Reiner Priggen: „Wir haben für den Haushaltsentwurf bis zu seiner Verabschiedung im Dezember drei Monate, die sehr intensiv und sehr schwierig werden.“

Einbringung des Landeshaushalts 2015

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Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn ich es richtig verfolge, kann ich nur sagen: Herr Lindner, wenn Sie sich Sorgen machen um die Perspektiven der Ministerpräsidentin – die hält ihren Job jetzt schon länger aus als Sie je eine Ihrer bisherigen Stellen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie waren immer vorher weg. Ich will aber gar nicht so viel dazu sagen. Sie befinden sich im Moment in einer wirklich harten Situation. Von daher sollten Sie sich um die Zukunft von anderen Leuten viel weniger einen Kopf machen als um das, was Sie selber zu verantworten haben.
Wenn man in drei Landesverbänden, die im Wahlkampf stehen, Auftrittsverbot hat, wenn die Hamburger Vorsitzende am Montag nach der Wahl mit dem Verweis auf Ihre unsoziale Politik hier austritt, dann gibt es wenig Grund, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich über deren Perspektiven einen Kopf zu machen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP])
Eine Sache muss ich klarstellen, für meine Abgeordneten, für die SPD-Kollegen und für die Landwirte in der CDU: Hier ist eben behauptet worden, der Kollege Remmel sei der erfolgreiche Krisengewinner, der allen anderen – am Kabinett vorbei – das Geld abzockt usw. Das hat mich gleich unruhig gemacht, weil ich Einsparmöglichkeiten gesehen habe
(Lachen von der CDU und der FDP)
und weil es natürlich nicht geht, dass der Finanzminister ihm das durchgehen lässt.
Aber der wahre Hintergrund ist ein anderer: Es geht um die Erhöhung der EU-Fördermittel pro Hektar. Die nordrhein-westfälischen Landwirte haben bisher 33 € pro Hektar bekommen – die ostdeutschen Landwirte 150 €; das nur nebenbei – und erhalten jetzt 50 € pro Hektar.
Das sind Mittel, die durchgeleitet, verwaltet und etatisiert werden. Das ist mitnichten irgendein Krisengewinn, sondern das geht an Stellen, die lange darauf gewartet haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Minister Johannes Remmel: Das sind Verhandlungserfolge! Und dann wird man noch bestraft!)
– Wir wissen ja, von wem Sie bestraft werden.
Ich würde gerne auf einen viel ernsteren Kern eingehen.
Ich bin jetzt 14 Jahre Landtagsabgeordneter. Das heißt, ich habe 14-mal Debatten über Haushalte und Nachtragshaushalte usw. miterlebt. Es gab vier Koalitionsverhandlungen in dieser Zeit. Dass die Haushaltssituation schwierig ist, ist hinreichend bekannt.
Ich hatte mir, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung, ein Stück weit versprochen, dass wir hier eine Debatte führen, die – jedenfalls ein bisschen, Herr Laschet – von der ritualisierten Debatte und den populistischen Schuldzuweisungen wegführt: mit einer wirklichen Analyse und nicht nach diesem Prinzip „Nanokaro statt Nanotechnologie“, wie Sie es eben gemacht haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wissen Sie, Ihre ganze Analyse der Probleme hat eigentlich einen Hauptpunkt: Das Hauptstrukturproblem in Nordrhein-Westfalen ist, dass es eine rote Ministerpräsidentin gibt. Das ist alles.
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])
– Doch. Das mag Sie zufriedenstellen. – Wir müssten an der Stelle zusammenstehen. All die Propaganda, die Sie gegen Nordrhein-Westfalen richten, ist zu Recht angesprochen worden: Sie meinen, Sie erzielen einen kurzfristigen politischen Vorteil, wenn Sie mit all den Etiketten, mit denen Sie die Ministerpräsidentin und andere versehen, nach draußen vermitteln, dass dieses Land an dieser Stelle völlig schief dasteht.
Ich erlebe das doch. Wenn ich bei der Koordination der von Grün mitregierten Bundesländer auf der Bundesebene mitmache – da sind die Regierungen aus sechs anderen Bundesländern vertreten –, sehe ich, dass immer das gleiche Gegenbild gezeichnet wird, zu dem auch Argumente beitragen wie die, die Sie anführen. Das ist doch eindeutig. Das machen die doch nicht aus irgendwelchen Gründen – weil die Ihnen glauben würden –, sondern weil es ihren Interessen dient. Das heißt, was Sie ein Stück weit machen, ist, dass Sie das Land herunterreden und im Wettbewerb mit den anderen Ländern um eine faire Behandlung schwächen – nicht um mehr.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nordrhein-Westfalen ist im Kern ein zutiefst solidarisches Land, und es geht nie darum, mehr zu bekommen, als uns zusteht. Aber wenn ich den Königsteiner Schlüssel als Marke nehme und die Belastungen sehe, die das Land zu tragen hat, sage ich: Wir müssten uns zusammen dafür einsetzen, dass das gemacht wird. – Als Allererstes würde das doch heißen, dass wir uns an der Stelle darüber verständigen, was die Ursache der tiefen finanziellen Probleme und der Strukturkrise, die wir haben, ist. Das ist doch der allererste Punkt; denn nur dann können wir gegenüber den anderen auftreten.
