Sigrid Beer: „Mir ist es sehr wichtig, dass es in diesem Prozess gelungen ist, keine antikirchlichen, antireligiösen Reflexe in dem öffentlichen Diskurs heraufzubeschwören.“

Gesetzentwurf von SPD und GRÜNEN zur Umwandlung von Bekenntnisgrundschulen

###NEWS_VIDEO_1###
Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Römer hat gerade schon die Details des Gesetzentwurfs erläutert, die uns auch sehr wichtig sind.
Ich will gerne die Gelegenheit ergreifen und zu Beginn die evangelische Landeskirche, die sich bei dem Bekanntwerden in der Öffentlichkeit, dass wir diesen Gesetzentwurf einbringen, zitieren: Zuwanderungsbewegungen und die verstärkte Mobilität haben die konfessionelle und religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung in Deutschland nachhaltig verändert. Das führt insbesondere in Regionen, wo es kein in zumutbarer Entfernung erreichbares Angebot von Gemeinschaftsgrundschulen gibt, zu einem verstärkten Klärungsbedarf hinsichtlich des existierenden Grundschulangebots vor Ort.
Ja, es ist so, die Kirchen sehen selbst Veränderungsbedarf. Deswegen bedanke ich mich ausdrücklich bei unseren Gesprächspartnern. Wir haben als regierungstragende Fraktionen seit anderthalb Jahren einen intensiven Dialogprozess und haben auch respektiert, dass die Kirchen in diesem Prozess ihre Zeit gebraucht haben, um sich landesweit mit den Fragen auseinanderzusetzen. Es ist ein sehr deutliches Votum: Wir gehen mit. Wir wollen den Veränderungen Rechnung tragen. Gleichwohl gibt es bei uns im Land noch sehr viele konfessionell gebundene Familien, und deswegen wollen wir in den Bekenntnisschulen dafür sorgen, dass dort nicht nur „Bekenntnisschule“ draufsteht, sondern auch ein entsprechendes Profil vorhanden ist.
Gleichzeitig sehen sie natürlich auch die allgemeinen Probleme zum Beispiel in der Lehrer- und Lehrerinnenversorgung, das heißt: Unterricht und Qualität müssen gewährleistet sein. Daher auch die eben schon angesprochene Öffnung.
Mir ist es sehr wichtig, dass es in diesem Prozess gelungen ist, keine antikirchlichen, antireligiösen Reflexe in dem öffentlichen Diskurs heraufzubeschwören, sondern dass wir gemeinsam Verantwortung dafür übernehmen wollen, dass Kinder gemeinsam gut beschult werden können. Ich bin auch den Kirchen dankbar, dass sie geäußert haben, es soll keine Monokulturen in Gemeinden geben. Wenn darauf hingewiesen worden ist, in wie vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen es im Augenblick nur Bekenntnisgrundschulen gibt, dann sind auch da der Veränderungswille und die Veränderungsbereitschaft deutlich geworden.
Ich habe auch sehr dankbar zur Kenntnis genommen, was bezüglich der großen Problemlagen, die sich ergeben haben, gesagt worden ist. Ich will auf den sehr bedauerlichen Fall in Paderborn aufmerksam machen, der dann auch vor die Gerichte getragen worden ist, und darauf hinweisen, dass es zu solchen Situationen nicht kommen darf: dass Kinder, die in unmittelbarer Nähe wohnen, abgewiesen werden und dann ein Kind die Schule wieder verlassen muss und sich nicht angenommen fühlt. Das war nicht im Sinne der Kirchen; sie haben diesen Vorfall außerordentlich bedauert. Wir haben gemeinsam darüber gesprochen.
Es war auch die Initiative der Verantwortlichen, mit dem Haus zusammen zur Klärung der Aufnahmekriterien an Schulen schon im letzten Herbst zu reagieren und auch an ganz besonderen Schnittstellen noch einmal deutlich zu machen, dass zum Beispiel kein Kind zum Schulgottesdienst verpflichtet werden kann. Das ist sehr wichtig und hat auch zur Klarstellung beigetragen und nimmt viel an Konfliktpotenzial heraus.
Diejenigen, die der Auffassung sind – und Herr Marsching hat sich ja schon dazu geäußert –, Bekenntnisschulen gehören nicht mehr in die Landschaft, sollten zur Kenntnis nehmen, dass sie einen Verfassungsrang haben und dass wir hier gemeinsam über diese Frage beraten.
Eine verfassungsändernde Mehrheit dafür gibt es nicht.
Ich finde es aber auch richtig und gut, jetzt auf der schulgesetzlichen Ebene gemeinsam Wege zu gehen und es eben nicht zur Konfrontation kommen zu lassen. Ich hoffe, Herr Marsching, dass Ihr Beitrag gleich nicht zur Konfrontation beitragen wird, sondern dass Sie diesen Weg vor Ort eher konstruktiv mitgehen werden; denn die Eltern sollen gestärkt werden. Der Elternwille ist ein hohes Gut in Nordrhein-Westfalen. Die Initialzündung besteht genau darin, dass Schulträger jetzt gemeinsam mit Eltern ihre Standorte neu ordnen können und die Schulträger auch das entsprechende Recht haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Religion, Schule