Oliver Keymis: „Der Kulturetat ist deshalb erfreulich, weil er in der Kontinuität steht, aufzuwachsen“

Entwurf zum Haushaltsplan 2020 - Kultur - zweite Lesung

Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können das relativ kurz machen, weil der Kulturetat der wirklich einzig erfreuliche Lichtblick im gesamten Haushalt ist – nein, um Gottes willen, was sagen dann die Kollegen?
(Heiterkeit)
Er ist auf jeden Fall ein erfreulicher Lichtblick im Haushalt, weil der Haushalt 2020 hier einen weiteren Aufwuchs – wie von Ihnen vorher geplant – ausweist. Darüber freut sich auch die grüne Fraktion. Deshalb haben wir im Kulturausschuss auch für diesen Einzelteil des Haushalts gestimmt. Das Gesamtpaket werden wir natürlich ablehnen, weil wir als Oppositionsfraktion dem 06er-Haushalt genauso wenig zustimmen können wie all den anderen Haushalten – aus den gesammelten Gründen.
Der Kulturetat ist deshalb erfreulich, weil er in der Kontinuität steht, aufzuwachsen. NRW ist damit noch lange nicht an der Spitze der Bundesländer. Ich nehme zum Vergleich das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg. Die sind bei ungefähr 450 Millionen Euro Landesetat. Daran müssen wir noch arbeiten. Die machen Kultur auch etwas anders als wir. – Nicht grimmig gucken, Frau Ministerin. Ich weiß ja, das Land ist da stärker engagiert, zum Beispiel beim Staatstheater und ähnlichem. So etwas haben wir hier nicht; insofern verändert sich das von der Perspektive her.
Gleichwohl, was Kollege Schultheis angesprochen hat, hängt damit zusammen: Ein Staatstheater, das vom Land bezahlt wird, muss dann eben nicht von der Kommune bezahlt werden. Insofern ist der Druck in Stuttgart ein anderer als hier – unabhängig davon, dass die jetzt Sanierungsfragen diskutieren.
Ich will nur sagen, dass es erfreulich ist, dass wir eine Steigerung haben. Wir sind in all den Baustellen weiter unterwegs, die Rot-Grün in einer langen Phase der Konzeptionierung von Kulturpolitik angelegt hat. Deswegen muss ich etwas Wasser in diesem Wein gießen, lieber Herr Petelkau. Es ist natürlich nicht so, dass die Partizipation, die Teilhabe, die Diskussion mit den Kulturschaffenden unter Ihrer Ägide gerade erst begonnen hätte. Dafür ist die Ägide viel zu kurz.
(Bernd Petelkau [CDU]: Habe ich nicht gesagt!)
Nach zweieinhalb Jahren zu behaupten „Wir machen das jetzt“ – ja, aber wir haben das natürlich vorher auch schon gemacht. Wir waren immer im Gespräch mit der Szene, und wir, Rot und Grün, haben mit der Szene zusammen unter anderem das Kulturfördergesetz entwickelt und all die Grundlagen gelegt, auf denen Sie, Gott sei Dank, jetzt kraftvoll aufbauen können. Das tut der Kultur im Lande auch gut.
Interessant ist, dass etwas entsteht, was immer entsteht, wenn man einen Garten gut pflegt. Dann wächst der auch besonders gut. Das ist etwas, was wir im Kulturbereich merken: Es gibt einen steigenden Bedarf; es gibt immer mehr Kreativität, es gibt neue Ideen, Szenen, die sich weiter entfalten wollen, womit auch der Bedarf an weiteren Mitteln wächst.
Es ist interessant, dass es in einem Land, in dem wir uns – auch hier im Parlament – über alles Mögliche den ganzen Tag streiten, immer noch einen Bedarf von vielen Menschen gibt, sich mit kulturellen Angeboten auseinanderzusetzen. Die Museen sind gut besucht; unsere Theater und Konzerthäuser sind durchweg sehr gut besucht. Wir haben eine enorm aktive freie Szene, die sehr viel Zuspruch erhält – natürlich in unterschiedlichen Varianten, aber immer so, dass man sagen kann: Es findet im Land ein enormes Angebot an kulturellen Veranstaltungen statt, von Ausstellungen über Museumsangebote bis hin zu freien Galerieangeboten usw.
All das wird von Menschen in unserem Land besucht. Die Leute interessieren sich für diese Kunst und Kulturdinge. Das ist ein Punkt, den man sich politisch merken muss, damit man auch künftig weiterhin kraftvoll in diese Etats hinein investiert. Denn natürlich hat die Investition in die Kultur immer auch einen gesellschaftspolitischen Aspekt. Ich muss jetzt nicht alles aufzählen, was hier auch schon genannt wurde, von der Integration über die Inklusion bis hin zu den Fragen, wie offen wir für andere Kulturen sind, und umgekehrt, wie wir unsere eigene Kultur gut kennenlernen.
Auch da gibt es immer mehr Nachholbedarf, denn bei aller Digitalisierung gehen offensichtlich die Inhalte etwas verloren. Viele Leute wissen gar nicht mehr, ob man Goethe noch mit „ö“ schreibt oder schon mit „oe“. – Da stutzt unsere Protokollation. Aber das ist nicht schlimm, Sie wissen wie ich es gemeint habe; ich sehe es Ihnen an.
Da muss man klar sagen, dass man hier gar nicht genug investieren kann, weil Investition in die Kultur letztlich auch Investition in Bildung ist. Wenn wir es in dem Zusammenhang sehen und dann gemeinsam auf dem Weg – so wie wir das in unserem Ausschuss über weite Strecken auch tun – diese Dinge sehr konsensual miteinander diskutieren und weiterentwickeln, dann, glaube ich, ist Nordrhein-Westfalen kulturpolitisch auf einem nach wie vor interessanten Weg.
Ich freue mich, dass wir das hier in dieser Debatte noch einmal so gemeinsam zum Ausdruck bringen konnten. Danke schön.
Wir werden also den Etat ablehnen, so wie wir das angekündigt haben,
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Nein!)
aber wir wissen natürlich, dass der Kulturetat eine wohlige Ausnahme ist.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
– Keine Widerrede, Herr Hovenjürgen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN – Allgemeine Heiterkeit)