Oliver Keymis: „Gibt es Möglichkeiten, zum Beispiel im Rahmen einer solchen Stiftung Modelle zu entwickeln, die künftig lokale Berichterstattungen in Meinungsvielfalt und Freiheit ermöglichen?“

Gesetzentwurf der Landesregierung zum Landesmediengesetz

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Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Das war jetzt eine echte Bombe, Herr Kollege Sternberg, die Sie da haben platzen lassen. Alle Achtung! Es bildet immer, auch die „FAZ“ zu lesen. Das muss man sagen. Aber nicht immer ist das, was Herr Burger schreibt, das, was sozusagen wahr und richtig ist. Manchmal verstricken sich auch Journalistinnen und Journalisten in ideologische Kampfgebiete. Da ist eines aufgemacht worden. Das ist ganz klar. Es geht immer um die Frage: Gibt es Staatsferne oder gibt es sie nicht?
Die Diskussion, die wir geführt haben und führen über die Stiftung für Vielfalt und Partizipation oder Partizipation und Vielfalt, ist so eine Debatte. Es geht überhaupt nicht darum – das wissen Sie auch, Herr Kollege Sternberg –, sich einzumischen in das journalistische Produkt, in die freie Entfaltung und die Tätigkeiten von Verlegerinnen und Verlegern. Es geht schlicht und ergreifend darum, das, was wir alle beobachten, gesellschaftlich ein Stück weit in den Blick zu nehmen und zu fragen: Wie kann man darauf reagieren?
Gerade im Lokalen – davon können wir in Nordrhein-Westfalen leider ein trauriges Lied singen – gerät der Journalismus ins Arge. Insgesamt steht die journalistische Vielfalt, die Meinungsvielfalt auf dem Spiel, wenn wir weiterhin einen solchen Abbau, Zusammenschlüsse, Kooperationsmodelle und Ähnliches erleben werden.
Da ist die Frage, wie qualifiziert man sich zu diesem Thema aufstellt. Gibt es Möglichkeiten, zum Beispiel im Rahmen einer solchen Stiftung Modelle zu entwickeln, die künftig lokale Berichterstattungen in Meinungsvielfalt und Freiheit ermöglichen? Das ist der Hintergrund dieser Überlegungen.
Ich finde es richtig schade, dass Sie nichts konstruktiv beitragen, sondern nur das, was versucht wird, jetzt über diese Stiftung zu organisieren, in Grund und Boden – aus, wie ich finde, etwas ideologisch motivierter Sicht – stampfen. Das gefällt uns nicht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir werden dieses so beschließen. Wir wollen diese Stiftung. Wir wollen diesen Ansatz versuchen.
Ich muss Ihnen auch offen sagen: Sie wissen, er ist hinterlegt mit etwa 1,6 Millionen €. Jetzt zu erzählen, hier würde mit der Gießkanne ein ungeheuerlicher Betrag in die journalistische Landschaft geschüttet und alles staatskontrolliert verändert, das ist doch alles dummes Zeug, Herr Kollege.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie müssen sich einfach den Betrag mal vor Augen führen. Dann wissen Sie, dass das alles nicht reicht, um eine echte Bombe zu zünden. Das wollen wir doch auch gar nicht. Wir sind doch friedliebend.
Wir wollen uns aber gerne beschäftigen mit Auseinandersetzungen, die uns auch in der Anhörung beschäftigt haben. Sehr wohl haben wir den Hinweis auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit bei dieser Förderung registriert. Ist das, was man über einen Beitrag aus dem LfM-Etat nehmend fördert, verfassungskonform oder nicht?
Sie haben selber das Thema „Medienkompetenz“ angesprochen. Herr Sternberg, wenn man das, was Prof. Gersdorf in diesem Raum dazu am 8. Mai gesagt hat, wörtlich umsetzen würde, dann würde aus meiner Sicht fast keine unserer Landesmedienanstalten in Deutschland irgendeine Tätigkeit ausüben können außer der, dass sie auf das sieht, was die privaten Programme machen. Das ist ein sehr, sehr enger Rahmen, den der Professor hier – nicht unklug, gebe ich zu – gesetzt hat, der der Rechtswirklichkeit in Deutschland in allen Bundesländern – soweit sie Landesmedienanstalten haben – nicht entspricht. Damit, denke ich, dass diese Kritik fehlläuft.
