Sigrid Beer: „Es gibt Schulen, die Bedenken haben, dass das pädagogische Konzept verloren geht, weil keine Klarheit gibt“

Antrag der SPD-Fraktion zum Offenen Ganztag

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Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr Brockmeier, erst einmal etwas zu Ihren Ausführungen zur Großen Koalition. Ich würde das einmal so sagen: Wer als Jamaika-Braut vom Altar flieht vor der Verantwortung, der sollte sich hinterher nicht zur Eheberatung aufschwingen.

(Zuruf von Alexander Brockmeier [FDP]) Das ist, glaube ich, nicht gut.

(Beifall von den GRÜNEN) Das Zweite:

(Zurufe von der FDP)

Wie Sie sich geäußert haben zum OGS-Erlass … (Erneut Zurufe von der FDP)

  Es ist einfach so: Sie fliehen vor der Verantwortung. Herr Lindner ist vor der Verantwortung geflohen.

(Zuruf von der FDP: Nein, vor der falschen Politik!)

Das ist doch eine Figur, die Sie dauernd hier aufs Parkett legen. (Widerspruch von der FDP – Beifall von den Grünen)

So, und jetzt komme ich zum OGS-Erlass und zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Brockmeier: Ich habe gestern zufällig eine Veranstaltung zur Zukunft der Grundschule gehabt. Was erzählt uns da die Beigeordnete aus Dortmund? Anfragen von Eltern, die jetzt sagen: Wie ist das, bekomme ich Beiträge zurückerstattet, weil ich meine Kinder jetzt nur noch bestimmte Tage reingebe? Wie sieht das aus? Es gibt Schulen, die Bedenken haben, dass das pädagogische Konzept verloren geht, weil keine Klarheit da ist.

(Zuruf von der CDU: Es gibt kein pädagogisches Konzept!)

Sie füttern ja mit Ihrem OGS-Erlass geradezu die Äußerungen der kommunalen Spitzenverbände, das heißt vom Landkreistag und vom Städte- und Gemeindebund. Ich darf Ihnen aus der Stellungnahme zum OGS-Erlass Landkreistag und Städte- und Gemeindebund – zitieren: Die vorgeschriebenen rechtlichen Rahmenbedingungen insgesamt zur OGS führen dazu

  und jetzt wortwörtlich –,

„dass die OGS in Nordrhein-Westfalen derzeit eigentlich nur ein Instrument zur Erfüllung der bundesrechtlichen Betreuungspflicht der Träger der kommunalen Selbstverwaltung darstellt. Eine wie auch immer geartete Bildungsfunktion impliziert dies nicht.“

Und genauso ist das Empfinden. Ich finde, das ist wirklich ein starkes Stück. (Zuruf von der CDU: Sieben Jahre hatten Sie Zeit!)

Dass kommunale Spitzenverbände sagen, es gibt keinen Bildungsanspruch im Bereich der OGS, ist das Erste. Das Zweite ist, dass klar ist: Sie verwirren, weil es in Richtung einer Buchungsmentalität in diesem Bereich geht.

(Zuruf von Dr. Dennis Maelzer [SPD])

Sie verstärken diesen Effekt hin zu der Frage: Ist das Betreuung ja oder nein? Wir wollen dezidiert ein Bildungsangebot.

(Beifall von den GRÜNEN)

Frau Schlottmann, zu dem, was Sie hier ausgeführt haben: Ich glaube, dass alle, die in Schulen beteiligt und betroffen sind, leider in hoher Alarmbereitschaft sind.

(Zuruf: Och!)

In hoher Alarmbereitschaft! Denn das, was Sie hier ausgeführt haben, erfüllt in der Tat die Ansprüche nicht.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Sieben Jahre hatten Sie Zeit, das zu ändern! – Weitere Zurufe)

Dann komme ich jetzt zu dem, was der Kollege Hovenjürgen sagt: sieben Jahre. – Ja, wir haben – und immer zuerst – in die Grundschule  investiert.  Insgesamt haben wir mehr als  4 Milliarden € in den Schulbereich investiert. Und, Herr Hovenjürgen, ich sage auch: Es hat nicht gereicht. Wir hätten noch mehr tun müssen. Wir hätten gerade im Bereich der Grund- schule noch mehr tun müssen.

(Ralf Witzel [FDP]: Ah!)

Nur, zum Vergleich: über 4 Milliarden € in den sieben Jahren. Was Sie jetzt in den Haushalt gepackt haben, das ist ja noch nicht einmal die Hälfte von dem, was Sie tun müssten, um das zu halten, was wir vorgelegt haben.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Einen Trümmerhaufen haben Sie uns hinterlassen!)

Und mit diesem Stückwerk enttäuschen Sie die Schulen. Grundschulen stärken. Grundschulen first und Digitalisierung second – das war gestern eine Aussage von Schulleitungen, die sagten, die Schwerpunktlegungen seien vollkommen falsch. Wir müssen die Grundschulen stärken, in die Menschen investieren. Und natürlich brauchen wir Problemlösungen, da ste- hen wir genauso davor, wie Sie davor stehen, was zum Beispiel die personellen Kapazitäten angeht. Wir müssen in Gesprächen klären, wie man die Personaldecke erweitern kann und wie das aussieht.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

  Ach, Herr Witzel, das ist doch so armselig. Das, was bisher von der Landesregierung vor- gelegt wird, ist doch nur die Fortführung auch der Ideen und Personalkonzepte, die wir in rot- grüner Politik schon gehabt haben und womit wir arbeiten. Was hat die Ministerin gemacht? Die Frage, ob Sek-II-Lehrkräfte dafür gewonnen werden können, auch in der Grundschule zu arbeiten, ist keine Idee von Schwarz-Gelb, sondern ist vorher angelegt worden.

Das ist ein schwieriges Unterfangen, das wissen wir ganz genau. Dann muss man aber doch jetzt denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die für die Grundschulpädagogik Feuer gefangen haben, auch die Besoldungsmöglichkeiten bieten, dass sie da bleiben können und dies über zwei Jahre hinaus eine Perspektive bekommt.

Außerdem müssen wir dafür sorgen das ist eine Lehre, die wir aus den letzten sieben Jahren gezogen haben; wir haben das hart erkämpft –, dass die prozentuale Aufstockung in der OGS dann überhaupt passiert. Nachdem unter Schwarz-Gelb erst einmal gar nichts passiert ist, haben wir dann mit 14 % die Personalkosten und die Sätze aufgestockt. Zum Schluss haben wir die prozentuale Aufstockung gemacht. Jetzt haben Sie löblich noch einmal für ein Jahr 3 % draufgelegt. Nur löst das nicht die Problematik, die aufgrund der kommunalen Ausgangslage besteht. In mancher OGS kommt es an und in mancher OGS kommt es eben nicht an. Deswegen brauchen wir ganz andere Konzepte, und deswegen ist es wichtig, dass wir in die Standards, das heißt in Personal, investieren, zusätzliche Erzieherinnen stellen, zum Beispiel von der Landesebene.

Das wollen wir in einem OGS-Gipfel gerne diskutieren. Deswegen stimmen wir dem zu. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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