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])
– Nein, bei Ihnen heißt es immer: Das oberste Übel ist, dass die SPD schon zu lange hier regiert und dass Sie nicht regieren. Es gibt Probleme, die sind viel tiefgreifender. Das wissen Sie ganz genau; ich komme gleich auf unsere lokale Sache dabei zu sprechen. Wir wissen, dass es der Strukturwandel in diesem Land ist, der seit über 50 Jahren andauert, und dass sich dieser Strukturwandel auch nicht im Ansatz innerhalb einer Legislaturperiode bewältigen lässt – auch nicht in den fünf Jahren, in denen Sie hier an der Regierung waren.
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])
– Ja, aber das ist nicht die Grundlage Ihrer Politik. Wir hatten im Bergbau, der mit Ihrer Unterstützung beendet worden ist, 600.000 Bergleute, und wir hatten 800.000 Beschäftigte drum herum. Das waren 1,3 Millionen tariflich abgesicherte, vernünftige Arbeitsplätze, keine 400-€-Jobs. Die sind alle weg, und zwar überwiegend im Ruhrgebiet.
(Peter Biesenbach [CDU]: Aber doch nicht in den letzten Jahren!)
Ein Stück weit ist das auch bei uns in der Aachener Region so: Alsdorf-Baesweiler. Wir beide wissen – das ist schon ein bisschen her – dass es auch da noch diese Probleme gibt.
Wir wissen um den Niedergang beziehungsweise – ich sage es einmal so – den Rückgang der Stahlindustrie. Ich selbst war als Ingenieur noch bei Hoesch auf der Conti-Glühe tätig, bei der Kokerei Kaiserstuhl. Man muss einmal sehen, wie weit das im Ruhrgebiet zurückgegangen ist – mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze. Wir haben zum Glück noch Thyssen und andere Stahlbetriebe; die wollen wir auch halten. Trotzdem ist das ein ganz großer Arbeitsplatzverlust.
Wir wissen um den Rückgang der gesamten Textilindustrie. Früher waren Bielefeld, das Münsterland und der Krefelder Raum die Standorte. Alle sind abgewandert. Wir wissen auch, dass an diese Stelle im Münsterland Maschinenbau gekommen ist. Wenn ich mir die Region um Rheine und Gronau anschaue, stelle ich fest, dass dort der Maschinenbau stark präsent ist.
Das sind die Strukturprobleme. Sie konzentrieren sich im Ruhrrevier, im Bergischen Dreieck und minimal bei uns. Aber die Aachener Region ist relativ stark. Das heißt, es konzentriert sich da.
(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
– Herr Lienenkämper, Sie waren lange genug Minister. Sie hatten Verantwortung für die Infrastruktur, und Sie wissen ganz genau – Herr Groschek ist anders daran herangegangen –, dass die permanente Benachteiligung Nordrhein-Westfalens in wichtigen Infrastrukturbereichen allen anderen zupass kommt. Aber wir müssten uns aufstellen und zusammen so auftreten, dass wir sagen – auch in Berlin, also gegenüber dem Bund –: Der Wettbewerb ist in Ordnung. Aber in relevanten Infrastrukturbereichen und bei den Ausgleichen geht es nicht so weiter.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)
– Ja, die Melodie, die Sie hier eben angestimmt haben, hörte sich anders an. – Ich will einige wenige Worte zu den Überschüssen Ost sagen. Wenn ich mit meinen Kollegen aus den anderen Fraktionsvorständen zusammen bin, kommt natürlich auch die Sprache darauf, dass alle fünf ostdeutschen Länder einen Überschuss haben. Es sei ihnen gegönnt. Der Brandenburger Kollege klagt, dass sie nicht wissen, wo sie die Festgelder anlegen sollen, weil es zu wenig Rendite bringt. Selbst das Land Berlin hat Überschüsse.
Sachsen haben Sie gelobt. Das kann ich gut nachvollziehen: 4 Millionen Einwohner, ein Haushalt von 16 Milliarden €, davon 6,5 Milliarden € vom Bund. Wenn ich das umrechne – unsere 18 Millionen Einwohner im Vergleich zu den 4 Millionen Einwohnern – stelle ich fest, wir müssten, wenn die Bedingungen die gleichen wären, vom Bund 30 Milliarden € bekommen. Das ist absurd. Die Ostdeutschen brauchten das. Aber dass wir das jetzt mit über 500 Millionen € pro Jahr über die Kommunen finanzieren, ist der Missstand, der nicht mehr weitergehen kann. An der Stelle müssen Änderungen kommen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich habe schon den Infrastrukturbereich Verkehr angesprochen, für den auch Herr Lienenkämper zeitweilig die Verantwortung hatte. Nun will ich den Infrastrukturbereich Hochschulen ansprechen; denn dort ist es so frappierend, was mit Nordrhein-Westfalen passiert. Die Bundesmittel für die Aus- und Neubauten von Hochschulen und Universitätskliniken werden verteilt. Wir bekommen in Nordrhein-Westfalen 15,4 % der Bundesmittel.
