Sigrid Beer: „Die Transparenzerwartungen der Bürgerinnen und Bürger werden mit diesem Gesetz eingelöst.“

Gesetzentwurf zum Abgeordnetengesetz

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn Herrn Prof. Gusy zitieren, der in der Anhörung hier die Dinge für mich noch mal auf den Punkt gebracht hat. Er hat einen Beitrag zugesandt und darin zur Kenntnis gegeben:
„Eine Verpflichtung zur Offenlegung von Tätigkeiten neben der Mandatsausübung stellt eine zulässige Konkretisierung des freien Mandats dar und greift in diese nicht ein. Sie ist in diesem Sinne eine verfassungsrechtlich zulässige, wenn nicht gar gebotene Konkretisierung des Demokratieprinzips.“
In diesem Sinne sage ich: Es ist ein gutes Gesetz. Es ist ein gutes Gesetz für dieses Parlament; es tut auch den Abgeordneten gut, weil sie offensiv damit umgehen können. Und es ist genau das, was Bürger und Bürgerinnen von uns erwarten; ihre Transparenzerwartungen werden mit diesem Gesetz eingelöst.
Und ich bin sehr froh, dass wir hier einen Schritt weiter gegangen sind als der Bundestag: Wir sind sehr viel präziser in den Stufenregelungen. Und es gibt bei uns keinen nach oben offenen Bereich, sondern Sie als Bürgerinnen und Bürger können – ab einer gewissen Grenze sogar in 30.000er-Schritten nach oben unbegrenzt – die Nebentätigkeiten selbst sehr genau beurteilen und auch, welche Einkünfte dem gegenüberstehen.
(Beifall von den GRÜNEN – Michele Marsching [PIRATEN]: 30.000 €, das ist mehr, als ein Hartz-IV-Empfänger in einem Jahr verdient!)
Das wird auch sehr deutlich machen, wo in diesem Hause interessengeleitete Konflikte sein könnten. Das ist uns sehr wichtig; das gehört dazu.
Ich sage aber auch: Der Prozess hat sich gelohnt. Ich habe das schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfes gesagt: Ja, es hat durchaus ein bisschen unsere Geduld miteinander strapaziert. Aber die Gesprächsrunden haben sich gelohnt, weil es ein breit getragenes Gesetz ist.
Das ist auch ein guter Ausweis für dieses Parlament nach außen. Wir haben es nämlich nicht so gemacht wie im Bundestag, wo zwei Fraktionen entschieden haben und der Rest mitmachen musste, sondern alle waren eingeladen. In der letzten Runde haben wir von den Piraten leider nichts mehr dazu gehört. Auch unseren Änderungsantrag tragen sie offensichtlich nicht mit; es gibt kein Verhalten dazu. Wir hätten uns aber gewünscht, gerade nach der Anhörung, dass auch die Piraten das noch mal offensiv aufnehmen würden; denn in der Anhörung ist deutlich geworden, dass der begleitende Gesetzentwurf offensichtlich nicht tauglich ist und auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, es gibt eine Wortmeldung von Herrn Marsching.
Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Marsching, natürlich. Das können wir machen.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön.
Michele Marsching (PIRATEN): Frau Kollegin Beer, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade gesagt, es sei ein breit getragener Kompromiss, und alle Fraktionen seien eingeladen gewesen. Ich brauche das gleich in meiner Rede gar nicht mehr zu sagen: Vielleicht haben Sie eine falsche E-Mail-Adresse von mir. Ich persönlich als derjenige, der das bei uns betreut, bin nicht eingeladen worden. Von daher stelle ich die Frage: An welche E-Mail-Adresse haben Sie das geschickt? Haben Sie wirklich alle eingeladen? Ich weiß davon nämlich nichts.
Sigrid Beer (GRÜNE): Natürlich. Wir haben uns gerade vergewissert – dem Kollegen Herter ist das genauso bewusst wie mir –, dass das an die Fraktion der Piraten gegangen ist. Wir haben es hier gesagt – auch in der Einbringung –, dass wir uns wünschen, dass das breit getragen wird.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Ja, ich auch! Ich habe trotzdem keine E-Mail bekommen!)
Wir haben das in der anschließenden Anhörung auch noch einmal gesagt. Ja, sind Sie denn nicht in der Lage, auf der Grundlage eines Anschreibens selbstständig auf uns zuzukommen?
(Michele Marsching [PIRATEN]: Doch! Welches Anschreiben?)
Wo ist Ihre Initiative eigentlich hin?
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin Beer, es gibt eine weitere Zwischenfrage, dieses Mal des Kollegen Herter. Würden Sie die zulassen?
Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Kollege Herter, aber natürlich, gerne.
Marc Herter (SPD): Frau Kollegin Beer, herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Können Sie sich entsinnen, dass es meine persönliche Einladung in Anwesenheit der Piraten während der Hauptausschusssitzung war, sich an diesem Gesetzentwurf zu beteiligen? Und können Sie auch nachvollziehen, dass der Parlamentarische Geschäftsführer der Piraten eine entsprechende Mail bekommen hat, die er mit dem Hinweis „Wir haben zwar nichts dagegen, aber wir können es nicht mittragen“ beantwortet hat?
Sigrid Beer (GRÜNE): Ja. Das kann ich uneingeschränkt beantworten. Der Änderungsantrag ist rübergegeben worden. Wir hatten eine mündliche Einladung bereits ausgesprochen. Sie haben das persönlich gemacht, Herr Herter, und wir haben auch hier am Rednerpult mehrfach betont, dass wir gerne möchten, dass das breit getragen ist.
Nach dem, wie der Gesetzentwurf der Piraten beurteilt worden ist – auch in der Anhörung –, wäre es sicherlich wünschenswert gewesen, sich noch mal zusammenzusetzen. Die Initiative ist von den Piraten dann nicht aufgenommen worden.
Ich will eines noch mal betonen, und zwar den Hinweis darauf, welche Erfahrungswerte wir haben. Die Mandatszeit im Landtag dauert im Schnitt zehn Jahre. Und es gibt ein Leben vor dem Mandat und in der Regel auch ein Leben nach dem Mandat. Deswegen muss Berufstätigkeit gewährleistet sein: damit man wieder anschlussfähig ist. Denn in der Tat haben nicht alle von uns einen freigehaltenen Arbeitsplatz, zum Beispiel weil sie aus einem Beamtenverhältnis oder aus anderen Zusammenhängen kommen. Freiberuflerinnen, Unternehmerinnen, alle, die in diesem Parlament versammelt sind: In dieser Breite wollen wir zusammen sein, in dieser Breite setzen wir ein Zeichen für mehr Transparenz.
Und wir sind damit – da stimme ich dem Kollegen Herter uneingeschränkt zu – in der Bundesrepublik bei der Reform des Abgeordnetengesetzes auch weiter an der Spitze, nicht nur in der Frage, wie die Abgeordnetenbezüge geregelt werden, sondern jetzt auch bei der Transparenz.
(Beifall von den GRÜNEN)