen.
Wir müssen miteinander darüber reden: Wie kann man ein solches Fach entwickeln? Welche Elemente gehören dazu? Was bedeutet das auch im Konzert mit dem konfessionellen Religionsunterricht oder dem Unterricht, den wir jetzt zusätzlich eingeführt haben – die Kollegin Hendricks hat es schon gesagt –, was den islamischen Religionsunterricht, den alevitischen Religionsunterricht und den jüdischen Religionsunterricht angeht oder auch die Gruppe der Syrisch-Orthodoxen betrifft, die das auch gerne für sich haben wollen.
Das alles sind Fragen, die ein bisschen komplexer sind. Trotzdem müssen diese Fragen angegangen werden. Da gebe ich Ihnen recht. Deswegen wird das sicherlich eine spannende Diskussion auch im Ausschuss werden.
Das ist jetzt mein Impuls an Sie, Frau Gebauer: Wenn man gesellschaftliche Verhältnisse in der Tat so konstatiert, wie Sie es getan haben, dann finde ich es schade, dass Sie sich an der Diskussion um die Frage der Bekenntnisgrundschulen im Land bisher nicht beteiligt haben, jedenfalls die Einladung in dieser Art und Weise nicht aufgenommen haben.
Das wäre jetzt vielleicht ein Impuls. Wir haben mit den schulpolitischen Sprechern und Sprecherinnen das Thema erörtert. Wir sind in einem Gesprächszusammenhang mit den Kirchen. Vielleicht wäre das jetzt genau die Möglichkeit, in diesen Prozess mit hineinzukommen. Ich will Sie eindrücklich einladen, daran teilzunehmen, damit wir, wie die Kollegin Hendricks es vorhin gesagt hat, diese Frage möglichst breit getragen miteinander bearbeiten. Vielleicht gibt das einen neuen Impuls auch innerhalb der Fraktionen, darüber zu reden, dass es dort Veränderungsnotwendigkeiten gibt, und zu überlegen, wie man das im Konsens miteinander beschreiben kann.
Es wäre schön, nicht nur darauf zu warten, was die Regierungsfraktionen vorlegen, sondern in den Prozess mit hineinzugehen. Vielleicht ist das jetzt ein Anfang von der anderen Seite, dieses Thema auch noch mal miteinander aufzunehmen. Das würde ich mir wünschen. Das gilt natürlich nicht nur für die FDP-Fraktion. Das gilt genauso für die CDU-Fraktion. Mit den Piraten sind wir dazu schon in intensivem Austausch und Gespräch.
Das Thema könnten wir vielleicht nach den Ferien miteinander angehen. Das ist noch einmal ein Impuls für die gesamte Fraktion. Wir treffen uns zu diesem Thema sonst nur auf Podien oder in den Gesprächsrunden der Obleute. Hier gibt es jetzt vielleicht aber noch einen anderen Aufschlag. – Herzlichen Dank.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Religion, Schule