Wir sind nach dem Königsteiner Schlüssel knapp 22. Wir bilden aber 25,8 % der in Deutschland Studierenden aus. Das heißt, ein Viertel derjenigen, die studieren, bilden wir aus, bekommen aber nur 15,4 % der Mittel für die Aus- und Umbauten. Das ist die Disproportion, die da vorhanden ist. Das zieht sich durch alles hindurch. Da müssen wir uns bei allem Wettbewerb gemeinsam aufstellen und sagen: Das kann so nicht weitergehen, das muss auf eine faire Grundlage gestellt werden.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
Ich will noch ein Beispiel bringen für die Solidarität, die Nordrhein-Westfalen zeigt. Die Fernuniversität Hagen hat 80.000 Studierende. Das ist eine gute Hochschule. Von diesen 80.000 Studierenden sind nur 31 % aus NRW; 69 % sind aus anderen Bundesländern. Aber wir tragen zwei Drittel der Kosten – in diesem Haushalt sind es 61 Millionen € –, und wir machen es. Aber das ist eigentlich etwas, was so nicht geht, wie man feststellt, wenn man fair miteinander umgeht.
Mir leuchtet ein, dass wir ein bisschen mehr tragen, weil sich die Infrastruktur bei uns befindet; das ist in Ordnung. Aber mir leuchtet nicht die Relation ein, nämlich dass wir zwei Drittel der Kosten tragen – 30 % der Studierenden kommen von uns –, während Bayern nur das Briefporto bezahlt. Das ist keine faire Relation.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Der Haushaltsplanentwurf wird heute eingebracht. Jetzt haben wir die Aufgabe, zu prüfen und wieder intensiv zu prüfen, ob all das, was wir machen, nötig ist, ob es zu teuer ist und wo wir einsparen können; denn es ist klar, dass wir sparen müssen.
Herr Laschet, Sie haben den Vorschlag in Ihrer letzten Rede gemacht, die Sie mit der Verlesung des Amtseides begonnen haben, wie im Saarland 10 % der Beschäftigten des Landes einzusparen.
Ich würde gern weg von dieser Überschriftenfrage und einmal durchdenklinieren, was es heißt, 10 % einzusparen. Wir haben die großen Personalblöcke bei der Schule mit 152.000 Stellen. In den Hochschulen finanzieren wir knapp 120.000 Stellen. Wir finanzieren bei Polizei und Kommunalem 56.000 Stellen, in der Justiz 32.000, im Finanzbereich 29.000, im Regierungsapparat – Ministerien, Bezirksregierungen usw. – 15.000. Das sind zusammen rund 400.000 Stellen. Das heißt, wenn der Vorsitzende der Oppositionsfraktion darauf hinweist, dass Frau Kramp-Karrenbauer bis 2020 im Saarland 10 % abbauen will, reden wir in Nordrhein-Westfalen über 40.000 Stellen.
Wenn ich weiß, dass ich beim Personal genau hinschauen muss und dass ich Einspareffekte erzielen muss, weiß ich auch: 40.000 Stellen einzusparen, müsste irgendwie machbar sein, indem ich belege, dass hier wirklich überproportional bedient worden ist und hier Bereiche sind, wo mit dem Personal und mit Einstellungen geaast wurde.
Da fand ich es sehr hilfreich, dass die renommierte Firma PriceWaterhouseCoopers, PwC, die viele Untersuchungen macht,
(Zuruf von den PIRATEN: Ob sie renommiert ist, ist die Frage!)
uns im August das wenige Tage alte Länderfinanzbenchmarking zur Verfügung gestellt hat. Für alle 16 Bundesländer vergleicht sie für die verschiedenen Regierungsbereiche, wie hoch die Kosten in den einzelnen Ländern sind.
Ich will beginnen mit der Justiz, Herr Justizminister.
(Minister Thomas Kutschaty: Bitte! – Heiterkeit)
Da wird aufgeführt, wie viele Euro je Einwohner in den einzelnen Ländern aufgewendet werden. Wir liegen an elfter Stelle – ganz oben Berlin. Das ist kein Posten, für den wir besonders viel Geld ausgeben.
Nordrhein-Westfalen gibt 88 € pro Einwohner und Jahr aus. Direkt dahinter sind mit 85 € Rheinland-Pfalz und mit 83 € Niedersachsen. Daraus kann niemand herleiten, dass im Justizbereich überproportional Personal vorgehalten wird und Leute verwöhnt werden. Auffallend ist in der Liste Baden-Württemberg, weil es nur 40 € pro Einwohner aufwendet. Baden-Württemberg hat aber – das ist eine Besonderheit – ein öffentliches Notariatswesen, bei dem die Notare das Geld verdienen und andere Bereiche quersubventionieren. Will das jemand als Einsparoption einbringen? Das ist mir jedenfalls neu aufgefallen.
Aber nicht nur die Kosten pro Einwohner und Jahr werden verglichen, sondern man vergleicht auch – auf den Gedanken kann jemand kommen – die Einnahmen. Ist es so, dass wir zu wenig einnehmen, oder sind wir auch bei den Einnahmen korrekt? Bei den Einnahmen liegen wir auf Rang 4 der Länderreihenfolge. Man kann immer noch sagen: Wir schauen trotzdem, ob man noch ein bisschen mehr machen kann. Wir können auch Nummer 3 oder 2 werden. Aber mit 66 € je Einwohner und Jahr liegen unsere Einnahmen direkt hinter Bayern mit 67 € an vierter Stelle. Die Einnahmeseite ist also nicht vernachlässigt.
