Dr. Robin Korte (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Deckmantel der Transparenz versuchen Sie als AfD mit diesem Antrag Ihre in den Parlamenten längst erprobte Art der Öffentlichkeitsarbeit, die wir auch hier im Landtag regelmäßig ertragen müssen, jetzt auch in die Kommunen zu tragen.
(Andreas Keith [AfD]: Sie müssen das nicht ertragen!)
Die Begründer des deutschen Parlamentarismus – 1848 in der Frankfurter Paulskirche – hätten sich nicht vorstellen können, dass es einmal in unserem Land eine Partei wie die AfD geben würde, die nicht nur die Demokratie bekämpft, sondern auch die parlamentarische Debatte derart ins Lächerliche ziehen will,
(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])
indem sie regelmäßig auch hier im Plenum nur in die Kamera dort oben und für TikTok spricht, anstatt zu den anderen Abgeordneten.
(Sven Werner Tritschler [AfD]: Sie hören ja nicht zu!)
Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie den gleichen Stil auch in den Kommunen einführen und dort pflegen wollen.
Dass es Ihnen dabei um Transparenz geht, ist schwer zu glauben. Denn Transparenz gibt es bereits – meine Vorredner*innen haben das erwähnt –, und das unterscheidet kommunale Räte und Kreistage in unserem Land und die Sitzungen, die da stattfinden, von so manchem Parteitag der AfD.
Die Gemeindeordnung schreibt vor, dass so gut wie alle kommunalen Gremien öffentlich tagen und entscheiden müssen. Wo es nichtöffentliche Sitzungen gibt, ist das immer auch gut begründet. Die interessierte Öffentlichkeit und die Presse nehmen an diesen Sitzungen auch durchaus teil und berichten darüber, während sie bei so manchem Parteitag oder auch bei Wahlpartys der AfD auch gerne mal ausgeschlossen oder von Security-Personal kontrolliert werden. Sie sollten erst mal für grundlegende Transparenz im eigenen Laden sorgen, bevor Sie mit diesem Antrag in die Kommunen gehen.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und Frank Müller [SPD])
Jenseits der verlogenen Intention hinter diesem Antrag ist das, was die rechtsextreme AfD hier fordert, in dieser weitreichenden Art ein tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen; da bin ich mit meiner Vorrednerin Frau Stock einer Meinung.
Die Menschen, die in unseren Kommunen Politik machen, tun das ehrenamtlich. Sie tun es in ihrer Freizeit, und sie tun es oft auch neben einem Vollzeitjob. Kommunale Mandatsträger*innen sind eben keine Personen des öffentlichen Lebens in dem Maße, wie wir als Abgeordnete es sind, für die es selbstverständlich ist und auch selbstverständlich sein muss, dass die Aufzeichnung im Plenum nachher auch im Internet abrufbar ist.
Dass nicht jede Kommunalpolitikerin und jeder Kommunalpolitiker ständig und für alle Zeit verfügbar im Internet zu sehen sein wollen, ist deren gutes Recht und sagt nichts über ihre politischen Qualitäten aus.
Ein verpflichtendes Streaming, insbesondere mit Speicherung, kann dafür sorgen, dass sich am Ende weniger Menschen engagieren, dass sich weniger Menschen vor Ort zur Wahl stellen und einbringen. Denn Bildaufnahmen und Live-Übertragungen erhöhen für einige Menschen, die wir in der Kommunalpolitik auch haben wollen und brauchen, die Schwelle, sich zur Wahl zu stellen und zu Wort zu melden. Das gilt erst recht, wenn man dann noch damit rechnen muss, nachher aus dem Zusammenhang gerissen und in Videos anderer Parteien zusammengeschnitten zu werden, um dann für Verächtlichmachung bzw. Stimmungsmache benutzt zu werden.
Es gibt bereits in einer Vielzahl von Kommunen in unserem Land Livestreams, Aufzeichnungen, Archivierungen – es werden auch immer mehr –, und es ist auch zu begrüßen, dass die Kommunen dieses Angebot machen, nachdem vor Ort darüber diskutiert hat und gemeinsam zu einer Entscheidung gekommen ist.
Wir müssen auch mitdenken, dass es gerade für viele kleinere Gemeinden – es gibt bei uns ja durchaus eine ganze Reihe von Städten und Gemeinden, die sich auch in ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit von der Stadt Köln unterscheidet – sehr aufwendig umzusetzen ist und dass es für die Menschen dort sicherlich wichtigere Prioritäten als das Streaming und die dauerhafte Aufzeichnung der Debatte gibt.
Zugleich muss es aber immer weiterhin möglich bleiben, dass ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen, wenn es vor Ort eingeführt wird, dem auch widersprechen dürfen, wenn sie aus welchen Gründen auch immer nicht im Internet abgerufen werden möchten. Es ist üblich, dass es in den Kommunen, die heute schon einen Stream anbieten, immer auch ein paar wenige Ratsleute gibt, die eben nicht gestreamt und gespeichert werden wollen. Das ist völlig okay; das ist zu respektieren.
Die AfD will mit diesem Antrag dieses Recht beschneiden, mutmaßlich, um in den sozialen Netzwerken Stimmung machen zu können, und weil es Ihnen – das kennen wir auch hier aus dem Plenum – ohnehin nicht um eine konstruktive Politik geht, auch nicht in den Kommunen. Es geht Ihnen nicht um die mühsame Arbeit für gute Lösungen, sondern vor allem um Show und Inszenierung.
(Beifall von Gönül Eğlence [GRÜNE])
Dabei werden auch wir sicherlich nicht mitmachen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)
