Oliver Keymis: „Wir haben immer dafür geworben, dass das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem, das einen Teil unserer Gesellschaft klug zusammenhält und in dem die Menschen Orientierung finden, stark bleibt“

Entwurf der Landesregierung zum ersten Medienänderungsstaatsvertrages

Oliver Keymis (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wesentliche haben die Kollegen Schick und Vogt schon gesagt, und auch Herr Nückel hat wichtige Punkte hinzugefügt. Wir sind uns einig, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland wollen. Wir sind uns einig in der Überzeugung, dass insbesondere der Qualitätsjournalismus dort immer noch ein Zuhause hat. Wir schauen auf viele andere Länder und nehmen wahr, wie sich Gesellschaften dort entwickeln. Wir sind uns einig, dass viele Debatten heute fast nur noch wie Glaubenskriege geführt werden.
Insofern halte ich es für entscheidend, dass wir uns in der Sache zu dem Thema verhalten, und in der Sache – das ist eben schon gesagt worden – ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier verfassungsrechtlich verankert. Dazu gibt es entsprechende Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die ganz klar besagen, wie die Dinge zu laufen haben, wenn wir uns an das halten wollen, was uns unter anderem das Grundgesetz vorgibt und auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich auferlegt haben. Daher kann man das so staatstragend behandeln, wie wir es hier heute tun.
Wir werden gemeinsam darüber beschließen, wenn auch wahrscheinlich nicht einstimmig, wie ich annehmen muss. Dies verhindert jedoch nicht, dass in Nordrhein-Westfalen das in Kraft tritt, was wir uns vorstellen, und das ist eine Anpassung des Beitrags um 86 Cent. Das ist natürlich Geld, das den Leuten woanders fehlt, aber pro Tag sind es – danke, dass Sie nachgerechnet haben, Herr Kollege Schick – nur etwas mehr als 60 Cent, wenn man den Beitrag von etwa 18,50 Euro zugrunde legt.
Diese 60 Cent sind nicht viel im Verhältnis zu dem, was geboten wird, bedenkt man, wie sehr allein die Kulturlandschaft davon profitiert, dass sie öffentlich-rechtliche Rundfunkangebote bedient. Orchester können Musik machen, Künstlerinnen und Künstler sind in der Lage, Aufträge zu erfüllen, ebenso wie Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Autorinnen und Autoren, Journalistinnen und Journalisten. Es handelt sich um eine große, wichtige und notwendige Unterstützung eines Systems, von dem wir alle überzeugt sind und hinsichtlich dessen uns das Bundesverfassungsgericht immer wieder deutlich gesagt hat, es brauche Bestands- und Entwicklungsgarantie. Dazu trägt die geplante Beitragsanpassung bei.
Diese Beitragserhöhung ist im Übrigen – darauf hat Herr Kollege Nückel völlig zu Recht hingewiesen – von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten geplant und vorgeschlagen worden, verbunden mit ganz strengen Kautelen in Bezug auf Einsparungen. Die 86 Cent sind also keine beliebig gewählte Größe, sondern das Ergebnis vieler Sitzungen und Berechnungsverfahren der KEF, nachdem diese genau festgelegt hat, wo überall eingespart werden muss, damit diese Beitragsanpassung gerechtfertigt und beschlossen werden kann.
Vor diesem Hintergrund wissen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, dass sie einen starken Auftrag haben, der im Grunde mit unserem Beschluss verbunden ist. Sie müssen – auch das hat Herr Kollege Nückel gesagt – erhebliche Einsparleistungen vollbringen. Der Westdeutsche Rundfunk hat dies in den letzten Jahren mit schon getan und mit entsprechende Konsequenzen für das Personal bereits über 500 Stellen abgebaut. Das ist für einen solchen Sender ein erheblicher Schritt. Damit sind entsprechende Einsparmaßnahmen in Gang gesetzt worden, und es werden noch weitere folgen. Wir alle diskutieren das laufend.
(Zuruf von Christian Loose [AfD])
Meiner Meinung nach können wir einer Beitragsanpassung deshalb so leicht zustimmen, weil sich alle bewusst sind, dass es nicht darum geht, etwas breit auszuwalzen, sondern das vorhandene Potenzial so gut und effizient und für die Gesellschaft so nutzbringend wie möglich zu schöpfen.
Deshalb nenne ich hier noch einmal das zentrale Stichwort der Bestands- und Entwicklungsgarantie. Wir werden dem zustimmen, so wie wir es in der Vergangenheit auch immer getan haben. Wir haben immer dafür geworben, dass das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem, das einen Teil unserer Gesellschaft klug zusammenhält und in dem die Menschen Orientierung finden, stark bleibt.
Gerade die letzten Monate haben uns die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sehr deutlich vor Augen geführt. Denn in der Pandemiesituation haben die Menschen schnell nach Informationen und Orientierung gesucht.
(Zuruf von Christian Loose [AfD])
Wir wissen aus den entsprechenden Einschaltquoten, dass die Menschen insbesondere das öffentlich-rechtliche Angebot sehr stark genutzt haben, um sich über das, was die Pandemie uns allen abverlangt, auf dem Laufenden zu halten.
Vor dem Hintergrund freue ich mich über eine möglichst breite Zustimmung und darüber, dass wir im Hohen Hause Einigkeit beweisen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch künftig den Rücken stärken. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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