Dann komme ich zur Leistungsseite, weil auch das dazugehört. Das ist dann mein letzter Punkt bei der Justiz. Die Frage ist: Wie viele erledigte Zivil- und Strafverfahren je 1.000 Einwohner leistet unsere Justiz? Da liegen wir mit 29,5 abgeschlossenen Verfahren an vierter Stelle aller Bundesländer. Das heißt: beim Personal an elfter Stelle, bei den Einnahmen und bei den Leistungen an vierter Stelle. Diese Bilanz lässt sich sehen. Sie kann auf keinen Fall dazu führen, dass man 10 % der Stellen einspart.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft – Zustimmung von Minister Thomas Kutschaty)
Insofern wird der Bereich wohl ausfallen.
Jetzt komme ich zum zweiten Bereich – der Innenminister ist gerade nicht da –, nämlich zur Polizei. Beim Zuschussbedarf je Einwohner …
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
– Aber so konkret ist das Leben. Wenn man 10 % einsparen will, muss man schon mal darüber diskutieren: Geht das überhaupt? Sind wir da in der Realität?
Der Zuschussbedarf je Einwohner bei der Polizei liegt in Nordrhein-Westfalen an dreizehnter Stelle aller Bundesländer und beträgt 140 € je Einwohner. Ganz oben ist Berlin mit 328 €. Auch in der Hitliste kann man uns keine großen Vorwürfe machen, dass wir verschwenderisch mit Überausstattung seien. Das ist auch nicht die Realität derer, die in der Polizei arbeiten. Insofern lässt sich daraus nicht herleiten, dass wir übermöbliert wären oder zu viel Personal hätten.
Ich schaue die Personaldichte an, um den zweiten Faktor zu bringen, und sehe: In Nordrhein-Westfalen liegen wir je 1.000 Einwohner bei 2,7 Stellen in einem großen Block. In Rheinland-Pfalz, Bayern, Hessen und Niedersachsen beträgt der Wert 2,9 Stellen. Wir liegen zusammen mit Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg bei 2,7 Stellen. Also auch bei der Personaldichte sind wir bei den sparsamsten Ländern mit Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg auf den Positionen 14, 15 und 16. Also: Auch da gibt es keine Übermöblierung. Das heißt: 10 % bei der Polizei einzusparen – das sind 5.000 Stellen –, hat mit der Realität nichts zu tun, Kollege Laschet.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Lachen von Armin Laschet [CDU])
Ich gehe durch zwei weitere Bereiche, weil das aus meiner Sicht sinnvoll ist. Ich würde gern auf den Hochschulbereich zu sprechen kommen, weil ich das eine ganz spannende Debatte finde. Im Hochschulbereich liegen wir gleichauf mit Bayern auf Platz 7 und 8 beim Zuschussbedarf in Euro je Einwohner. Die Bayern geben 3 € mehr als wir aus und liegen bei 271 €, während wir bei 268 € je Einwohner und Jahr liegen. Der Vorwurf, wir würden nicht genug tun, ist an dieser Stelle überhaupt nicht haltbar.
(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Aber wir nehmen doppelt so viele Studierende auf!)
– Ja, Frau Ministerpräsidentin, als ehemalige Fachchefin wissen Sie es genau. Ich habe noch das nächste Blatt.
Wir bilden – an dieser Stelle sind wir mit Spitze – 34 Studierende je 1.000 Einwohner aus; das ist Platz 4 unter allen 16 Ländern. Hessen hat 35. Bayern bildet 26 Studierende je 1.000 Einwohner aus. Das heißt: Mit gleichem Mitteleinsatz sind es in Bayern 26 und bei uns 34 Studierende je 1.000 Einwohner. Wir bilden 50 % mehr Studierende aus. Ich habe vorhin schon gesagt: 25,8 % derjenigen, die in Deutschland studieren, studieren in Nordrhein-Westfalen.
(Zuruf von den PIRATEN: Fasel! Fasel!)
Das ist weit mehr, als es dem Königsteiner Schlüssel entspricht. Daraus herzuleiten, wir könnten 10 % der 120.000 Stellen einsparen, hat nichts mit der Realität zu tun.
(Beifall von den GRÜNEN und Norbert Römer [SPD] – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Und was ist mit den Absolventen?)
Wenn Armin Laschet und ich – wir leben beide in der schönen alten Kaiserstadt Aachen – zum Rektor der RWTH, Ernst Schmachtenberg, gehen und sagen würden, wir wollten 10 % der Stellen bis 2020 einsparen, würde er uns bei aller Freundlichkeit, die ihm eigen ist, rauswerfen – zu Recht.
(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
Da wir die doppelten Abiturjahrgänge haben, geht das nicht.
Wenn wir wissen, dass das bei Polizei, Justiz und Wissenschaft nicht geht, kommen wir jetzt zum Lieblingseinsparschwein der Opposition, nämlich zur Regierung und zum Regierungsapparat. Das sind die letzten Zahlen, die ich vergleiche. Aber es ist hochgradig spannend.
Die Frage ist: Welchen Zuschussbedarf haben die politische Führung und die zentrale Verwaltung je Einwohner und Jahr? Da liegt Nordrhein-Westfalen an allertiefster Stelle. 87 € je Einwohner und Jahr werden für die Landesregierung und für die Landesverwaltung aufgewandt. Das nächste Land ist Niedersachsen an zweitniedrigster Stelle.
(Minister Johannes Remmel: Wir sind die billigsten!)
Ich will Ihnen die anderen Zahlen nennen: Hessen 158 €, Schleswig-Holstein 188 €, Rheinland-Pfalz 147 €. Wir liegen mit 87 € weit unter allen anderen Bundesländern. Der Nächste hat 110 €. Das heißt, wir sind diejenigen, die die billigste Landes- und Regierungsverwaltung haben.
