Sigrid Beer: „keine Trennung über die Religion, sondern Dialogfähigkeit“

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP zum Islamischen Religionsunterricht

Sigrid Beer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! NRW hat mit der Einrichtung des islamischen Religionsunterrichts 2012 eine Vorreiterrolle eingenommen. Da das Gesetz bis zum 31. Juli dieses Jahres zeitlich begrenzt ist, muss eine Nachfolgeregelung getroffen werden.
Es ist richtig, das Modell weiterzuentwickeln, auch auf der Grundlage der Entwicklungen, die es in der Zwischenzeit gegeben hat. Es ist richtig, klare Anforderungen zu definieren und Darlegungspflichten an die islamischen Verbände zu richten, die noch keine Religionsgemeinschaften sind und bei denen auch unklar ist, ob sie diesen Status erreichen werden. Es ist richtig, die Möglichkeit zu geben, dass die Pluralität des Islam in diesem Land in der Kommission auch teilhaben kann.
Ich möchte mich dem Dank an die Kollegen und Kolleginnen anschließen. Wir hatten eine sehr interessante, intensive Anhörung, die ertragreich war. Die Änderungsvorschläge, die wir vorgelegt haben, sind alle in diesen Entwurf eingeflossen. Deswegen haben wir das auch im Schulausschuss mitgetragen und werden heute dem geänderten Gesetzentwurf zustimmen.
Im Zentrum steht für uns das Anrecht der Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens auf Religionsunterricht in unseren Schulen, wie ihn auch andere Schülerinnen und Schüler haben. Wir wollen, dass dieser Unterricht von in Deutschland an deutschen Universitäten ausgebildeten Lehrkräften nach einem öffentlichen Lehrplan und unter öffentlicher Schulaufsicht erteilt wird.
Auch wenn es im Kern darum geht, wie das Recht auf religiöse Bildung gewährleistet werden kann, hat der Religionsunterricht in unseren Schulen auch weitere Effekte, die wir nicht unterschätzen sollten. Er trägt zur Anerkennung der Muslime in unserer Gesellschaft bei. Er trägt zur Prävention gegen Fundamentalismus bei. Wir wollen keine Verdrängung religiöser Bildung und keine Verdrängung des Diskurses um und mit Religion in den privaten Raum und in Privatschulen. Denn das wäre die Folge, wenn Religionsunterricht keinen Platz in öffentlichen Schulen hätte. Deshalb ist es gut, dass das Recht auf Religionsunterricht im Grundgesetz so verankert ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Alle Entscheidungen innerhalb der Kommission – das ist schon genannt worden – müssen theologisch begründet sein. Das heißt, dass es keine Maßregelung und Bewertung individueller religiöser Praxis und auch kein Aufbauen von Loyalitätspflichten von Lehrkräften gegenüber den Verbänden geben kann. Das wäre dann auch keine Entscheidungsgrundlage für eine Idschāza. Vielmehr geht es hier wirklich um die Frage der theologischen Kompetenz, dies im Unterricht dann angemessen vermitteln zu können.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen ein Modell, das auch konfessionsübergreifend und umfassend islamischen Religionsunterricht erteilt. Das ist ein hohes Gut, weil es nicht eine weitere Zersplitterung in unserer Gesellschaft zugrunde legt. Wir müssen uns insgesamt um Zusammenhalt bemühen. Deswegen müssen wir daran arbeiten, dass Religionsunterricht nicht trennt, sondern zur Dialogfähigkeit beiträgt und Pluralitätskompetenz vermittelt.
Wir haben mit dem christlich-konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen bereits einen wichtigen Schritt getan. Er sollte um den islamischen Religionsunterricht erweitert werden. Davon, dass das verfassungsgemäß möglich ist, sind wir überzeugt. Dafür gibt es auch längst Rechtsexpertisen. Der interreligiöse Dialog muss gefördert und intensiviert werden.
Ich freue mich, dass religionspädagogische Fortbildungskonzepte unter Beteiligung der Stif- tung Mercator und zum Beispiel der Evangelischen Kirche von Westfalen angestrebt werden. An der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck existiert bereits ein Modell, das entsprechend konfessionsübergreifend arbeitet, also konfessionell-kooperativ unter Ein- beziehung des islamischen Religionsunterrichtes. In Dortmund wird an einem Gymnasium katholischer und islamischer Religionsunterricht kooperativ modellhaft unterrichtet, unter an- derem verantwortlich vom Bistum Paderborn.
An der Universität Paderborn ist nun der zweite Standort der Lehrerausbildung zum islamischen Religionsunterricht in NRW etabliert, und zwar im Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften. Dort lehren evangelische, katholische, islamische und jüdische Theologen gemeinsam. Die Lehrenden und die Studierenden stehen im ständigen Austausch.
Dieses Modell soll auch in den Schulen von Nordrhein-Westfalen flächendeckend für alle Schülerinnen und Schüler seinen Platz finden – Gewährung religiöser Bildung, aber keine Trennung über die Religion, sondern Dialogfähigkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

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