Oliver Keymis: „Wir müssen uns der Digitalisierungsfrage für die Zukunft stellen“

Gesetzentwurf der Landesregierung zum 22. Rundfunkstaatsvertrag - zweite Lesung

Oliver Keymis (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das waren ja gerade heiße parlamentarische Minuten, wo es um etwas Wesentliches ging.
Aber ich will vorwegschicken – und das sage ich mit allem Ernst –, dass es schon richtig wäre, wenn der Medienminister und zugleich der Ministerpräsident, dessen Unterschrift unter dem Staatsvertrag steht, bei so einer Debatte anwesend wäre; das muss man so sagen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich finde es deshalb auch keine ungebührliche Forderung vonseiten der Opposition, das auch einzuklagen. Die parlamentarischen Mittel werden dann entsprechend unserer Geschäftsordnung genutzt; das ist aus meiner Sicht soweit in Ordnung. Wenn die Mehrheit dann so entscheidet, hat sie es entschieden; das ist dann allerdings auch in Ordnung.
Aber es ist eigentlich schon schade – und zwar nicht, weil wir uns immer alle freuen, wenn der Ministerpräsident dem Hohen Hause beiwohnt, sondern weil es auch um sein Thema geht, das in der Staatskanzlei federführend verhandelt wird.
Damit sind wir beim Staatsvertrag, der durch die Landesregierung vorverhandelt worden ist, wie sich das seit Jahrzehnten gehört. Deshalb können wir an dieser Stelle auch noch einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern freundlich danke sagen, die das über die Jahre konsequent tun und in einer gewissen Harmonie, die man unter den Landesregierungen pflegt, solche Verträge aushandeln.
Diese Verträge, zumindest was den Staatsvertragsteil betrifft, diskutieren wir hier, wir beraten sie in Anhörungen und nehmen Sie dann zustimmend oder ablehnend zur Kenntnis. Ich darf hier für die grüne Fraktion ankündigen, dass wir dem 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen.
Die inhaltlichen Diskussionen sind aus unserer Sicht, was den Medienteil betrifft, nicht weit genug vorangetrieben; das ist auch in der Anhörung deutlich geworden.
(Der Ministerpräsident betritt das Plenum. – Mehrere Zurufe: Ah! – Vereinzelt Beifall – Michael Hübner [SPD]: Schön, dass Sie es einrichten konnten!)
–  Als ob ich ihn jetzt herbeigeredet hätte.
(Heiterkeit – Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Ministerpräsident, es ist schön, dass Sie da sind. Ich hatte gerade gesagt, es wäre schön, wenn Sie da wären. Jetzt sind Sie da – umso besser.
(Zuruf von der SPD)
Ich wollte sagen: Wir waren mit dem medienpolitischen Teil des Staatsvertrages insoweit nicht zufrieden, als dass uns eine Reihe von Regelungen nicht weit genug gehen.
Es gibt angesichts der Entwicklung des Internets die Regulierungsfragen betreffend Dinge, die wir stärker in Angriff nehmen müssen. Die Intermediäre, die Plattformen brauchen Regulierung. Auf der Ebene müssen wir uns sicher im Weiteren verständigen.
Aber die Kundigen unter uns wissen natürlich, dass es einen 23. Staatsvertrag geben wird, womöglich einen 24. Staatsvertrag und womöglich noch weitere. Insofern werden wir diese Regelungen sicher in Angriff nehmen.
Ansonsten bin ich sehr froh, dass es gelungen ist, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Internet zu dem Raum zu verhelfen, den er braucht.
Unter den Expertinnen und Experten reden wir ja schon seit Jahrzehnten – mindestens solange, wie es das Internet gibt – über die Frage, ob nicht das Internet – damals noch als dritte Säule bezeichnet, inzwischen ja als erste Säule zu bezeichnen – unabhängig von der Plattform Raum für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk enthalten muss.
