Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um einem Mythos vorzubeugen, den die FDP immer gerne in den Raum stellt, sage ich es noch einmal ganz deutlich: Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen, das Ministerium und die Politik arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Bewältigung der Herausforderungen, die die steigende Studierneigung und der doppelte Abiturjahrgang in 2013 mit sich bringen.
Das tun wir nicht erst seit gestern. Seit 2005 haben wir kontinuierlich Druck gemacht – gerade auch, als Herr Pinkwart noch an der Regierung war –, dass der doppelte Abiturjahrgang in den Fokus rückt.
Seit 2007 sind über den Hochschulpakt über 700 Millionen € in die nordrhein-westfälischen Hochschulen geflossen, um zusätzliche Kapazitäten aufzubauen. Dazu gehört der Bau neuer Hörsäle, Seminarräume, Bibliotheken und Labore. Man sieht überall an den einzelnen Standorten die Bautätigkeiten.
Für die soziale Infrastruktur sorgen die zwölf nordrhein-westfälischen Studentenwerke. Auch hier hat sich in den vergangenen Jahren eine ganze Menge getan. Wir haben die Wohnheime in einem umfangreichen Sanierungsprogramm aus Mitteln des Konjunkturpakets II wieder attraktiv gemacht. Gleichzeitig haben wir zusätzliche Plätze geschaffen. Dafür haben wir mehr als 120 Millionen € in die Hand genommen.
Die allgemeinen Zuschüsse an die Studentenwerke für die soziale Infrastruktur haben wir schon in 2011 um 13 % erhöht. Ich sage noch einmal ganz deutlich: Das war auch wirklich notwendig. Denn damit wurden die Studentenwerke, nachdem die schwarz-gelbe Landesregierung in 2006 die Mittel um sage und schreibe 8 Millionen € gekürzt hat, erst wieder in die Lage versetzt, in den Bereichen Gastronomie und Wohnen ihre Angebote zu sichern und bedarfsorientiert zu erweitern.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Studentenwerke bei der Beratung und bei der Bearbeitung von BAföG-Anträgen mit den ständig steigenden Antragszahlen noch Schritt halten können. In der Tat steigen die Zahlen zurzeit. Nordrhein-Westfalen liegt, was die Belastung der Mitarbeiterinnen in den BAföG-Ämtern angeht, im Ländervergleich an der Spitze. Damit ist aus unserer Sicht die Grenze des Zumutbaren erreicht.
Gerade vor diesem Hintergrund begrüßen wir sehr, dass die Studentenwerke bereits im laufenden Jahr Personalaufstockungen von rund 20 Vollzeitstellen vorgenommen haben. Da am Ende des Jahres der Vertrag über die Erstattung der Verwaltungskosten, mit denen die BAföG-Sachbearbeiterstellen finanziert werden, ausläuft, werden wir dafür sorgen, dass der Anschlussvertrag für die kommenden drei Jahre aufgestockt und aufgabengerecht ausgestaltet wird.
Wir brauchen Planungssicherheit für die Mitarbeiter in den Studentenwerken, aber auch für unsere Studierenden, für die BAföG die Grundlage der Existenzsicherung im Studium bedeutet.
Darüber hinaus soll das Ministerium den Studentenwerken Hilfen an die Hand geben, wie die Verfahren unbürokratischer und einfacher ablaufen können.
(Beifall von Rolf Beu [GRÜNE])
So können Antragsbewilligungen beispielsweise über Vorschusszahlungen, die klar im BAföG-Gesetz geregelt sind, sehr viel schneller abgewickelt werden.
Im Übrigen wäre es sicher hilfreich, wenn die zurzeit noch bei der Bezirksregierung Köln geprüfte Möglichkeit, BAföG online zu beantragen, bald umgesetzt werden könnte. Die BAföG-Ämter würden entlastet, und die Studierenden hätten ihr Geld schneller auf dem Tisch.
Zum Schluss noch eine Anmerkung zu Ihrem Entschließungsantrag, Herr Dr. Berger. Da zeigt die CDU wieder einmal ihr wahres Gesicht, indem sie das Geld für die Studentenwerke aus der Frauenförderung herausziehen will. Das ist doch strukturkonservativ bis zum Gehtnichtmehr.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Dabei bestätigte uns erst kürzlich der Wissenschaftsrat wieder, dass die fehlende Geschlechtergerechtigkeit eines der gravierendsten Defizite in der deutschen Hochschullandschaft ist. Das ist doch rückwärtsgewandt. Genau da wollen Sie jetzt den Rotstift ansetzen. Das nenne ich „zukunftsweisend“.
Ihre Forderung zur Dezentralisierung der BAföG-Bearbeitung zeigt doch, dass Sie eigentlich von den Abläufen in den Studentenwerken überhaupt keine Ahnung haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn wir haben nichts anderes als eine dezentrale Bearbeitung der Anträge bei den zwölf Studentenwerken.
Zu Ihnen, Herr Hafke: Es ist wohl eine Binsenweisheit, dass man mit Blick auf den doppelten Abiturjahrgang ein Gesamtkonzept braucht.
Beim Antrag der Piraten freue ich mich, dass er in diesem Fall eine deutlich linke Handschrift trägt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns im Endspurt vor dem doppelten Abiturjahrgang, und wir müssen alle Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen, um den jungen Menschen die Aufnahme des Studiums so leicht wie möglich zu machen.
Vor diesem Hintergrund werbe ich für unseren Antrag und hoffe auf Ihre Unterstützung. Die Anträge von FDP, CDU und den Piraten lehnen wir ab. – Herzlichen Dank.
(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)