Oliver Keymis: „Es ist uns Europäern bisher immer gelungen, diese Handelsabkommen so zu gestalten, dass die kulturelle Vielfalt, die Meinungsvielfalt und der Medienpluralismus gewahrt bleiben.“

Antrag von SPD und Grünen zum Freihandelsabkommen EU - USA

Oliver Keymis (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vorhin gehört, es gibt noch einen Entschließungsantrag von der CDU und der FDP. Dieser ist mir leider nicht bekannt und kommt gerade erst zu uns. Deshalb kann ich dazu wenig sagen.
Ich will mich aber inhaltlich gern voll meinem Vorredner, Herrn Kollegen Vogt, anschließen. Alles, was er zur Ausnahmesituation von Kultur und Medien gesagt hat, ist auch aus grüner Sicht richtig. Sie wissen alle, dass es langjährige Verhandlungen im Hinblick auf WTO und GATS gab und in der Welt über viele Jahre versucht worden ist, diese Ausnahmen, die wir uns in Europa aus sehr guten und wohlerwogenen Gründen leisten, zu unterminieren.
Gott sei Dank ist es uns Europäern bisher immer gelungen, diese Handelsabkommen so zu gestalten, dass die kulturelle Vielfalt, die Meinungsvielfalt und der Medienpluralismus gewahrt bleiben, nämlich als besondere Güter, die über ihren wahren Charakter, den sie auch haben können, weit hinausreichen und die für uns vor allen Dingen von inhaltlicher, von identitätsstiftender Bedeutung sind.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir uns auch bei unseren Hoheitsthemen „Kultur“ und „Medien“ frühzeitig bemerkbar machen, wenn es darum geht, die Länder – und dazu ist der Bund verpflichtet – dort einzubeziehen, wo ihre Themen berührt sind, also auch hier bei der Organisation des Freihandelsabkommens zwischen den USA und der Europäischen Union.
Wir müssen aufpassen, dass die Handelsliberalisierung, die im Wesentlichen in allen Bereichen geplant ist, nicht durch die Hintertür das, was wir über WTO und GATS erreicht haben, für diesen Bereich wieder öffnet, sodass Wälle gebrochen werden – mit der Folge, dass wir uns inhaltlich und politisch weit von dem entfernen, wofür wir in Europa in besonderer Weise stehen und worum uns übrigens viele in der Welt auch bis heute beneiden, weil wir kulturelle Vielfalt und medialen Pluralismus haben.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich befürchte – das sage ich Ihnen ganz offen –, dass wir dann, wenn wir uns nicht wehren, in die Lage geraten, dass Google, Apple und Co genau über diese gebrochenen Schranken anders, als wir das bisher kennen, in unsere Welt eindringen. Die Versuche dazu gibt es auf vielfältigen Wegen. Meines Erachtens müssen wir uns auch politisch gegen solche Art von Freihandel wehren.
Ich will hier für meine Fraktion deutlich sagen, dass das ausdrücklich auch für andere Bereiche des politischen Miteinanders gilt. Das gilt für den Bereich der Umwelt und den Bereich der Landwirtschaft. Wir befürchten durch ein solches Freihandelsabkommen zum Beispiel auch Probleme beim Genfood und ähnlichen Produktlinien, die in den USA selbstverständlich sind, während sie in Europa bisher verboten sind und auch nicht auf Akzeptanz stoßen. Wir Grünen haben die Befürchtung, dass dieses Freihandelsabkommen viel zu weit geht und auch an Stellen gilt, die in diesem Antrag nicht berücksichtigt sind. Ich sage das hier im Namen meiner Fraktion ganz ausdrücklich.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Um es auf den Punkt zu bringen: Der Vertrag von Lissabon hat das klar geregelt. Das Amsterdamer Protokoll hat das klar geregelt. Die AVMD-Richtlinie, die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, hat das klar geregelt. Wir sind uns in Europa einig darin, dass wir diese Ausnahme bewahren wollen – auch und gerade vor dem Hintergrund eines Freihandelsabkommens mit den USA.
Insofern hoffe ich, dass wir heute gemeinsam zu Entscheidungen kommen, die bei der Abstimmung über unseren Antragsvorschlag auch zu entsprechenden Mehrheiten im Hohen Hause führen, und dass wir uns darin einig bleiben, dass Kultur und Medien eben nicht nur Ware, sondern vor allem für uns in Europa wesentlich mehr sind, nämlich richtungsweisend für unser weiteres Fortleben und auch für das, was wir – bei allem, was sonst die Welt bestimmt – als Wertegemeinschaft in Europa miteinander hochhalten wollen.
Insofern freue ich mich auf eine breite Zustimmung im Hohen Hause zu unserem heute vorliegenden Antrag und danke Ihnen fürs Zuhören.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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