Sigrid Beer: „Schon die bestehende Regelung hat dafür gesorgt, dass wir ganz klare Beschäftigungsverhältnisse bei den Abgeordneten haben“

Gesetzentwurf der Piraten zur Änderung des Abgeordnetengesetzes

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Marsching, ich bin schon sehr erstaunt und irritiert über die Einbringung dieser Rede und das, was Sie hier an den Anfang gestellt haben. Das ist in der Tat der Versuch des Erzeugens einer Vorstellung, hier liefe irgendetwas falsch. Es gibt keinen Verstoß gegen das Abgeordnetengesetz! Das ist bereits vom Präsidium so ausgesagt worden. Außerdem bitte ich darum, dass Sie einen Vorgang, der den Rat von Recklinghausen betrifft, nicht mit Vorgängen auf der Ebene des Landtags vermischen.
(Beifall von der CDU)
Wenn Sie nicht Zeitung lesen können, dann bringen Sie hier doch keine falschen Behauptungen hinein und versuchen, Nebelkerzen zu werfen. Sie sollten auch einfach mal Ihr Verhältnis zum Parlamentarismus, dessen Teil Sie geworden sind, klären. Das wäre sehr angebracht.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)
Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, es gäbe aktuellen Regelungsbedarf in Bezug auf die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen in Abgeordnetenbüros, weil die Vorgaben nicht korrekt gehandhabt würden. Das ist eben nicht der Fall.
(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)
Im Landtag von NRW – das haben meine Kollegen schon ausgeführt – gibt es seit Langem drei strikte Regelungen, die eine hohe Hürde bedeuten. Ich will sie noch mal nennen.
Erstens. Aufwendungen bei Abgeordneten, die anlässlich der Beschäftigung von Ehegatten, von Ehegatten anderer Mitglieder des Landtags, von eingetragenen Lebenspartnern und -partnerinnen, von Verschwägerten und Verwandten ersten und zweiten Grades entstehen, werden nicht übernommen.
Zweitens. Wie von Herrn Herter und Herrn Haardt schon richtig angemerkt worden ist, sind die Abgeordneten für Verträge mit Mitarbeitern gar nicht selbst zuständig, auch die Fraktionen nicht. Die Bearbeitung liegt in der Zuständigkeit der Landtagsverwaltung.
Drittens sind keine Überkreuzbeschäftigungen von Abgeordneten­mitarbeiterinnen zulässig. Das ist in der Tat eine sehr harte Regel, die so nicht flächendeckend gehandhabt wird.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Abgeordnete, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schulz zulassen?
Sigrid Beer (GRÜNE): Ja, gerne, Herr Schulz.
Dietmar Schulz (PIRATEN): Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin Beer, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ist Ihnen bekannt und wollen Sie zur Kenntnis nehmen, dass vonseiten des Kollegen Marsching mit keinem Wort behauptet worden ist, dass auf der Grundlage der bestehenden Gesetzeslage, sprich: des Abgeordnetengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, ein Missbrauch in diesem Landtag vorliegt, dass stattdessen wir einen Antrag gestellt hatten, der diese Regelung, die im Abgeordnetengesetz vorhanden ist, erweitern möchte auf mindestens das Niveau der Bundesländer, die Herr Kollege Marsching eben genannt hat? Ich möchte darauf hinweisen, dass es zumindest in einem Bundesland, nämlich in Rheinland-Pfalz, sogar eine noch weiter gehende Regelung gibt, welche Verwandte grundsätzlich von einer Beschäftigung ausschließt.
Sigrid Beer (GRÜNE): Lieber Kollege Schulz, ich habe gelesen, was Sie vorgelegt haben, welche Regelung Sie wollen. Ich habe gehört, was Herr Marsching vorgetragen hat.
(Beifall von der CDU und der FDP)
Das war der Vorwurf, hier hätte es in den letzten Jahren Unregelmäßigkeiten gegeben. Das hat er mit einem Zitat aus der „Recklinghäuser Zeitung“ belegt. Das war ein vollkommener Fehlstart. Wenn er seine Rede gelesen hat, erwarte ich, dass er sich hier beim Haus dafür entschuldigt.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Wir sind aber natürlich offen dafür, über die Weiterentwicklung von Regelungen miteinander zu sprechen. Das machen wir im Augenblick sowieso. Wir machen es in Bezug auf die Transparenzregeln. Wir machen es gemeinsam in der Arbeitsgruppe zur Erweiterung der Geschäftsordnung. Wir reden auch darüber, die Anpassung der Abgeordnetenbezüge in diesem Jahr aussetzen zu wollen.
Deswegen hätte es dieses Antrags und eines Gesetzentwurfs überhaupt nicht bedurft. Es gab in der Tat das Angebot, gemeinsam mit allen Fraktionen auf unsere Regelungen zu gucken und genau zu analysieren, wo was weiterentwickelt werden muss.
Von daher ist das hier eine reine Show- und Klamauk-Veranstaltung. Sie haben sich aus dem Prozess, den wir längst miteinander vereinbart hatten, verabschiedet, das ganz akribisch durchzugehen. Sie sind doch noch in die Arbeitsgruppen einbezogen. Tun Sie also nicht so, als ob das alles ohne Sie stattfinden würde. Diesen Anschein wollen Sie hier nämlich erwecken. Dabei befinden wir uns in gemeinsamen Prozessen und reden längst über andere Dinge.
Wir nehmen diesen Gesetzentwurf mit, werden ihn in die normalen Prozesse einbinden und in den Arbeitsverfahren beraten, die wir sowieso haben. Wir werden aber auch sehr genau hinschauen, was praktikabel und zuverlässig ist, damit wir eine klare Regelung erhalten. Gegebenenfalls werden wir die bestehende Regelung in Nordrhein-Westfalen erweitern. Schon die bestehende Regelung hat dafür gesorgt, dass wir ganz klare Beschäftigungsverhältnisse bei den Abgeordneten haben. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)