Oliver Keymis: „Werbefreiheit ist ein Alleinstellungsmerkmal“

Antrag zur Reduzierung von Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Oliver Keymis (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Gelegenheit, noch ein paar Sätze anzufügen. Herr Kollege Vogt hat das ganz Wesentliche, was in unserem gemeinsamen Antrag steht, schon vorgetragen, aber auch, was zu ihm geführt hat. Auf den Punkt möchte ich gern einen Moment eingehen, weil das die Öffentlichkeit doch schon stark berührt hat. Man hat es auch in vielen Veröffentlichungen lesen können.
Die Tatsache, dass der viel gelobte Herr Gottschalk als Moderator noch Geld verdient hat, obwohl er gar nicht mehr moderierte, und das auch noch aus Taschen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, hat viele wirklich verstört, und zwar zu Recht, weil es im Grunde eine sehr merkwürdige Form ist, Geld zu verdienen, indem man nichts mehr dafür tut. Das kennen die Menschen im Land sonst nicht.
An der Stelle ist für Thomas Gottschalk das aufgegangen, was seine Experten gut mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verhandelt haben. In dem Fall haben sie aber – um es genau zu sagen – mit der mediagroup verhandelt, also mit einer Firma, die ausgegründet wurde, um eben das werbefinanzierte Vorabendprogramm zu organisieren. Das war der Grund, warum wir im Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks, dem ich angehöre, entsandt vom Landtag, die Vertragsverhandlungen überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen konnten, jedenfalls nicht dem Inhalt nach. Wir wussten zwar, dass es einen solchen Vertrag gab, aber wir wussten leider nicht, was in diesem Vertrag stand.
Diese Dinge – das haben wir gerade dort auch besprochen – werden künftig geändert. Der Rundfunkrat wird künftig an diesen Diskussionen teilhaben. Es wird solche Art Geheimniskrämerei nicht mehr geben. Das ist schon einmal ein ganz entscheidender Punkt auch für die binnenplurale Kontrolle, wie wir sie in Nordrhein-Westfalen Gott sei Dank organisiert haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir gönnen den Moderatoren ihr Geld, aber wir sind natürlich dann enttäuscht, wenn solche Verträge zulasten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gemacht werden. Natürlich ist das Geld, das durch Werbung eingenommen wird, auch Geld, das dem Programm zugutekommen soll.
Aus dem Grunde haben wir – das finde ich sehr gut – gemeinsam – SPD und Grüne – gesagt, wir wollen das, was in unserem Koalitionsvertrag steht, noch einmal deutlich in einen Antrag schreiben und die Regierung auffordern, weiter in diesem Sinne aktiv zu sein und tätig zu bleiben, nämlich Werbung und Sponsoring im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk – hier bei uns beim WDR – schrittweise zu reduzieren.
Es geht aber nicht darum, das nur beim WDR zu tun, sondern es geht um eine ganz grundsätzliche Richtungsänderung, die wir vornehmen sollten. Das hat ganz viel mit den aktuellen Entwicklungen zu tun, die sich auf das Internet beziehen.
Es geht um die Marke und die Erkennbarkeit. Es geht um ein Alleinstellungsmerkmal. Werbefreiheit ist ein Alleinstellungsmerkmal. Der Deutschlandfunk macht uns das vor. Der sendet werbefrei, aber eben nur Radio. Wir wollen, dass das insgesamt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk schrittweise eingeführt wird, weil – wir sehen das an der BBC in England – dieses Alleinstellungsmerkmal einfach zu einer größeren Akzeptanz führt. Die Menschen haben es satt – das hat eben schon Kollege Vogt gesagt –, dass sie einerseits Beitrag zahlen und andererseits noch Werbung sehen sollen. Sie unterscheiden sehr stark zwischen den Angeboten und wählen sich das Programm eben auch nach solchen Maßstäben aus.
Dazu gehört eben auch der Qualitätsmaßstab. Deshalb steht auch im Titel „Qualität stärken – Werbung und Sponsoring schrittweise reduzieren“.
Prof. Kirchhof hat bereits in seinem Gutachten ein wesentliches Zeichen gesetzt, worin er deutlich gemacht hat, dass, wenn wir schon ein Belastungsprinzip in Form eines Beitrags für alle Haushalte einführen – das haben wir ja getan –, „dieses Belastungsprinzip folgerichtig dann verwirklicht ist, wenn der Rundfunk auf Werbeeinnahmen und Sponsoring bei Eigenproduktionen (Tauschgerechtigkeit) verzichtet, damit seine Unabhängigkeit von Privatwirtschaft und Markt deutlich hervorhebt.“
Das ist das Ziel des Antrages. Darauf wollen wir hinaus. – Ich bedanke mich, dass Sie zu-gehört haben und werbe um breite Zustimmung. Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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