Reiner Priggen: „Da sage ich Ihnen als angeblicher grüner Spießer: Es gehört auch dazu, dass man die Rechtsstaatlichkeit, die Planungssicherheit, die Planungsprozesse sorgfältig einbezieht.“

Aktuelle Stunde auf Antrag der FDP-Fraktion zu new.Park

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Witzel, dieses dröhnende Verlangen nach Bekenntnissen oder Signalen der Planungssicherheit nützt überhaupt nichts. Wir beide sind gleich lange im Landtag. Ich habe gelernt, dass Landesplanung eine Königsdisziplin dessen ist, was man überhaupt an planerischen Tätigkeiten machen kann. Sie können Bekenntnisse mit Ihrem Messias ohne besondere Haftung abgeben, aber damit kommen Sie an dieser Stelle nicht weiter. Sie müssen sauber und sorgfältig planen und zur Kenntnis nehmen – das ist genau das, was passiert –: Sie werden immer wieder vom Oberverwaltungsgericht, vom Europäischen Gerichtshof genau in diesem Prozess korrigiert.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will es Ihnen noch einmal erklären, weil Sie offensichtlich immer mal Aussetzer haben. Sie haben in der Zeit von 2005 bis 2010 hier regiert. Sie waren in der Zeit für die Planungsentscheidungen in diesem Bereich zuständig. Das ist eine Region, bei der wir über jeden Arbeitsplatz froh sind, bei der es aber gewisse hohe Vorbelastungen gibt und bei der Sie vier Projekte zugelassen und angestoßen haben, und zwar alle parallel und ohne abzuwägen.
Das ist auf der einen Seite das E.ON-Kraftwerk in Datteln. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat den Bebauungsplan in Grund und Boden zerfetzt, und Sie haben ein landesplanerisches Desaster angerichtet. Nicht wir haben es gemacht, sondern Sie haben es falsch eingestielt.
(Beifall von den GRÜNEN – Marcel Hafke [FDP]: Sie wollen es gar nicht!)
Etwa zur gleichen Zeit, ein bisschen früher, ist die Kraftwerksplanung der Steag in Herne eingeleitet worden. Lünen ist seinerzeit auch eingeleitet worden. Auch bei Lünen haben Ihnen die Gerichte – deswegen gibt es noch einmal den Erörterungstermin – im Prinzip Ihre Planungsleistung zerschlagen. Und dann packen Sie obendrauf noch Waltrop.
Jetzt gibt es – das ist vom Kollegen Schmeltzer schon richtig gesagt worden – ein Gerichtsurteil vom 1. Dezember 2011: das Trianel-Urteil des OVG Münster zu Lünen. Das ist keine grüne Einrichtung, sondern das Oberverwaltungsgericht, das für Landesplanung zuständig ist. Dieses hat davon gesprochen, dass es so etwas wie eine Summationswirkung in der Region gibt. In einer Region gibt es ein bestimmtes zulässiges Maß an Belastungen. Wenn das Maß überschritten ist, geht da nichts Neues mehr. Dann hat das Gericht eine Prioritätenabfolge genannt: Die Planungen, die zuerst beantragt werden, haben ein Vorrecht. In dieser Reihenfolge der Planungen gibt es vor Lünen und vor newPark nämlich Herne von der Steag und Datteln von E.ON. Dann kommt Lünen, und nach drei Kraftwerken kommt newPark.
Wenn Sie Zeitung lesen – das sind im Übrigen keine Pressemitteilungen der Grünen –, sollten Sie ganz sorgfältig feststellen können, dass die Trianel, um Lünen möglich zu machen, mit Steag einen Vertrag geschlossen hat. Sie hat für den Betrieb des Kraftwerks in Lünen die finnische Fortum herausgenommen und nimmt an der Stelle die Betriebsmannschaft der Steag. Dafür reduziert die Steag ihr Emissionspotenzial in Herne, sodass man insgesamt hofft, in der Summationswirkung Lünen gängig zu machen. Das ist das, was die Firmen machen, weil sie genau wissen, dass das Maß voll ist, und auch wissen, dass das OVG da wieder drüberschaut. Das alles ignorieren Sie und wollen es nicht wahrhaben.
Da sage ich Ihnen als angeblicher grüner Spießer: Es gehört auch dazu, dass man die Rechtsstaatlichkeit, die Planungssicherheit, die Planungsprozesse sorgfältig einbezieht. Der Kollege Ellerbrock kennt das alles; deswegen hat er an der Stelle auch ganz zurückhaltend auf Ihren Dröhnbeitrag reagiert. Es nützt nämlich nichts: Wenn man nicht sauber und sorgfältig arbeitet, hat es keinen Zweck, hinterher herumzudröhnen und Bekenntnisse zu fordern. Es rächt sich nämlich, wenn man nicht ordentlich arbeitet.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das haben Sie aber an der Stelle gemacht. Um das ganz klar zu sagen: Man kann über Projekte streitiger Auffassung sein, aber es hilft niemandem, wenn man Leute durch schludrige Planungsarbeit vor die Gerichte jagt. Es hilft nicht den Investoren, die wissen wollen, ob sie handeln können, und das auch möglichst schnell, sonst kostet es unnötig Geld und Zeit. Es hilft nicht den Bürgern, die man damit auf die Bäume jagt. Es hilft auch nicht der lokalen Politik, weil sie sich von Manövern ablenken lässt.
Da haben Sie einen Fehler nach dem anderen gemacht. Alle Projekte, über die ich geredet habe und die damit zusammenhängen, liegen in Ihrer Regierungszeit. Das ganze Desaster haben Sie zu verantworten und nicht diejenigen, die mit den Konsequenzen leben müssen. Zu dieser Verantwortung sollten Sie auch einmal stehen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)