Oliver Keymis: „Uns ist es wichtig, dass wir ein gemeinsam finanziertes öffentlich-rechtliches Angebot auch online haben“

Zur Großen Anfrage der SPD-Fraktion zur Situation der Medien

Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Cormann, meinen herzlichen Glückwunsch zur ersten Rede. Das ist schon ein besonderer Moment, wenn man das erste Mal hier steht. Manche von uns können das noch nachfühlen. Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht mehr richtig daran erinnern. Aber ich weiß, dass es am Anfang schwieriger war, als es jetzt ist. Das ist ja logisch. Man wird auch hinterm Pult älter. Solange man das darf, ist es auch wunderbar.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist eine sehr interessante Antwort auf die Große Anfrage 28. Die SPD hat immer fleißig Anfragen im Medienbereich gestellt und hat das mit Akribie verfolgt. Das ist gut. Umso wichtiger ist, dass die jeweilige Landesregierung – ob es die eigene war, die man selber mittrug, oder die, die die Konkurrenz auf die Beine stellt – auch antwortet.

Das hat die Landesregierung getan. Sie hat uns 313 Seiten ausgedruckt. Über die Hälfte davon ist tabellarischer Anhang. Wir wollen es also auch nicht zu hoch hängen. Es sind natürlich viel Fleiß und Sammelarbeit, die in solchen Zusammenhängen ausgeführt werden. Aber auch der tabellarische Anhang ist durchaus interessant, wenn man sich in die Details vertiefen will.

Ich habe das nicht getan. Das gebe ich offen zu. Aber ich habe vorne ein bisschen gelesen. Das war auch gut so.

(Heiterkeit von der FDP)

Ich habe natürlich nicht alle einzelnen Anhänge geprüft oder gelesen. Das muss ich ehrlicherweise zugeben. Ich nehme aber an, dass alle anderen, die sich damit beschäftigt haben, das getan haben. Weil wir in der Politik alle ehrlich sind, sagen wir das auch offen.

(Heiterkeit von allen Fraktionen)

Ich sage übrigens auch offen, dass ich für Onlineangebote bezahle. Frau Cormann hatte danach gefragt. Ich kann Ihnen sagen, dass ich dafür bezahle. Das ist auch gut so. Denn da liegt einer der entscheidenden Punkte, die aus dieser Arbeit herauszulesen sind: Wie bekommen wir es hin – nachdem wir den Dank an die Landesregierung für die Beantwortung und den Dank an die Initiator*innen dieser Anfrage ausgesprochen haben –, mit Infoangeboten in Netz Geld zu verdienen?

Das ist ein echtes Problem. Denn erstens haben wir ein großes Angebot der Öffentlich-Rechtlichen, die aber, wie man ehrlicherweise sagen muss, nicht die entscheidende Rolle im Onlineangebot spielen. Sie sind ein Teil des Angebots. Aber sie entwickeln sich immer stärker in das Nichtlineare. Das ist ja auch richtig so.

Zweitens haben wir das Problem, dass wir über Gemeinnützigkeitsmodelle gesprochen haben. Ich erinnere mich daran, dass Herr Kollege Nückel das schon vor vielen Jahren hier vorgetragen hat. Seitdem diskutieren wir darüber. Die Kritik von Alexander Vogt ist berechtigt, dass an dieser Stelle noch nicht genug passiert ist. Eine Bundesratsinitiative ist das eine. Aber schön wäre natürlich, wenn dann auch einmal etwas passiert, damit dieses Thema zu einem Punkt kommt. Denn es ist eine reelle Möglichkeit, Qualitätsjournalismus auch im Netz online künftig stärker und noch mehr zu finden, als wir das heute können.

Interessant finde ich, sich angesichts dieser Großen Anfrage noch einmal genauer die Tatsache zu vergegenwärtigen, dass die entscheidende Komponente für die lokalen Anbieter darin liegt, dass man sich auch wirklich auf das Lokale bezieht. Da wird das World Wide Web plötzlich ganz klein. Die Leute wollen halt genau wissen: Was passiert zu Hause vor Ort um die Ecke? Was passiert mit dem Heimatmuseum? Ist der Unfall wirklich da auf der Autobahn gewesen, wo wir an der nächsten Abfahrt wohnen? – Solche Dinge wollen die Menschen wissen. Sie klicken übrigens interessanterweise gerne auf die lokalen Angebote. Sie müssen einmal schauen, wie viele Zugriffe es gibt, wenn die lokale Feuerwehr berichtet, was alles passiert ist. Die haben relativ gute Abwurfquoten, weil sich die Menschen für diese Dinge interessieren: Wo hat es gebrannt? Wo war etwas los? Wer ist in welcher Weise von einem Schicksalsschlag betroffen?

Das sind die lokalen Dinge, die wichtig sind. Da wird viel gemacht. Es ist ganz entscheidend, dass zum Beispiel auch der WDR sich genau daraus heraushält und zwar das Regionale im Blick hat, aber das Lokale wirklich denen überlässt, die lokal mit Print in analoger Form, aber auch online vielleicht noch ein Stück weit ihr Geld verdienen können.

Interessanterweise haben wir auch Sprachbarrieren im Netz. Man denkt das immer nicht. Das Netz ist zwar von allen aufrufbar. Aber natürlich rufen nicht alle alles auf. Dann wäre es ja auch völlig unsinnig. Die Leute rufen nur das auf, was sie interessiert – und in der Regel in der Sprache, die sie sprechen. Das ist auch ein interessanter Aspekt, der in der Anfrage angesprochen wurde, nämlich: Welche nicht deutschsprachigen Angebote gibt es? Wie geht man damit um? Und was wird da möglicherweise transportiert?

In deutscher Sprache können wir das meistens – jedenfalls diejenigen, die hier im Raum sind – alles gut verstehen. In anderen Sprachen ist es manchmal nicht so einfach, nachzuvollziehen, welche Informationen weitergeleitet wurden. Insofern ist das Netz ja auch unheimlich komplex.

Wichtig finde ich, dass wir sensibel bleiben. Die 91 Fragen, aber auch die Antworten haben deutlich gemacht, dass wir sensibel bleiben – in der wichtigen Unterscheidung zwischen dem, was die angeblich so sozialen Medien im Netz für eine Bedeutung haben, und dem, welche Rolle das lokale, regionale, nationale und internationale Informationsangebot wiederum hat. Dieses Kräfteverhältnis im Blick zu behalten, ist wichtig.

Ich sage ganz offen – für uns Grüne darf ich das auch noch einmal festhalten –: Uns ist es wichtig, dass wir ein gemeinsam finanziertes öffentlich-rechtliches Angebot auch online haben, auch mit der entsprechenden Verbreitung und Qualität, weil wir nach dem, was wir darüber wissen, davon ausgehen können, dass wir das, was wir im Linearen an interessanter, vielfältiger und informativer Berichterstattung erleben, auch online geboten bekommen.

Insofern ist mir klar, dass dieses gemeinsam von uns finanzierte Angebot natürlich in gewisser Weise fast konkurrenzlos gegen das steht, was sich selbst aus dem Netz heraus, aus der eigenen lokalen journalistischen Arbeit heraus, tragen muss. Also müssen die Bezahlmodelle weiter erarbeitet werden. Da gibt es noch viel zu tun. Das hat Frau Stullich richtig gesagt.

Insofern bedanke ich mich für die interessante Beantwortung bei der Landesregierung und für die interessante Fragestellung bei der SPD. Für die Möglichkeit, das hier ansprechen zu dürfen, bedanke ich mich bei Ihnen allen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und Andrea Stullich [CDU])

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