(Zurufe)
– Entschuldigung, ich habe es verstanden. Wir haben – ich werde es korrigieren – im Vergleich mit allen anderen Bundesländern die sparsamste und preiswerteste Landesverwaltung.
(Beifall von Norbert Römer [SPD])
Und diese 40.000 Stellen da einzusparen, hat auch mit der Realität nichts zu tun.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich habe das deswegen so ausführlich gemacht: Man muss nicht alles glauben, was PwC sagt. Aber wir befassen uns seit Jahren mit den Fragen: Wo sind die Einsparpotenziale? Wo sind „Übermöblierungen“? Was können wir da machen? Was muss da weg?
Wenn ich diese Bereiche durchgehe, dann geht es nicht. Insofern ist der Ansatz, populistisch zu sagen „10 % weg“, einer, der mit der Realität im Land nichts zu tun hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
Jetzt komme ich zum Bereich Schule. Der Bereich Schule spielt immer eine bestimmte, starke Rolle in der politischen Auseinandersetzung. Der Kollege Optendrenk, vorhin noch vom Finanzminister gelobt – ich bin mir sicher, er ist sachkundig –, hat am 08.08. in der „Rheinischen Post“ gesagt: Er fordert eine Demografierendite von 300 Millionen € bis 2017, das heißt: 6.000 Lehrerstellen in den nächsten drei Jahren einsparen! Das ist die Forderung der CDU. Gleichzeitig – Herr Laschet fordert bei 10 % 15.000, insofern kann ich mich beim Kollegen Optendrenk bedanken, dass er so sparsam ist und schonend mit der Schule ist – beklagt die CDU die zu hohen Eingangsklassen.
Da muss man irgendwann sagen: Was machen wir jetzt? 6.000 Lehrer noch herausziehen? Dann werden die Klassen noch größer. Aber die Opposition kann natürlich beides gleichzeitig machen. Gleichzeitig fordert die CDU zusätzliches weiteres Personal für die Inklusion.
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])
Und wir haben 1.200 Stellen für die Absenkung der Klassenfrequenzen zur Verfügung gestellt – das, was wir mit der CDU, mit Karl-Josef Laumann, vereinbart hatten. Wir stellen 3.200 Stellen für die Inklusion zur Verfügung. Wir stellen 1.700 Stellen zur Verfügung für die kleinen Grundschulen, mit der CDU vereinbart, auf dringenden Wunsch der CDU-Kollegen, damit im ländlichen Raum gilt: kurze Beine, kurze Wege, und die Kinder zu den Schulen kommen. Das sind 6.000 Stellen. Die stellen wir aus einer Demografierendite zur Verfügung. Wir haben den Pakt mit den CDU-Kollegen dahin gehend gemacht, dass wir in der Schulstruktur zehn Jahre lang das, was verabredet worden ist, umsetzen.
Da kommt die Opposition, die gleiche CDU, jetzt wieder und sagt: zusätzliche 6.000 oder, wenn man Herrn Laschet folgt, 15.000 Stellen. Das geht alles nicht. So kann man das nicht machen.
(Armin Laschet [CDU]: Was kann man denn machen?)
Aber das ist ja nicht alles. Das ist nur die Bilanz des Stellenabbaus.
(Armin Laschet [CDU]: Was kann man machen?)
Lieber Kollege Laschet, jetzt komme ich zu den Mehrforderungen. Da haben Sie auch keine Hemmungen. Gleichzeitig greifen Sie die Landesregierung, die Ministerpräsidentin an, diffamieren sie bundesweit, sie würde zu viel Geld ausgeben. Aber bei den Mehrforderungen null Hemmungen!
Herr Kollege Tenhumberg fordert, dass alle Kitas verpflichtende Öffnungszeiten bis 18:00 Uhr haben, nennt aber nicht den Preis dafür. Wissen Sie, da muss man irgendwann einmal sagen, wie viele Millionen das jetzt kostet und ob ich wirklich, wenn ich eine Betreuung mache, auch das, was über den Kernbereich hinausgeht, als Land finanzieren muss. Natürlich gibt es Leute, die in Schichtarbeit arbeiten und abends Kinderbetreuung brauchen. Da muss man sich fragen: Muss ich das, und kann ich das alles abdecken? Wenn wir es per Gesetz regeln würden, müssten wir es auch bezahlen. Das ist mit Sicherheit konnexitätsrelevant.
Forderungen werden einfach in den Raum gestellt. Gleichzeitig möchte er 100 Millionen € für Schulsozialarbeit zusätzlich vom Land bekommen. Das hat das Land bisher nicht bezahlt.
(Armin Laschet [CDU]: Es gibt auch Geld vom Bund dafür!)
Ich finde die Forderung nicht verkehrt. Aber das Land hat es noch nie bezahlt. Und es ist nicht Landesaufgabe. Es ist von Frau von der Leyen bezahlt worden. Es müsste jetzt von Frau Nahles aus meiner Sicht bezahlt werden. Aber es ist nicht Landesaufgabe.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Kollegen Sternberg und Schemmer haben auch wenig Probleme, zusätzliche Mittel zu fordern – Denkmalpflege – mit dem verstiegenen Satz, es verstoße gegen die Landesverfassung, dass Minister Groschek sehr große zinsgünstige Darlehen anbietet und die einzelnen kleinen Zuschüsse an der Stelle einspart. Das heißt, da macht jemand eine Sparoperation, die sinnvoll ist, bietet eine gute Alternative an. Dann ist das laut Herrn Professor Dr. Dr. Sternberg schon wieder verfassungswidrig.
