Ruth Seidl: „Insofern sind wir in Nordrhein-Westfalen, was das Thema ‚Gute Arbeit‘ im Wissenschaftsbereich angeht, Vorreiter“

Antrag zur Beschäftigung an Hochschulen

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz aller Unkenrufe der Opposition liegt nun ein Verhandlungsergebnis auf dem Tisch, das sich sehen lassen kann.
Ja, es ist ein Kompromiss, aber ein guter, wie der Präsident der Fachhochschule Köln, Herr Prof. Seeßelberg, im Pressegespräch zum Rahmenkodex betont hat. Zwar hätten sich beide Seiten, die Personalräte wie die Hochschulleitungen, noch Änderungen in die jeweilige Richtung gewünscht, aber gerade das zeichnet ja einen guten Kompromiss aus.
Der Rahmenkodex leistet einen wichtigen Beitrag für den Abbau befristeter Beschäftigungen insbesondere beim wissenschaftlichen Personal, aber auch bei den nichtwissenschaftlich Beschäftigten. Künftig sollen unter anderem mehr Mitarbeiterstellen für Promovierende geschaffen oder ein familiengerechter Umgang mit Teilzeitbeschäftigung erreicht werden.
Ich hoffe, dass alle Beteiligten den Rahmenkodex nun zeitnah unterzeichnen und zügig an die Umsetzung gehen. Die jetzt erreichte Verbesserung der Beschäftigungsmodalitäten ist ja nicht nur für jeden einzelnen Nachwuchswissenschaftler wichtig; sie trägt auch dazu bei, die Hochschulen als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Und das wiederum stärkt den Innovationsstandort Nordrhein-Westfalen.
Wir müssen auch konstatieren, dass es bislang in keinem anderen Bundesland ein entsprechendes landesweites Regel- oder Vertragswerk zur Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen an Hochschulen gibt, das über das gesetzliche Mindestmaß hinausgeht.
Der nordrhein-westfälische Rahmenkodex ist konkreter und weitgehender als die meisten Selbstverpflichtungen in anderen Ländern, und er geht auch über die Selbstverpflichtungen von HRK und TU9 hinaus. Insofern sind wir in Nordrhein-Westfalen, was das Thema „Gute Arbeit“ im Wissenschaftsbereich angeht, Vorreiter.
Vor diesem Hintergrund erwarten wir jetzt auch von der Bundesregierung, dass sie die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes endlich zu einem qualitativ guten Abschluss führt, um flankierend den bundesgesetzlichen Rahmen zu schaffen. Dabei ist ja wohl offen-sichtlich Ihre Bundesbildungsministerin die Blockiererin, Herr Berger.
Unsere Hochschulen brauchen arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen, die ausreichend Raum lassen für Innovationsentwicklung und Nachwuchsförderung und gleichzeitig den An-forderungen guter Beschäftigungsbedingungen gerecht werden. Im Wissenschaftszeitvertragsgesetz muss endlich die Tarifsperre fallen, bedarf es einer bundesgesetzlichen Begrenzung von befristeten Beschäftigungsverhältnissen, einer stärkeren Berücksichtigung von familiärer Verantwortung und der Anpassung an die erfolgte Umstellung auf die Bachelor- und Masterstudiengänge. Die Vorschläge dazu liegen schon lange auf dem Tisch, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich zum Schluss noch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, auch auf Ihren Entschließungsantrag eingehen, in dem Sie wieder die alte Laier von der Unterfinan-zierung unserer Hochschulen anstimmen.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Ist doch so!)
– Tatsache ist, Herr Berger: Der Wissenschaftsetat in Nordrhein-Westfalens steigt seit fünf Jahren um durchschnittlich 6 %
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Pro Kopf sind wir Letzter!)
und liegt mit aktuell 7,8 Milliarden € um rund 2 Milliarden € höher als im Jahre 2010.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dr. Stefan Berger [CDU]: Wir haben 700.000 Studierende!)
Tatsache ist auch, dass Rot-Grün seit 2010 die Grundfinanzierung der Hochschule in jedem Jahr erhöht hat. Hinzu kommen die Qualitätsverbesserungsmittel und natürlich auch der Hochschulpakt, der hälftig vom Land mitfinanziert wird. Die Mittel alleine für die Hochschulen liegen heute bei 4,6 Milliarden € und damit um rund 1,5 Milliarden € höher als 2010. Rot-Grün kommt also seiner Verantwortung gegenüber den Hochschulen in diesem Punkt nach.
Das heißt, wir haben die Mittel nicht zusammengestrichen, wie es einzelne andere CDU-geführte Landesregierungen gemacht haben, sondern wir haben sie konsequent erhöht.
Darüber hinaus besitzen unsere Hochschulen seit vielen Jahren über die Hochschulvereinbarung – daran möchte ich auch noch einmal erinnern – Planungssicherheit und sind des-wegen auch befreit von haushaltsmäßigen Restriktionen. Das haben wir seit 2000, seit 1999.
Genau diese Planungssicherheit, Herr Berger, haben Sie den Hochschulen mit der Ablehnung der Folgevereinbarung im letzten Plenum verweigert. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern das ist aus meiner Sicht geradezu verlogen. Ich bin gespannt, wie Sie das gleich in Ihrem Redebeitrag begründen werden.
Im Sinne der Beschäftigten an unseren Hochschulen kann ich nur an Sie appellieren: Stimmen Sie heute für unseren Antrag zum Rahmenkodex und zeigen Sie damit, dass Ihnen gute Beschäftigungsbedingungen an unseren Hochschulen ein echtes Anliegen sind!
In Richtung Piraten möchte ich feststellen: Bei Ihren Forderungen zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz und auch zur Unterzeichnung des Rahmenkodexes stimmen wir mit Ihnen überein, Herr Paul.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Aber was die rechtliche Verselbstständigung der Hochschulen angeht, werden wir diese auf keinen Fall wieder rückgängig machen. Das ist Ihnen aber auch klar. In diesem Sinne können wir dem Antrag auch nicht folgen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)