Rolf Beu: „Die Landesregierung kann in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld in den öffentlichen Personenverkehr investieren“

Landeshaushalt 2017 - ÖPNV

Rolf Beu (GRÜNE): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Herr Rasche hat ja gerade etwas von einer durchgrünten Verkehrspolitik gesagt.
(Christof Rasche [FDP]: Ich habe zitiert!)
– Genau, der Minister hat ja im Prinzip auch gesagt: eine geänderte, moderne Verkehrspolitik. Eine geänderte, moderne Verkehrspolitik bedarf gerade grüner Zielsetzungen – grüner Ziel-setzungen, die auch in Richtung Radverkehrsförderung gehen, was ja auch bereits mein Kol-lege Klocke gesagt hat. Hierzu gehört auch der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“.
Wenn Sie das Motto „Erhalt von Landesstraßen“ wirklich ernst meinen, und dann erwähnen, dass dafür eigentlich 200 Millionen € notwendig sind, dann möchte ich in diesem Zusammen-hang gerne wissen: Was ist denn in Ihrer Regierungszeit damals investiert worden? – Nach meinem Kenntnisstand waren es 55 Millionen €, also ein Viertel dieses Betrages. Wir haben im laufenden Haushalt den Ansatz gegenüber Ihrer Regierungszeit dementsprechend verdoppelt.
Als Sprecher für ÖPNV und Bahnpolitik der Grünen im Landtag kann ich mich ganz besonders freuen; denn Rot-Grün stärkt mit diesem Haushalt die ökologisch nachhaltigen Verkehre und sorgt gleichzeitig dafür, dass alle Menschen partizipieren können. Das ist kein politisches Gerede, sondern meine Aussagen beruhen auf Tatsachen, und diese Tatsachen möchte ich an drei Beispielen verdeutlichen.
Ich komme zunächst zu Ihrem Lieblingsthema – das habe ich heute auch schon wieder gehört –, dem Sozialticket. Mit einem Ansatz von 40 Millionen € bleiben wir in NRW klar auf einem sozialen Kurs. Rot-Grün ermöglicht Mobilität und damit Teilhabe für breite Schichten der Bevölkerung unseres Landes. Fast 300.000 Menschen, also eine mittelgroße Großstadt, profitieren davon. Rund 85 % aller Berechtigten haben Zugang zum Sozialticket.
Um dem Mythos entgegenzuwirken: Es stehen einer Hartz-IV-Empfängerin, einem Hartz-IV-Empfänger rechtlich rund 23 € für Mobilität im Monat zu. Jeder, der weiß, wie die Ticketpreise hier im Land sind, wird feststellen, dass man damit nicht besonders weit kommen kann. Es wäre natürlich viel schöner und eigentlich auch viel gerechter, wenn die Bundesregierung die Regelsätze im SGB II entsprechend nachhaltig anpassen würde.
Zweites Beispiel, das ÖPNV-Gesetz, auch wenn wir es erst in zwei Wochen hier im Plenum diskutieren werden: Das neue ÖPNV-Gesetz setzt Maßstäbe. Mit Sonderprogrammen macht Rot-Grün den ÖPNV in NRW fit für die Zukunft, auch ein Ergebnis grüner Verkehrspolitik.
Wir werden zukünftig die Anschaffung von Elektrobussen gezielt fördern. Aufgegebene Bahnstrecken werden wir reaktivieren.
(Minister Michael Groschek: Richtig!)
Bestehende Strecken werden wir elektrifizieren. Der ÖPNV muss klimafreundlicher werden. Wir haben in unseren Innenstädten zu hohe Stickoxide und Feinstaubbelastungen. Wir investieren, damit dieses Land, damit die Städte sauberer werden. Dazu gehört unabdingbar ein gutes ÖPNV-Angebot.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Rehbaum?
Rolf Beu (GRÜNE): Ja, gerne.
Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist nett von Ihnen, bitte schön.
Henning Rehbaum (CDU): Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass die Regelsätze bei Hartz IV im Bereich Verkehr nicht ausreißen. Welche Anstrengung haben Sie denn bzw. Ihr Koalitionspartner oder die Landesregierung unternommen, um diese Regelsätze bei Frau Nahles anzupassen?
Rolf Beu (GRÜNE): Das wäre eine Frage, die Sie nicht an mich, sondern an die Kolleginnen und Kollegen der SPD im Prinzip wenden müssen. Wir Grüne haben uns auf jeden Fall im Bundestag permanent dafür eingesetzt, dass das SGB entsprechend angehoben wird. Dass es dazu keine Mehrheit gegeben hat, liegt nicht an uns, sondern es liegt tatsächlich an dieser Bundesregierung, der, glaube ich, Ihre Partei eher angehört als meine, zumindest momentan noch.
(Beifall von den GRÜNEN)
Drittens: mehr Geld für den ÖPNV. Dank des Einsatzes von SPD und Grünen in den harten Gesprächen auch mit den anderen Bundesländern und mit dem Bund konnte erreicht werden, dass das Regionalisierungsgesetz zugunsten NRWs auf eine breitere Basis gestellt wird. Die Landesregierung kann in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld in den öffentlichen Personenverkehr investieren. Wie wir das ganz gezielt tun, werden wir dies auch hier in der Diskussion über das ÖPNV-Gesetz erläutern. Die zusätzlichen Mittel resultieren aus einem Beschluss des Bundestages und des Bundesrates.
Ganz exakt beziffert: Im kommenden Jahr wird das Land NRW für den ÖPNV rund 1,59 Milliarden € aufwenden. Der Anteil an den sogenannten Regionalisierungsmitteln wird von heute 15,76 % auf 18,99 % im Jahre 2030 schrittweise ansteigen. Alles zusammengerechnet, stehen uns für den ÖPNV von 2016 bis 2031 rund 26 Milliarden € zur Verfügung.
Wir werden auch in der Januarsitzung über die Ergebnisse der Enquetekommission für die Zukunft des ÖPNV debattieren können. Hier und heute werden wir dem Einzelplan 09 gerne zustimmen. „Für allzeit gute Fahrt“, wie es unter den Bahnerinnen und Bahnern heißt. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN) 

Mehr zum Thema

Haushalt & Finanzen, ÖPNV