(Lutz Lienenkämper [CDU]: Dafür kann Herr Sternberg nichts!)
Kollege Laschet hat am 12.06. zusätzliche Mittel für die Ausbildung von Pflegekräften gefordert, allerdings auch ohne Bezifferung, wie viele Millionen das sein sollen. Kollege Tenhumberg hat am 05.06. die Erhöhung der Kindpauschale um 3 % gefordert – 44 Millionen €. Der sehr geschätzte Kollege Kaiser fordert für die Grundschulleitungen mindestens A14, jetzt sind sie in A12.
In einer Zeit, in der wir darum kämpfen, dass wir die Besoldungsanpassung weitergeben können, pauschal 2.800 Schulleitungen mit mindestens A14 zu bezahlen – das sind mindestens 10 Millionen €: Wir haben es ja!
Am 26.08. fordert der Kollege Kuper zusätzlich 100 Millionen € vom Land für den Unwetterfonds. Den Grundgedanken dahinter, einen Fonds aus GFG-Mitteln zu bilden, der auch bei Herrn Kuper auftaucht, finde ich richtig. Aber wieso soll das Land noch einmal 100 Millionen € bereitstellen? Wir haben es ja. Wir schwelgen im Überschuss.
Am 05.09. der große Wurf von Herrn Laschet, zum dritten Mal gefordert: 100 Millionen € für die Schulsozialarbeit plus 35 Millionen € für die digitale Bildung plus 15 Millionen € für die Lehrerfortbildung
(Armin Laschet [CDU]: Alles zusätzliches Geld!)
plus 85 Millionen € Masterstudiengänge plus 25 Millionen € für die Medizinische Fakultät in OWL: Summe 400 Millionen € zusätzliche Forderungen. Wir werden beschimpft, dass die Schuldenaufnahme erhöht wird. Gleichzeitig fordern Sie eine Reihe undifferenzierter Positionen zusätzlich. Ist das solide Finanzpolitik?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Diese Mehrforderungen der CDU vom 05.09. haben am 06.09. zu dem Kommentar von Herrn Vornholt im „Westfälischen Anzeiger“ geführt – ich lese es noch einmal vor, weil es so schön ist –:
Nur eine Oppositionspartei kann sich ein solches Wünsch-dir-was-Vorgehen leisten. Die CDU-Parlamentarier lenken bei aller berechtigten Kritik an der rot-grünen Landesregierung mit ihrer Schlagzeilenpolitik zunehmend vom seriösen Pfad ab.
(Beifall von Norbert Römer [SPD])
Statt eine klare Linie zu verfolgen, setzen die Christdemokraten mehr und mehr auf eine Strategie, die populär bis populistisch daherkommt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es ist richtig, was er gesagt hat.
Es kommt immer wieder die Argumentation, aber der Bund gebe doch zusätzliches Geld mit den BAföG-Mitteln. Die Argumentation kommt immer wieder.
(Armin Laschet [CDU]: Ja!)
Dann frage ich: Was haben wir nicht unter schwierigen Diskussionen an zusätzlichen Mitteln, die der Bund angeboten hat, geleistet? Wir haben zusätzliche Mittel an die Hochschulen gegeben. 409 Millionen € haben wir zusätzlich für den Haushalt beschlossen. Das tut weh, weil man das über Schulden finanzieren muss. Aber wir haben es gemacht, weil der doppelte Abiturjahrgang in den Schulen, Hochschulen drin ist, davon 306 Millionen € für die Hochschulen, 103 Millionen € für die FH. Das heißt, wir haben das gemacht.
Wir haben bei der Inklusion in einem sehr schwierigen Prozess, bei der der Kollege Römer eine stark vermittelnde Rolle eingenommen hat, 35 Millionen € zusätzlich geleistet, damit die Inklusion in Übereinstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden verwirklicht werden kann und damit nicht die Eltern, die darum kämpfen, dass ihre Kinder eine Chance haben, wegen eines nicht aufzulösenden Zwistes zwischen uns und den kommunalen Spitzenverbandes an der Stelle keine Chance haben.
Mit dem Dritten Kinderbildungsgesetz haben wir noch mal 100 Millionen € zur Verfügung gestellt. Das ist insgesamt 1 Milliarde an Mehrausgaben, weil es eine Titanleistung ist, neben dem Kindergarten und neben der Schule noch ein System der U3-Betreuung aufzubauen. Wir wissen, dass es dazu gehört und die jungen Frauen und Männer, die Kinder bekommen, das erwarten und wünschen. Aber es ist eine zusätzliche Leistung.
(Zurufe von der CDU)
Aber wenn Sie uns für die letzten vier Jahre darstellen – ich weiß, wie wir arbeiten –, tun Sie so, als würden wir nur überlegen: Wo ist das nächste Fenster, um das Geld rauszuschmeißen. – Das, was wir machen, und das Geld, das wir zur Verfügung stellen, findet bei Ihnen keine Erwähnung.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich habe am vergangenen Sonntag darauf verzichtet, nach Dortmund zu fahren und mir das Fußballländerspiel anzuschauen, und den Sonntag damit zugebracht, alle Reden, die Kollege Laschet hier in seiner neuen Funktion als Fraktionsvorsitzender gehalten hat, zu lesen und anderes.
