Rolf Beu: „…hier sind Sie wirklich völlig am Thema vorbeigegangen“

Antrag der FDP zu Bafög

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Rolf Beu (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich freue mich immer über gut recherchierte Anträge der Opposition. Aber, ich glaube, hier sind Sie wirklich völlig am Thema vorbeigegangen. Sowohl das BAföG als auch das SGB I sind Grundlage. Beides sind Bundesgesetze.
Wie Sie wissen, gab es Ende 2014 die lang erwartete Novelle des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Ich möchte nicht näher auf die unzureichende Ausgestaltung der BAföG-Förderung auch nach dieser Novelle eingehen. Wir sprechen hier heute aufgrund Ihres Antrags über einen ganz anderen Aspekt.
Mit Art. 1 Ziffer 22 des 25. BAföG-Änderungsgesetzes wurden die Länder verpflichtet, bis zum 1. August 2016 eine elektronische Antragstellung zu ermöglichen. Die meisten Länder und ihre Ämter für Ausbildungsförderung konnten dies aber erst zum Start des aktuellen Wintersemesters umsetzen.
Die elektronische Antragstellung nach § 46 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes muss den Vorgaben des § 36a Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 oder 2 des SGB I entsprechen. Mit anderen Worten: Der Bund hat die Länder dazu verpflichtet, den elektronischen Identitätsnachweis oder die De-Mail als Identifizierungsmöglichkeit zu nutzen, und er erlaubt keine Alternativen, auch keine Videoalternativen. Richten Sie Ihre Kritik also an den Bund und nicht an das Land Nordrhein-Westfalen.
Der Vorschlag für eine Identifizierung über Video entspricht nicht den Vorgaben des Gesetzes. Das hätten Sie auch selbst recherchieren können.
Natürlich liegt die Rate der elektronischen Antragstellung derzeit auch so niedrig, weil die Anschaffung des elektronischen Personalausweises für mehrere Personen – beispielsweise sind das neben den Antragstellerinnen und Antragstellern die Eltern und/oder die Partnerinnen und Partner – und des dazugehörigen Lesegerätes aufwendig und mit Kosten verbunden sind. Das heißt: Man braucht nicht nur einen entsprechend lesbaren Personalausweis, sondern bis zu vier, sodass fast immer die Möglichkeit einer rechtskonformen elektronischen Unterschrift fehlt.
Der Ausdruck „elektronisch übermittelte Anträge“ ist tatsächlich nicht mehr zeitgemäß, aber dem Fehlen einer elektronischen Aktenführung neben den Papierakten in den Ämtern geschuldet.
(Zuruf von der FDP: Da muss man manchmal wie ein Amt denken!)
– Aber sie müssen natürlich auch feststellen, dass die elektronischen Eingänge – das haben Sie selbst in den Antrag geschrieben – natürlich minimal sind und eine doppelte Aktenführung sowohl in elektronischer als auch in Papierform noch viel aufwendiger wäre.
Die angeblich händische Datenübertragung ist dagegen wahrlich nicht mehr notwendig, was mir Kolleginnen und Kollegen vor wenigen Tagen auf Nachfragen, die Sie selbst hätten bei den Ämtern vornehmen können, bestätigten.
Entscheidender als eine wünschenswerter vereinfachte elektronische Antragstellung und Aktenführung ist aber die Bearbeitungspraxis zur Reduzierung der teilweise immer noch zu langen Bearbeitungszeiten. Vor Ort werden teilweise immer noch Belege nachgefordert, die nach einem Erklärungsprinzip eigentlich verzichtbar wären. In den Ämtern für Ausbildungsförderung herrscht oftmals der Grundsatz vor: Genauigkeit bis zum letzten Euro geht vor Schnelligkeit. – Vielleicht sind dafür auch interne Überprüfungen bezüglich der absoluten Fehlerfreiheit mitverantwortlich. Dabei ist die BAföG-Bearbeitung eher ein Massengeschäft.
Im Übrigen ist das aktuelle Verfahren zur elektronischen Antragstellung erst seit rund zwei Monaten verfügbar. Es ist also noch viel zu früh, zu überprüfen oder sogar schon zu bewerten, ob das Verfahren generell angenommen wird oder nicht.
Wir werden der Überweisung des Antrags aufgrund der parlamentarischen Gepflogenheiten natürlich zustimmen, aber eigentlich könnte er schon an dieser Stelle als erledigt betrachtet werden. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dietmar Bell [SPD]: Direkt abstimmen!)