Dieser ewige Streit zwischen Verlegerinnen und Verlegern, Kollege Nückel sprach es eben noch mal an, ist letztlich ein Stück weit für die Katz, wenn man das ehrlich betrachtet, weil die eigentliche Gefahr natürlich von denen ausgeht, die als Google oder andere Unternehmungen im Internet große Areale besetzen und in der Wahrnehmbarkeit der Menschen natürlich eine ganz andere Rolle spielen, als es zum Teil auch schon die öffentlich-rechtlichen Medien tun.
Dann komme ich zu einem Punkt, der uns noch lange beschäftigen wird: Die Frage der Auffindbarkeit wird künftig die entscheidende Rolle spielen. Deshalb ist es auch da wichtig, dass wir auf staatsvertraglicher Ebene entsprechende Regelungen im Blick halten, die sich ein wenig an das anlehnen, was wir im Mediengesetz als Must-Carry-Regelung ja auch kennen.
Es wird nicht einfach, diese Dinge aufrechtzuerhalten, wenn uns allen daran gelegen ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Breite und Vielfalt dessen, was das Internet und andere bieten, stark zu halten. Daran gibt es mindestens bei den meisten von uns ja ein gemeinsames Interesse, und zwar aus gutem, wichtigem und demokratieförderndem Grund.
Ich komme nun zum WDR-Gesetz. Hier schließe ich mich durchaus der Kritik an, die mein Kollege Alexander Vogt schon geäußert hat: Wir waren auch nicht erfreut darüber, dass dieser Änderungsvorschlag, der seitens des Rundfunkratsvorsitzenden, des Verwaltungsratsvorsitzenden und auch des Intendanten hier in einer gemeinsamen Erklärung im Rahmen unserer Anhörung vorgetragen wurde, nicht noch mit umgesetzt werden konnte. Das hätte ich als Klarstellung für gut befunden.
Wir wollen starke, selbstbewusste Gremien in allen Bereichen. Das gilt sowohl für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch für die Landesmedienanstalt.
Umso wichtiger wäre diese kleine Änderung gewesen, die aus meiner Sicht nicht viel gekostet hätte. Sie war halt nicht drin; bedauerlich auch das.
Dennoch ist das kein Grund, dem WDR-Gesetz an dieser Stelle nicht zuzustimmen: Wir werden auch diesem Gesetz zustimmen.
Was die Landesmediengesetzgebung betrifft, müssen wir uns natürlich ganz deutlich die Frage stellen – Frau Stullich, Sie hatten es angesprochen –, wie wir mit Blick auf den Lokalfunk und wie wir bei DAB+ in die Zukunft gehen wollen, wenn wir, was wir im Prinzip bisher alle hier bekundet haben, weiterhin dieses Zwei-Säulen-Modell haben wollen, nämlich starken lokalen Rundfunk in der lokalen Fläche, aber auch entsprechende Angebote regional durch den WDR.
Dieses Mischungsverhältnis kommt bisher bei den Leuten in Nordrhein-Westfalen insgesamt gut an. Insofern haben auch wir politisch bisher immer ein Interesse daran gehabt, dass das so bleibt.
Aber wir müssen uns der Digitalisierungsfrage für die Zukunft stellen. – Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Schluss.
Die Digitalisierung erfordert nun einmal, dass auch der Hörfunk nicht undigitalisiert bleibt. Wir werden DAB+ haben. Es kommt jetzt darauf an, dass wir das, was wir bisher an Gutem im Hörfunk kennen, in diese digitale Zeit hinüberretten.
Ich bin übrigens in der Anhörung von einer Geschichte sehr beeindruckt gewesen, nämlich von diesem Streit über die Fragen:
(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)
Was wird uns G5 an der Stelle bringen, und was bleibt möglicherweise am DAB+ hängen? Das sind Fragen, die wir ein weiteres Mal diskutieren werden. Jetzt muss ich zum Ende kommen; bin schon über der Zeit. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich habe es angekündigt: Wir werden als grüne Fraktion diesen rundfunkpolitischen Vorschlägen hier zustimmen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN) 

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