(Heiterkeit von der SPD)
Ich habe auch die Einsparvorschläge der CDU-Kollegen gelesen. Mein Mitarbeiter hat mir aber auch die letzte Rede von Herrn Laumann zur Haushaltsverabschiedung am 18. Dezember dazugelegt. Die Rede ist interessant. Ich will den Satz zitieren, den ich spannend finde. Kollege Laumann ist so etwas wie eine ehrliche Haut. Wir haben ihn in all den Jahren hier erlebt, und ich will ihn positiv als jemanden beschreiben, der manchmal an Punkten, bei denen man es nicht erwartet hat, zum Beispiel als wir über Schule und anderes diskutiert haben, einen unerwarteten Schritt gemacht und gesagt hat: Das ist im Interesse der Kinder vernünftig.
Bei der Forensik hat er beispielsweise gesagt: Jede Ministerin, die neue Forensikstandorte ausweisen muss, wird nie glücklich. Aber wir machen es nicht zum Wahlkampfthema – das wird lokal diskutiert –, weil die Auseinandersetzung auf dem Rücken der Leute ausgetragen würde.
In seiner Rede am 18. Dezember hat Laumann den bemerkenswerten Satz gesagt:
„Wir werden wohl in Nordrhein-Westfalen nie nur durch Sparen zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen, … „
Diesen Satz finde ich bemerkenswert, weil Sie immer wieder öffentlich den Eindruck erwecken, das Problem sei, Landesregierung und Koalitionsfraktionen würden das Geld rausschmeißen.
(Armin Laschet [CDU]: Nein!)
Sie und Herr Optendrenk versuchen den gegenteiligen Eindruck zu erwecken, wenn Sie pauschal 40.000 Stellen – Herr Optendrenk 6.000 Lehrerstellen – streichen wollen. Das wird nicht gehen.
Ich sage es noch mal: Die Arbeit wird konkret werden. Herr Laschet, Sie haben in Ihrer letzten Pressemitteilung gesagt: Schluss mit der Lila-Laune-Politik. – Bei diesem Satz habe ich am Sonntag gelacht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das gilt als Allererstes für Sie. Die Nummer, einfach pauschal vorzugehen, geht nicht mehr. Wenn Kollege Optendrenk sagt – Zitat –, die Schulverwaltung sei mit Hunderten Stellen übermöbliert, muss ich mir grundsätzlich Gedanken machen: Brauche ich in der Schulverwaltung noch alle? Kann ihre Arbeit nicht direkt in den Schulen gemacht werden, indem ich den Schulleitern mehr Verantwortung gebe? Kann das unten erledigt werden? Das ist die Grundfrage. Aber dann muss es konkret werden. Hunderte von Stellen? Dahinter muss man drei Fragezeichen setzen. Lassen Sie uns dann darüber reden: Welche Aufgabe muss nicht mehr gemacht werden? Was kann in den Schulen geregelt werden? Wo kann ich das hingeben? So sähe es ganz konkret aus, aber nicht so pauschal.
Ich will Ihnen noch zwei Beispiele liefern, wo wir Detailarbeit machen müssten. Ich will die Frage der Polizeistruktur ansprechen, Herr Kollege Laschet. Der Innenminister ist nicht da; er wird mich nachher schlagen. Wir haben darüber diskutiert, dass wir in Nordrhein-Westfalen 47 Kreispolizeibehörden haben. Hessen hat sieben, Bayern elf, Rheinland-Pfalz fünf. Berlin lasse ich mit einer außen vor. Das heißt, wenn wir dort keine Stellen einsparen können – ich habe es vorhin gesagt –, müssen wir gucken: Was können wir an Effizienzen heben in unseren gewachsenen Strukturen,
(Christian Lindner [FDP]: Richtig!)
die heute besser und schneller arbeiten und mit weniger Häuptlingen auskommen können, während ich unten jeden Streifenwagen und jede kleine Wache vor Ort lasse? Das ist der entscheidende Punkt.
(Christian Lindner [FDP]: Machen Sie doch mal einen Vorschlag!)
Wir beide, Kollege Laschet und ich, wissen aus der Städteregion Aachen, dass wir für die Stadt und den Kreis Aachen ein gemeinsames Polizeipräsidium haben und dass das hervorragend klappt. Ich frage mich immer wieder: Wieso geht das, was bei uns gut geht – es ist keine Wache in der Eifel geschlossen worden –, nicht auch von Düsseldorf aus für Mettmann und für Neuss? Warum müssen wir drei haben? Warum kann ich nicht sagen: Die Indianer, die unten die Knüppelarbeit machen, die Streife schieben, erhalten wir, aber oben dünnen wir die Führungsebene ein Stück weit aus, um uns die Effizienz zu holen.
(Christian Lindner [FDP] nickt.)
