Oliver Keymis: „Wir müssen aber an der Stelle, so sehr wir Sympathie in der Sache haben, Nein sagen.“

Antrag der CDU zur Förderung der niederdeutschen Sprachpflege

Oliver Keymis (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal Kompliment, Herr Rehbaum: Sie können das wunderbar sprechen und vortragen. Das hat mich sehr beeindruckt. Ich kann kein Platt sprechen, ich verstehe Platt, verstehe aber auch Niederdeutsch, weil ich in meinem früheren beruflichen Leben, als ich noch etwas ganz Seriöses gemacht habe,
(Heiterkeit)
auch einmal eine sehr schöne Fernsehaufzeichnung machen durfte: ein Stück, das hieß „De kloke Anna“ – Sie wissen sofort, was das für eine Anna war. „De kloke Anna“ ist ein schönes Stück gewesen. Jetzt sind wir hier aber wieder im richtigen Leben. Da kommt es eben auf die harten Fakten an. Die sind leider ernst.
Sie haben den Antrag gestellt. Da wussten Sie noch nicht, was jetzt Fakt ist. Der Finanzminister hat eine Haushaltssperre erlassen. Selbst unter diesem Aspekt könnte man dem Antrag im Moment gar nicht zustimmen. Wir haben keine Möglichkeit, Geld für Dinge auszugeben, die wir nicht schon nicht schon gesetzlich festgeschrieben haben. Das ist im Moment der Stand.
Jetzt haben Sie uns mit der direkten Abstimmung, die Sie beantragt haben, in die Situation gebracht, dass wir das heute auch entscheiden müssen. Also geht es schnell, auch bei mir.
Ich glaube, die Arbeit ist beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL, gut aufgehoben. Vom Land aus haben wir zwar die Charta unter II, aber nicht die Charta unter III unterzeichnet, sodass wir einen Teil der Verpflichtungen nicht übernommen, sondern nur sehr grundsätzliche Aussagen dazu getroffen haben, dass wir uns für die Pflege der Sprache gemeinsam engagieren wollen. Insofern sind wir da also nicht die entscheidenden Ansprechpartner.
Gleichwohl sind der Westfälische Heimatbund und auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe immer auf einem guten Weg. Ich glaube, es wäre viel wichtiger, dass man auch in Zukunft zum Beispiel die Niederdeutsche Bühne, von der ich eben eingangs sprach, weiterhin fördert und unterstützt, damit sie die Stücke in der niederdeutschen Sprache aufführen kann. Das ist aber sicher eine Sache, die nicht nur und vor allem vom Land her, also aus der Landespolitik heraus passieren muss, sondern das ist etwas, was in der regionalen Verantwortung liegt. Aus Münster weiß ich, dass die Stadt Münster das dortige Theater all die Jahre gefördert hat, aber auch der Landschaftsverband.
Wir müssen leider aufgrund der Fakten den Antrag ablehnen, so sehr wir das, was der Antrag beabsichtigt, gut finden und die Pflege der verschiedenen regionalen Aspekte für wichtig halten.
Die Besonderheit der niederdeutschen Sprache allerdings ist natürlich in Nordrhein-Westfalen nur begrenzt aufgehoben. Es ist schon richtig darauf hingewiesen worden, dass insbesondere in Niedersachsen, auch in Mecklenburg-Vorpommern wirklich größere Zweige noch bestehen und die Menschen zum Teil das da auch noch sprechen. Bei uns in Nordrhein-Westfalen ist es echt ein Rest im Münsterland, in Westfalen, der sich damit befasst und der in der Sprache noch heimisch ist.
Gleichwohl: Förderung ja, aber leider nicht von hier aus. Deshalb müssen wir den Antrag leider ablehnen.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege Keymis, es gibt eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Sternberg. Würden Sie die zulassen?
Oliver Keymis (GRÜNE): Ja, klar.
Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich denke, dass der Erhalt eines Kulturgutes und der Erhalt einer Kultursprache auch dann, wenn sie nicht nur allgemein muttersprachlich stark verbreitet ist, ein Anliegen ist, das sicherlich von den Grünen geteilt wird, die sich ja, zumindest ausweislich ihrer Programme, Gedanken darüber machen, die Erhaltung von Gefährdetem auf die Fahne zu schreiben.
Meine Frage ist: Sehen Sie tatsächlich keine Möglichkeit, dass wir hier einen Beschluss fassen, der eine Haushaltsrelevanz hat? Meinen Sie, dass die augenblickliche, aber nicht dauerhaft bleibende Haushaltssperre – ich gehe zumindest davon aus – einen solchen Antrag unmöglich macht? Können wir nicht trotzdem Anträge stellen?
Oliver Keymis (GRÜNE): Danke für die Frage, Herr Kollege Sternberg. – Man kann natürlich immer Anträge stellen. Die Haushaltssperre ist im Moment nur das technische Instrument des Finanzministers, um wirklich die Notbremse zu ziehen. Wir werden darüber hinaus auch weiterhin Haushaltsprobleme diskutieren. Es ist nicht nur Ihre Fraktion hier im Hohen Hause, die immer darauf hinweist, dass wir als Regierungsfraktionen unsere Sparanstrengungen noch verstärken müssten.
Vor dem Hintergrund kann ich die Frage immer mit Nein beantworten. Es gibt kein Geld für besondere Dinge zusätzlich. Das wissen wir alle. Es schmerzt mich, was den Kulturbereich anbelangt, wie Sie wissen, ganz besonders. Es ist aber an der Stelle so, wie es ist.
Sie stellen das heute hier direkt zur Abstimmung. Wir müssen aber an der Stelle, so sehr wir Sympathie in der Sache haben, Nein sagen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Kultur & Medien