Sigrid Beer: „Deswegen ist es so wichtig, dass wir den Blick auch auf individuelle Biografien, auf individuelle Lebenslagen werfen, um da Bildungsrecht auch umzusetzen“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zu Digitalisierung in der Schule

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegin Müller-Rech, haben Sie es eigentlich nötig, hier so die Unwahrheit zu sagen? Haben Sie das wirklich nötig?

(Beifall von den GRÜNEN – Franziska Müller-Rech [FDP]: Wie bitte?)

Das ist dreist. Ich spreche Sie darauf an, ob wir gemeinsam zu einem Antrag kommen können, und Sie sagen mir: Dafür haben wir keine Zeit. Wir haben so viel am Hut mit den Testungen und allem.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Ich brauche mehr Zeit, habe ich gesagt!)

Dann habe ich Ihnen gesagt: Dann ist das so, wenn Sie nicht bereit sind, das zu machen. – Das jetzt hier umzudrehen, ist unverschämt!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Franziska Müller-Rech [FDP]: Es ist Ihr Problem, wenn Sie mir nicht zuhören!)

Aber das ist nicht das erste Mal, dass Sie so dreist hier die Unwahrheit sagen.

(Unruhe – Glocke)

Auch die Ministerin hat heute Morgen hier nicht die Wahrheit gesagt.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Das ist eine Unverschämtheit! Sie hören mir nie zu! Es geht immer nur nach Ihnen!)

– Entschuldigung, Frau Müller-Rech, ich glaube, ich habe jetzt hier das Wort, nicht Sie.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Dafür haben Sie mir zu krasse Sachen unterstellt! Das sollten Sie zurücknehmen!)

Auch die Ministerin …

(Weitere Zurufe von Franziska Müller-Rech [FDP] – Weitere Zurufe)

– Die haben Sie hier geboten, in der Tat.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Frau Müller-Rech, Sie kennen doch die Instrumente, die Ihnen zur Verfügung stehen. Nutzen Sie sie bitte.

(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP])

In der Tat hat jetzt die Rednerin Sigrid Beer das Wort.

Sigrid Beer (GRÜNE): Genau. Ich danke der Präsidentin.

Auch das, was die Ministerin hier heute Morgen von sich gegeben hat, war ja nicht richtig. Am Sonntag um 9:34 Uhr habe ich persönlich der Ministerin,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Am Sonntag!)

habe ich persönlich Ihnen, der Kollegin Schlottmann und dem Kollegen Ott zur Verfügung gestellt, was uns die Fachgruppe „Schule für Kranke“ noch mal zu der Frage „Schule für Pädagogik bei Krankheit“ zur Verfügung gestellt hat. Sie haben sich dazu nicht gemeldet.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Natürlich!)

Sie haben darauf keine Reaktion gezeigt.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Das ist so eine Unverschämtheit!)

Die Rückkopplung der Beteiligten mit den Landschaftsverbänden war da enthalten.

Das heißt, das ist doch ein vorsätzliches Verweigern von Zusammenarbeit. Dann das Ganze hier auch noch so einzukleiden, das ist die Spitze der Unverschämtheit und leider eine Kultur, die Sie hier gepflegt haben.

Eigentlich wollte ich hier ganz anders reden. Eigentlich wollte ich sagen: Auf der einen Seite finde ich es schade, dass wir nicht zusammengekommen sind. Auf der anderen Seite finde ich es gut, dass wir jetzt den Entschließungsantrag vorliegen haben, damit sich wenigstens etwas tut.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Denn die Sache ist ja offensichtlich wichtig. Und es ist angekommen. Und ohne unseren Antrag wäre gar nichts passiert.

(Jochen Ott [SPD]: So ist das!)

Wir haben es ja erlebt, dass Kinder in der Pandemie zum ersten Mal durch das Distanzlernen wieder ein Angebot erhalten haben, Kinder, die über zwei Jahre zum Teil nicht mehr von Schule wahrgenommen worden sind, die in einem Graubereich waren, die nicht offiziell ausgeschult wurden, aber die überhaupt nicht mehr beschult worden sind. Deswegen ist es so wichtig, dass wir den Blick auch auf individuelle Biografien, auf individuelle Lebenslagen werfen, um da Bildungsrecht auch umzusetzen.

Wir haben nach der Anhörung noch mal sehr intensiv an dem Antrag gearbeitet und auch das Thema „Jugendhilfe“ jetzt hier mit einbezogen, weil natürlich auch jenseits von Schulpflichtgrenzen Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene wieder Anschluss an Bildungsprozesse bekommen müssen und die Möglichkeit haben müssen, Abschlüsse zu erwerben. Das haben wir ja in der Debatte um die Webschool erlebt, wie das plötzlich bürokratisch anders eingepflegt wird und wie schwierig es wird und wie eben kein inklusives Denken da ist. Deswegen ist das wichtig, hier einen entsprechenden Ansatz auf den Weg zu bringen.

Dass es jetzt wenigstens einen Prüfauftrag gibt, ist wenigstens schon mal ein kleiner Schritt nach vorne. Aber es muss wesentlich konsequenter umgesetzt werden.

Das machen Sie aber mit dieser Kultur des Umgehens mit Inhalten überhaupt nicht.

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Das müssen wir uns von Ihnen nicht anhören! Wirklich!)

Das beschädigt die Sache. Das ist aber ein Agieren, das wir hier schon seit geraumer Zeit leider zur Kenntnis nehmen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber dass Sie sich hier so einen Auftritt heute leisten gerade zu dieser Sache, das ist wirklich schwierig.

Dass Sie nicht in der Lage sind, auf Mails zu antworten, zu reagieren, ist nicht das erste Mal. Wir wissen, dass Sie zur Zusammenarbeit nicht bereit waren.

Ich bin auch enttäuscht von der Ministerin, die in der Schulausschusssitzung noch mal bekundet hat, wir könnten über Begrifflichkeiten reden. Dann kam aber auch keinerlei Reaktion.

Aber, wie gesagt, ein lachendes Auge ist in der ganzen Sache dabei, weil es heute wenigstens einen Beschluss in die richtige Richtung geben wird.

Wir haben das Thema richtig angestoßen, und wir werden dann auf der weiteren Strecke auch dafür sorgen, dass es substanziell umgesetzt wird und dass wir inklusive Beschulungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in besonderen Situationen, in Krankheitssituationen bekommen.

Dafür, dass es in Nordrhein-Westfalen auch über Jugendhilfeangebote weitere Möglichkeiten der Beschulung jenseits der Schulpflicht geben wird, stehen wir weiterhin ein.

(Beifall von den GRÜNEN)