Das wäre unsere Aufgabe, wenn wir das überprüfen wollen. Der Innenminister hat diese Arbeit jetzt eingeleitet und wird das machen. Diese Effizienz müssen wir heben. Das ändert nichts an der Grundpersonalfrage, aber wir müssen uns der Aufgabe stellen. Ich habe da keine Illusionen. Wenn wir es anpacken, wenn wir so einleuchtend argumentieren und sagen: „Das, was in Hessen, Bayern und anderen Ländern ging, muss doch ein Stück weit auch bei uns gehen“, sind Sie der Erste, der auf der anderen Seite ist, von Sicherheitsrisiko spricht und fragt: Was macht ihr an der Stelle?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich will ein zweites Beispiel ansprechen, das mir aufgefallen ist. Meine Kollegin Schäffer hat uns alle dazu bewogen, uns in Nordrhein-Westfalen Feuerwehrleitstellen anzusehen. Denn wir müssen nicht nur diskutieren „Was machen wir“, sondern müssen auch schauen: Wo sind derartige Einrichtungen, die einsparbar sind, bei uns in der Fläche in den Kommunen? Wir haben in Nordrhein-Westfalen 52 Feuerwehrleitstellen von 54 Gebietskörperschaften. Es gibt nur zwei Gebietskörperschaften, die Feuerwehrleitstellen zusammengelegt haben: wieder Aachen und Wuppertal/Solingen.
Berlin hat eine Feuerwehrleitstelle für 4 Millionen Menschen, Hamburg hat eine, Schleswig-Holstein sieben, und die Niederlande haben für 17 Millionen Menschen zehn. Wir haben 52. Bei dieser Relation muss man sagen: Das kostet immer in der Führung zusätzliches Geld.
Es gilt die Einsatzzeit. Wenn eine Brandmeldung kommt, muss in acht Minuten ein Feuerwehrwagen da sein. Das heißt, die, die die Arbeit machen, sind dann da. Aber in den Führungsebenen, in der Steuerung habe ich mit den heutigen modernen Kommunikationsmitteln Synergieeffekte, die es vor 40 Jahren nicht gab. Wenn ich in Aachen in der gemeinsamen Leitstelle des Kreises und der Stadt Aachen bin, sieht das aus wie in einem Kraftwerksleitungsterminal. Da sitzen die, machen die Rettungseinsätze und die Feuerwehreinsätze. Wenn dann Fettdonnerstag ist, sitzen da ein paar mehr Leute und steuern das. Aber die bewältigen das.
Wieso brauchen wir im Ruhrgebiet alleine 14 Leitstellen? Ich müsste das Ruhrgebiet mit Berlin oder anderen vergleichen können. Berlin hat eine Leitstelle, und wir im Ruhrgebiet haben 14. Da müssen wir drangehen. Ich habe auch da keine Illusionen.
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])
– Bitte schön, Herr Kollege Laschet. Ich weiß doch, wer als erster auf der anderen Seite ist. Ja, so ist das dann.
(Weitere Zurufe von der CDU)
– Die ganze Rede geht die Probleme und Aufgabenstellungen konkreter an, als Sie das eben in Ihrer Nano-Rede gemacht haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir diskutieren heute die Einbringung des Haushalts 2015 und den Nachtrag. Wir haben vier Jahre lang eine deutlich fallende Linie in der Neuverschuldung hinbekommen. Ich will es überhaupt nicht leugnen: Wir haben zwei problematische Stellen im Haushalt, die wir in der Folge bewältigen müssen:
Wir haben eine doppelte Nullrunde beim Verfassungsgericht nicht durchbekommen. Das Verfassungsgericht hat anders geurteilt. Wir müssen das, was wir an Personaleinsparungen holen wollten ohne großen Stellenabbau in einer anderen Form realisieren. Das heißt: Wir haben eine erste Einspartranche und werden in den nächsten Jahren 150 bis 160 Millionen € pro Jahr im Personalbereich einsparen müssen. Das ist einfach ein Teil der Konsolidierung.
Wir haben als Zweites die Einbrüche bei den Steuern, vor allen Dingen bei der Körperschaftsteuer. Ich habe eben wieder die ritualhaften Vorwürfe an den Finanzminister gehört, das sei wieder ein Verschulden des Finanzministers und der Führung im Lande.
Ich schaue mir drei andere Bundesländer an: Im Vergleich zum Vorjahr haben wir von Januar bis Juli bei der Körperschaftsteuer ein Minus von 15 %. Das bedeutet bei uns 581 Millionen € weniger. Baden-Württemberg hat im gleichen Zeitraum plus 87 %, 358. Hessen hat im gleichen Zeitraum minus 78,5 %.
So wie es die Kollegen aus der Opposition machen, mache ich in der politischen Liturgie folgende Zusammenfassung: Der grüne Ministerpräsident holt plus 87, die rote Ministerpräsidentin hält sich mit minus 15 im Mittelfeld, und der schwarze in Hessen hat minus 78. Frage: Wer kann es? – Das ist doch eine völlig alberne Betrachtung!
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD, Ministerin Sylvia Löhrmann und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)
Wir haben für den Haushaltsentwurf bis zu seiner Verabschiedung im Dezember drei Monate, die sehr intensiv und sehr schwierig werden. Ich sehe, dass wir von der Opposition keine Einsparvorschläge bekommen, und gehe davon aus, dass Sie mit Begeisterung allen Einsparvorschlägen, die wir ausarbeiten und einbringen, zustimmen werden.
Wir müssen auf jeden Fall die Schuldenaufnahme absenken. Es nützt nichts. Bis jetzt haben wir einen Weg verfolgt, den wir fortsetzen müssen. Wir müssen alle verfügbaren Instrumente nutzen. Das wird unsere Aufgabe – die der Regierungsfraktionen und anderer – in den nächsten drei Monaten sein.
Es wird noch viele spannende und konkrete Diskussionen mit der Opposition geben. Ich freue mich auf die Debatten. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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