Wir haben jetzt hier noch einen Änderungsantrag zu behandeln. Das ist so. Sie haben das angedeutet. Sie haben gesagt, Sie können nicht von gestern auf heute noch weitere – ich muss Sie übrigens korrigieren: 25 Seiten, nicht 28 – Seiten Änderungsantrag durchgehen.
Dann haben Sie aber im weiteren Verlauf Ihrer Rede gesagt, Herr Sternberg, das Meiste sei ja unstreitig nach erstem Lesen. Beides habe ich Ihnen zugetraut, erstens schnell mal darüber zu schauen, ob da viel Kompliziertes und Neues drin ist, und zweitens, ob es unstreitig ist oder nicht. Sie haben zu beidem Aussagen gemacht. Sie haben es erstens einmal durchgelesen. Sie haben auch gesagt, das Meiste sei unstreitig.
Dann bauen Sie hier aber einen Popanz auf und schließen sich der Pressemitteilung an. Die habe ich mir echt noch mal herausgesucht, auch weil sie so schön ist, so blau-gelb, Liberale im Landtag MedienINFO. Novelle wird zur Farce, hat Herr Nückel gesagt, gestern schon. Sie hatten es fast schon gelesen, bevor Sie es überhaupt hatten.
(Heiterkeit von der SPD)
Denn Sie haben ja ganz schnell reagiert. Sie haben gestern schon reagiert, am Mittwoch, im MedienINFO 222 mit einer Brutalreaktion gegen das Landesmediengesetz.
Vielleicht können Sie ja noch schneller lesen als Prof. Sternberg und sind noch mehr in der Lage, 25 Änderungsantragsseiten mal eben in Bausch und Bogen zu verdammen.
Sie merken schon, die Opposition agiert hier relativ uneinheitlich. Das darf sie auch. Sie ist ja schließlich in der Opposition nicht verbündet, sondern da macht jeder, was er will. Aber man muss es schon ein bisschen entlang an dem machen, was wir hier gemeinsam vorgeschlagen haben.
Da wollen wir mal ganz schnell auf den Punkt kommen und sagen: Die Änderungen, Herr Kollege Sternberg, Herr Kollege Nückel, die wir Ihnen vorgelegt haben, sind in ganz vielen Punkten redaktionell. Sie sind an einigen Stellen noch stark inhaltlich bezogen zum Beispiel auch auf das Verfassungsgerichtsurteil zum ZDF-Staatsvertrag und die Frage, wie man mit dem Thema „Staatsferne“ umgeht.
Sie regeln an bestimmten Stellen noch ein Stück weit nach, wo wir das Gefühl hatten, dass, wenn man es in dem zunächst etwas schwammig formulierten Bereich belässt, wir uns am Ende künftigen rechtstechnischen Debatten nicht stellen können, wenn wir zum Beispiel Medienkommissionen und die Abfolgen darin und die Zusammensetzung und die Stellvertretungsfrage und, und, und nicht vernünftig regeln. Das ist alles in Ordnung.
Ich möchte jetzt noch einen Punkt ansprechen. Dann bin ich am Ende meiner Rede. Wir haben einen heftigen Streit in der Koalition geführt über die Frage, wie wir künftig mit dem Bürgerfunk umgehen.
Das hängt damit zusammen, dass wir – gemeinsam: Rot und Grün – mal Versprechungen gemacht haben. Einen Teil der Versprechungen haben wir jetzt über das Gesetz umgesetzt. Dafür bin ich allen dankbar. Deshalb denke ich, dass wir einen vernünftigen Kompromiss erzielt haben. Er tut allen ein bisschen weh – das ist das Wesen des Kompromisses –, aber niemandem so, dass nicht alle gut damit leben können. Das ist das Entscheidende, das Kerngeschäft von Politik. Da wir das in der Koalition verstanden haben, sind wir uns in dem Punkt einig geworden.
Ich möchte mich bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken: bei der Regierung für den Entwurf und das Verfahren, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatskanzlei, bei Ihnen, Frau Ministerin, und natürlich bei meinem Koalitionspartner für die insgesamt gute und konstruktive Zusammenarbeit. Ein paar Worte wird nachher Kollege Bolte zu Themen sagen, die von uns prima in das Landesmediengesetz hineingeregelt wurden. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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