Sigrid Beer: „Die Kooperationsvereinbarung gibt den Schulen die Möglichkeiten, in ihrer pädagogischen Verantwortung einen angemessenen Umgang mit dem Verfassungsorgan der Bundeswehr und auch mit Friedensinitiativen herzustellen.“

Antrag der FDP zur Bundeswehr

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass an der Anhörung zur Frage des Kooperationsvertrages andere Männer der Bundeswehr teilgenommen und das Thema mit uns erörtert haben. Sie haben sich dort sehr viel differenzierter geäußert, als es Herr Golland hier vorgetragen hat.
(Torsten Sommer [PIRATEN]: Viel anders geht es auch nicht!)
Sie haben eingestanden – ich komme gleich noch darauf –, dass sie bestimmte Dinge überhaupt nicht darstellen können, dass die Jugendoffiziere dafür nicht ausgebildet sind. Sie sollten vielleicht noch einmal reinschauen; ich werde das gleich erörtern.
Eins will ich zurückweisen: Niemand hat der Bundeswehr gegenüber Misstrauen ausgesprochen, in keinster Art und Weise.
Herr Lürbke, Sie haben sonst wenige Auftritte hier. Wenn Sie in Ihrem Antrag eine verbale Abwertung der Bundeswehr beklagen und mehr Wertschätzung einfordern, dann will ich darauf hinweisen, dass er eigentlich zu spät kommt. Sie hätten ihn im März stellen sollen, als ausgerechnet Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ äußerte:
„Hört einfach auf, dauernd nach Anerkennung zu gieren. Die Wertschätzung anderer bekommt man nicht dadurch, dass man danach fragt, sondern dass man gute Arbeit leistet. Wenn unter Eheleuten ein Partner den anderen fünfmal am Tag fragt, ob er ihn noch liebt, erhöht das nicht die Liebe. Auch ein Lob wirkt, wenn es selten ausgesprochen wird, viel stärker.“
Er hat die Bundeswehr gemeint. An gleicher Stelle äußert er sich wie folgt:
„Etliche Soldaten glauben jedoch, dass sie viel weniger anerkannt werden, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Sie haben den verständlichen, aber oft übertriebenen Wunsch nach Wertschätzung. Sie sind vielleicht geradezu süchtig danach.“
Da hatte er keine Drohne in Marsch gesetzt. Das war der Bundesverteidigungsminister persönlich. Das finde ich eine unangemessene Äußerung. Wenn Sie sich dazu geäußert hätten, dann hätten Sie meine volle Unterstützung und meinen Applaus bekommen, aber nicht bei dem, was Sie der Landesregierung unterstellen.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Das ist dunkelste grüne … – Zuruf von Marc Lürbke [FDP])
– Genau zu der Frage, Herr Lürbke. Das Lob geht in eine andere Richtung, und zwar in Richtung Landesregierung. Mit ihrer Kooperationsvereinbarung haben Sie den pluralen Diskurs in diesem Land ermöglicht. Die Kooperationsvereinbarung gibt den Schulen nämlich zielgenau die Möglichkeiten, in ihrer pädagogischen Verantwortung einen angemessenen Umgang mit dem Verfassungsorgan der Bundeswehr und auch mit Friedensinitiativen herzustellen. Die politische Bildung ist ureigene Aufgabe der Schule. In deren Verantwortung gehört es. Die Diskussion über die Bundeswehr, sowohl die Frage der Sicherheits‑ und Friedenskonzepte, der Auslandseinsätze und Kriegshandlungen als auch die Fragen der Wehrpflicht und, Herr Lürbke und vor allen Dingen Herr Golland, das historische Erbe, gehören zum Diskurs in der politischen Bildung.
Es ist eindeutig und unbestritten, selbst in Ihrem Antrag, dass alle Aktivitäten, die einen werbenden Charakter für die Bundeswehr haben, gemäß des Beutelsbacher Konsenses zu unterbleiben haben, in der Schule konsequent zu unterbinden sind. Das hat sich auch in der Anhörung im Landtag ganz deutlich gezeigt. Die anwesenden Bundeswehroffiziere haben uns aber auch gesagt: Auf bestimmte Fragestellungen sind die Jugendoffiziere nicht vorbereitet.
(Torsten Sommer [PIRATEN]: Ach?)
Es geht nämlich auch um ethisch-moralische Fragen. Für Fragen nach der Konfrontation mit Verletzung und Tod, Traumatisierung von Soldatinnen und Soldaten, die aus Einsatzgebieten zurückkommen und von der Bundeswehr mit großen Anstrengungen aufgenommen werden, sind die Jugendoffiziere nicht ausgebildet. Die können sie so nicht beantworten.
Sie haben danach gefragt, wer in den Schulen dazukommt. Das sind zum Beispiel die Kirchen, die Fachleute dafür benennen. Die Schulen können sie anfordern, sie sind speziell darauf vorbereitet.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Das sollen auch keine Psychologen sein!)
– Ich sage Ihnen das. Ich bin Mitglied der Kirchenleitung der Westfälischen Landeskirche. Wir haben gerade in der letzten Kirchenleitungssitzung darüber gesprochen. Ich mache Ihnen alle Informationen gerne ganz frisch zugänglich.
(Gregor Golland [CDU]: Die Ministerin konnte die Frage nicht beantworten! Können Sie das?)
Ich unterstütze das Verhalten der Schulleitung der Hulda-Pankok-Gesamtschule ausdrücklich, weil sie sich nicht ideologisch vereinnahmen lässt – von keiner Seite, Herr Lürbke und Herr Golland, …
(Gregor Golland [CDU]: Wir sind keine Ideologen!)
– Nein, überhaupt nicht. So haben Sie sich hier gar nicht präsentiert.
(Beifall von der SPD und den PIRATEN)
… nicht von denen, die einen Preis für einen Schulbeschluss ausloben, der so nicht rechtskräftig geworden ist, der auf einer anderen rechtlichen Grundlage angedacht worden ist, und auch nicht von denjenigen, die jetzt ein völliges Zerrbild der Diskussion hier im Landtag zeichnen.
(Gregor Golland [CDU]: Distanzieren Sie sich vom Aachener Friedenspreis?)
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, dass unser Dank und die Wertschätzung denen gelten, die sich jetzt im Bereich der Katastrophenhilfe neben der Zivilgesellschaft, neben dem Technischen Hilfswerk, neben den Spenden der Bürgerinnen und Bürger für die Flutopfer vor Ort einsetzen. Das, was Sie hier gemacht haben, war eine reine Inszenierung und für die sachliche Auseinandersetzung über die Frage, wie über die Bundeswehr diskutiert wird, vor allen Dingen mit der Bundeswehr, kein zielführender Beitrag. – Danke schön.
(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

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