Oliver Keymis: „Für diese Menschen war dies, als sie kamen, eine Fremde. Es ist durch die vielfältigen Bemühungen gelungen, aus der Fremde eine Heimat zu machen.“

Antrag der CDU zum Bundesvertriebenengesetz

Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Werner Jostmeier, wir haben den Antrag mit Interesse gelesen und werden der Überweisung zustimmen. Als jemand, der dem Kuratorium des Gerhart-Hauptmann-Hauses seit vielen Jahren angehört, weiß ich, wie wichtig die Arbeit dieses Hauses ist, insbesondere dadurch, dass sie heute sehr stark die europäischen Zusammenhänge betont und Wert darauf legt, dass wir alle versuchen, in einem gemeinsamen Europa friedlich miteinander zu leben.
Dabei ist natürlich auch wichtig, dass die Erinnerungen und die Traditionen im Blick behalten werden. Beides gehört zusammen, denn ohne Erinnerung und ohne ein Traditionsverständnis, mit dem man zugleich modern, zukunftsgewandt und vernünftig orientiert auftritt, ist die gemeinsame europäische Zukunft letztlich nicht gestaltbar. Das passiert dort, in, wie ich finde, in teils wirklich ausgezeichneter Weise. Deshalb sind 50 Jahre Gerhart-Hauptmann-Haus für meine Begriffe schon ein Grund zu feiern.
Diese Feier fand am 22. Juni statt und war erfolgreich. Es war eine würdige Veranstaltung. Ich selber konnte leider nicht dabei sein, habe mir aber sagen lassen, dass sowohl in den Reden als auch in den Gesprächen deutlich geworden ist, dass das Gerhart-Hauptmann-Haus schon ein Haus ist, das sich, Kollege Dr. Stamp, auf moderne Zeiten einstellt. Das ist nicht ganz einfach, vergegenwärtigt man sich, wie die Generation, die all das, was im Antrag beschrieben ist, erlebt hat, nach und nach ausstirbt.
Insofern ist das Thema interessant. Wir Grünen möchten noch einmal deutlich machen: Es kommt schon darauf an, dass man vor der Frage, wie enorm diese Leistungen waren, betrachtet, welche Leistungen wir heute eigentlich gesellschaftlich erbringen, wenn es um das Thema Einwanderung geht, um die Frage, wie wir Menschen integrieren, die als Flüchtlinge, als Notleidende zu uns kommen. Ich würde mir wünschen, dass wir manchmal ein bisschen offener und toleranter miteinander diskutieren würden und entsprechende Lösungen fänden.
(Beifall von Hans Christian Markert [GRÜNE] und Dr. Joachim Paul [PIRATEN])
Ich erinnere beispielhaft an die immer wieder auftauchende Frage der Winterabschiebung von Flüchtlingen aus dem Balkan. Das sind alles Themen, bei denen man sich fragt, warum wir uns so schwer tun, während demgegenüber völlig zu Recht vom Kollegen Jostmeier betont wird, welche enorme Leistungen im 100.000er-Bereich an Integrationsarbeit in den Jahren geleistet wurde.
Um es deutlich zu sagen: Natürlich hatten diese Menschen, die von dort kamen, eine Art Migrationshintergrund. Mein Großvater fluchte auf Polnisch, sprach Ostpreußisch, fluchte aber auf Polnisch. Meine Urgroßmutter – mütterlicherseits, um das hier aufzuklären – sprach fast mehr Polnisch als Deutsch, zumindest in ihrem Dorf.
Insofern ist das ein Punkt, über den man sich klar sein muss: Für diese Menschen war dies, als sie kamen, eine Fremde. Es ist durch die vielfältigen Bemühungen gelungen, aus der Fremde eine Heimat zu machen. Wenn uns das heute und aktuell mit den Menschen auch gelingt, die zu uns kommen, und wir das bei der Diskussion über diesen Antrag mit in das Portfolio einschweißen, kommen wir, glaube ich, einen ganz erheblichen Schritt weiter. Dafür werbe ich für uns gemeinsam. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Beifall von Dr. Joachim Stamp [FDP] und Dr. Joachim Paul [PIRATEN])