Reiner Priggen: „Hauptverursacher der Schäden sind zu 99 % Lkws. Deswegen muss man an der Stelle auch konsequent sein.“

Unterrichtung der Landesregierung zur Sperrung der Rheinbrücke A1 bei Leverkusen

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Rasche, Sie wissen es besser, als Sie es eben ausgeführt haben. Da Sie gleich noch einmal als Redner an der Reihe sind, will ich Ihnen in genau sieben Punkten antworten. Ich meine, wir sollten da Gemeinsamkeiten haben.
Erstens. Wir brauchen eine leistungsfähige Infrastruktur und müssen den Erhalt der Brücken – sowohl Autobahnen, Landesstraßen und kommunale Straßen – gewährleisten, weil das einfach Voraussetzung dafür ist, dass vernünftig produziert und gelebt werden kann. Am Beispiel der Kölner Brücke sieht man ja gerade, wie wichtig das für die Chemiebetriebe in Leverkusen ist.
Zweitens. 3,5 Milliarden € in NRW in zehn Jahren allein für die Bundesautobahnen plus die Landesstraßen plus die kommunalen Straßen sind – wir kennen die Situation der Kommunen und des Landes – nicht zu stemmen, ohne dass wir zusätzliche Einnahmen haben.
Drittens. Hauptverursacher der Schäden sind zu 99 % Lkws. Deswegen muss man an der Stelle auch konsequent sein. Als die Kölner Brücke gebaut wurde, war das Durchschnittsgewicht von Lkws 24 t. Heute liegt es bei 44 t. Deswegen ist es auch klar, wer das aus meiner Sicht bezahlen muss. Es sind nicht die Berufspendler, die es verursachen, sondern wir müssen dazu kommen, dass wir die Lkws zur Kostendeckung heranziehen und auch das Übergewicht vernünftig kontrollieren; denn über 30 % der Lkw- Frachten laufen nachweislich, über Stichproben festgestellt, mit erheblicher Lastüberschreitung.
(Beifall von den GRÜNEN)
Viertens. Wir brauchen eine strategische Reparaturplanung. Es ist doch völlig klar: Wenn auf der Sauerlandlinie zwischen Dortmund und Frankfurt drei Brücken zwischen zwei Abfahrten liegen, dann kann man die eine in drei Jahren, die nächste in sieben und die letzte in zehn Jahren reparieren; denn jedes Mal müssen Umleitungen eingerichtet werden. Ich muss mir schon überlegen, wie ich zwischen zwei Abfahrten alles in einem Rutsch reparieren kann, weil das allein schon mehrere Jahre dauert und ich den gesamten Umleitungsverkehr gewährleisten muss.
Das heißt, ich brauche eine vernünftige strategische Planung, wie ich all die Dinge, bei denen es erforderlich ist, so reparieren kann, dass der Verkehr auf den Hauptverkehrsadern – das sind die Bundesautobahnen – auch durchlaufen kann.
Fünftens. Als die Lkw-Maut berechnet worden ist, ist nicht die Kostenbewältigung all dieser Brückenreparatur- und ‑unterhaltungsmaßnahmen einberechnet worden. Deswegen müssen wir da zu einer Neuberechnung kommen. Deswegen finde ich den Vorschlag des Ministers absolut richtig. Wir brauchen eine verursachergerechte Regelung über die Lkw-Maut. Und ich sage: Wir brauchen sie für alle Fahrzeuge ab 3,5 t, und zwar auf allen Straßen, weil ich sonst nicht weiß, wie Land oder Kommune das finanzieren sollen.
Das ist mein Hauptkritikpunkt, Herr Rasche: Wir haben ein Verantwortung für den Erhalt der Infrastruktur. Egal, wer nächstes Jahr im September in Berlin regiert – wir müssen die Frage beantworten: Wo sollen die Milliarden herkommen, die dafür zusätzlich gebraucht werden? – Wir wissen doch genau, dass wir das Geld nicht haben. Wir haben die Mittel für Sanierungsmaßnahmen von 54 auf 80 Millionen € erhöht und beim Neubau heruntergesetzt, weil der Erhalt an der Stelle einfach wichtiger ist. Aber wir wissen, dass wir die Summen, die da nötig sind, nicht allein aufbringen können. Das wissen Sie genauso. Wenn Sie in der Regierung wären, könnten Sie das auch nicht. Und zusammen müssen wir es für den Bund beantworten.
Letzter Punkt: Ich finde die Fondslösung, die Minister Groschek hier vorgeschlagen hat, an der Stelle richtig. Ich finde, dass man die strategische Planung, wie man repariert, offen und transparent mit allen, mit den Betrieben, IHKs und Kommunen, diskutieren sollte, weil man nicht drum herumkommt. Und das kann man auch konsensual tun.
Es sind also sieben Punkte, in denen wir uns über Maßnahmen verständigen können, die absolut notwendig sind. Wir können über viele Punkte streiten, aber eine Situation, in der Bayer Leverkusen seinen Betrieb nicht aufrechterhalten kann und wenige Jahre später die nächste Brücke etwas weiter rheinaufwärts kaputt ist, können wir uns nicht leisten. Oder ich stelle mir vor, in Duisburg mit dem Hafen die Infrastruktur zu erhalten und nachher der Stadt Duisburg zu sagen: Ihr schafft es nicht mit den kommunalen Brücken und fangt an, eine nach der anderen zu sperren.
Gute 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, nach dem Aufbau der Infrastruktur im Osten jetzt nicht in der Lage zu sein, eine gut ausgerüstete Infrastruktur im Westen zu erhalten, das wäre ein Armutszeugnis. Wir müssen uns ehrlich fragen: Was sind die Maßnahmen, die konkret nötig sind? Und wie bekommen wir es vernünftig finanziert? Da muss man sich verständigen – egal, wer in Berlin regiert. Das ist die Verantwortung, die wir zusammen haben. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

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